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Murray, Paul

Murray, Paul

Titel: Murray, Paul Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: An Evening of Long Goodbyes
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Dornröschen, der durch das schlummernde Schloss schleicht und das geheime Leben der
Dinge beobachtet, während alle anderen im Zauberschlaf liegen. Dann stand ich
plötzlich neben dem Barschrank und dachte mir, da ich schon mal in der Gegend
sei, könnte ich mir auch einen Gimlet machen. Nach einer weiteren Sekunde des
Nachdenkens sagte ich mir, warum nicht gleich einen Doppelten. Dann nahm ich die
Flasche und steckte sie mir in die Tasche.
    Bel war
allein im Salon; sie stand am Fenster und schaute nach draußen, kein Licht
brannte. »Hätte nicht gedacht, dass du so spät noch auf den Beinen bist.« Ich
versuchte einen aufgeräumten, onkelhaften Ton anzuschlagen. »Das Taxi kommt um
vier, hat also nicht viel Sinn, noch ins Bett zu gehen.«
    »Möchtest
du ... ?« Ich hielt mein Glas hoch und klimperte mit den Eiswürfeln. Sie
schaute sich um. »Dass du immer noch trinken kannst«, sagte sie mit
emotionsloser Stimme und widmete sich wieder ihrer Nachtwache. »Jahrelange
Übung, nehme ich an.« Ich nahm auf der Chaiselongue Platz. An einem Ende stand
ein rosafarbener Schalenkoffer. Von draußen war grollender Donner zu hören, der
Himmel leuchtete silbern auf. »Gott, was für eine grässliche Nacht. Ob dein
Flugzeug überhaupt starten kann, wenn es so bleibt?«
    »Keine
Sorge, es kann starten«, sagte Bel.
    »Aha.« Ich
rutschte etwas nach vorn, wobei ich versuchte, mein Glas auf dem Knie zu
balancieren. »Ich bin wirklich froh, dass ich dich noch erwische. Hatten ja
vorhin keine Gelegenheit, uns zu verabschieden, bei dem ganzen Durcheinander
und den Sanitätern überall. Mann o Mann, wenn schon ein Bluter nicht weiß, wie
er eine blutig geschlagene Nase in den Griff kriegen soll.« Anscheinend hatte
sie keine Meinung dazu. Ich rieb mir kläglich die Hände. »Ich wollte dich
fragen, wie du dich so fühlst, ich meine wegen dieser Sache zwischen Harry und
Mirela. Muss doch ein ziemlicher Schock gewesen sein.«
    Die
schmalen Schultern zuckten gleichgültig. »Sie heiratet ihn wegen der
Staatsbürgerschaft. Wenn er das jetzt noch nicht weiß, dann wird er es bald
erfahren.«
    »Tja, dann
ist ja gut.« Ich räusperte mich. »Ach, übrigens, das Abendessen ist doch ganz
gut gelaufen, oder? Von der kleinen Auseinandersetzung mal abgesehen. Das mit
der Statue zum Beispiel. Schöne Idee, fand ich.«
    Zumindest
das rief eine Reaktion hervor. »Eine Statue«, murmelte sie.
    Ich nahm
einen kräftigen Schluck von meinem Gimlet. »Also, hör zu«, sagte ich. »Ich will
gar nicht groß drum rum reden. Ob du es jetzt hören willst oder nicht, aber was
zwischen mir und Mirela passiert ist, das war ein Fehler. Ich hatte .. .ich
meine, ich war ...« Ich brach ab und versuchte vergeblich, das Wortwirrwarr zu
entwirren, das mein Hirn verstopfte wie ein Klumpen Silly Strings.
    »Was
zwischen dir und Mirela vorgefallen ist, ist ganz allein deine Sache«, sagte
sie.
    »Oh«,
sagte ich zerknirscht. »Na gut. Ich hab mir nur ein bisschen Sorgen gemacht,
dass du, na ja, wegen mir nach
Russland gehst, ha ha.«
    Sie
schüttelte den Kopf, ließ den Vorhang am Fenster los und ging zum Tisch, wo sie
eine Azalee aus dem riesigen Blumenstrauß zupfte. »Russland ist mein letzter
Versuch, so ist das«, sagte sie. »Eine Spritztour durch meine Kindheitsträume,
bevor ich mich niederlasse und irgendwen mit Geld heirate.« Sie umfasste den
Stengel mit beiden Händen und winkte mir mit der Blume zu. »Es ist spät,
Charles. Geh schlafen.«
    »Du hast
Recht.« Ich erhob mich mühsam von der Chaiselongue. »Also dann, bon voyage«,
sagte ich, ging spontan auf sie zu und umarmte sie. Es war eine linkische,
steife Umarmung, und ich spürte, wie sie sich sträubte. »Du hast Recht«, sagte
ich noch einmal und verließ zögernd das Zimmer.
    »Charles?«
Ich hatte gerade die Tür erreicht. »Diese Marke, hast du sie dabei?«
    »Was? Ach
ja ... richtig.« Ich kramte in meiner Tasche. »Dein Handy hab ich auch noch.«
    Sie sagte,
das brauche sie nicht. »Aber die Marke, die würde ich gern haben. Zur
Erinnerung. Ich weiß, hört sich albern an.«
    »Nein,
nein, überhaupt nicht.« Ich zog die Hundemarke aus der Tasche und warf sie in
die Luft wie eine Münze. Als ich sie wieder auffing, lachte ich. »Wenn ich dran
denke, was du dir damals für Sorgen um den Hund gemacht, Tag und Nacht. Immer
hast du dir wegen irgendwas Sorgen gemacht. Als ob das die Welt zusammenhalten
würde, als ob du geglaubt hättest, dass die Welt auseinander fliegen würde,
wenn du dir nur

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