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Murray, Paul

Murray, Paul

Titel: Murray, Paul Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: An Evening of Long Goodbyes
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nahm
ihren Arm. »Aber bis heute Abend bist du wieder da, oder?«
    »Wahrscheinlich
ja. Was ist? Warum schaust du mich so an?«
    »Ach
nichts. Nur so. Hab bloß gedacht, war doch ganz schön, wenn du auch dabei
bist.«
    Sie zog
misstrauisch die Augenbrauen zusammen. »Okay, ich versuch's. Aber jetzt muss
ich wirklich.« Das Knirschen von Kies war zu hören; der Lieferwagen in der
Einfahrt. »Scheiße!« Sie lief aus dem Zimmer und schoss die Treppe hinauf. Ich
hörte, wie sie wieder herunterpolterte, ihren Mantel aus dem Garderobenschrank
riss, Frank an der Tür begrüßte und beide glücklich plappernd verschwanden.
Einen Augenblick lang stand ich da und wippte auf meinen Füßen hin und her, als
hätte ich einen Schlag auf den Kopf bekommen. Heute Abend, sagte ich mir und
atmete durch. Heute Abend ist noch Zeit genug zum Reden. Da mir noch fast zwei
Stunden blieben, nahm ich meine einsamen Wanderungen durchs Haus wieder auf,
von einem leeren Zimmer ins andere, mit Schmetterlingen im Bauch, und worauf
mein Blick auch fiel, alles schien von nebelhaftem Licht umglänzt, alles schien
mir zuzurufen: Adieu! Adieu...
    Das
Telefon klingelte. Ich lief nach unten.
    »Äh,
hallo, spreche ich mit ... C?«
    »Verdammt,
MacGillycuddy, was wollen Sie jetzt schon wieder?«
    »Ich
wollte nur noch mal nachfragen, ob für heute Abend alles klar ist.«
    »Wir sind
das jetzt hundertmal durchgegangen, natürlich ist alles klar.«
    »Gut,
gut«, sagte er. »Sie sind sich also absolut sicher, dass Sie es so machen
wollen.«
    »Absolut
sicher. Können Sie nicht einfach akzeptieren, MacGillycuddy, dass ich es genau
so machen will? Hören Sie endlich damit auf, mich umstimmen zu wollen. In so
was stolpert man nicht einfach so rein.«
    »Gut,
gut«, sagte er wieder.
    »Ich habe
eingehend darüber nachgedacht, und das scheint mir die bei weitem beste Art,
symbolisch gesprochen, alles zu bündeln.«
    »Großartig. Und die Entscheidung
ist endgültig?«
    »Ja.«
    Es folgte
eine nachdenkliche Pause. »Und Sie sind sicher, dass Sie nicht, na ja, zum
Beispiel ertrinken wollen.«
    »Ertrinken? Wie ertrinken? Soll ich mich einfach ins Meer fallen lassen, oder
was? Wie sieht denn das aus?«
    »Na ja,
das könnte ungefähr so laufen: Es ist spät, Sie hatten ein paar Drinks -
nichts, was Verdacht erregen würde, wenn Sie die Bemerkung erlauben. Sie sagen,
dass Sie mal eben an die frische Luft wollen, runter zu den Klippen, um wieder
einen klaren Kopf zu bekommen. Klippen sind für den Todesvortäuscher ein
Gottesgeschenk, das sollten Sie bedenken. Egal, jedenfalls kommen Sie nicht
zurück, und am nächsten Morgen entdeckt man an einem vorstehenden Ast Ihre
Taschenuhr...«
    »M...«,
sagte ich gereizt und wechselte das Telefon von einer Hand in die andere. »Das
ist mein Tod, okay? Wissen Sie, was alle sagen würden? >Ach Gott, der arme
Charles, jetzt hat er schon wieder Scheiße gebaut, so ein Pech aber auch..
.< Der Stil ist wichtig, der richtige Stil, kapieren Sie das nicht?« Der
Mann hatte einfach keine Ahnung von Stil. »Mein Tod muss ergreifend sein. Er muss die Leute innehalten lassen, muss sie zur Reflexion
zwingen, zum Überdenken ihrer Werte, muss sie erkennen lassen, dass ich im
Recht war und sie alle im Unrecht. Natürlich nur...«
    »Symbolisch
gesprochen, ja, ja«, unterbrach mich MacGillycuddy. »Sicher, daran müssen Sie
natürlich denken. Aber Sie müssen auch daran denken, dass es realistisch
wirkt. Die Polizei, Sie verstehen...«
    »Realistisch?!«, wiederholte ich ungläubig. »Wann hören die Menschen endlich mit diesem
abscheulichen Realimusgefasel auf? Darf ein Mann nicht mal sterben, ohne sich
darum kümmern zu müssen, ob das nun realistisch aussieht oder nicht?«
    »Türme
explodieren nicht einfach so.«
    »Natürlich
tun sie das, dauernd explodiert irgendwas.«
    »Ja
sicher, aber normalerweise gibt es einen Grund dafür, sie explodieren nicht
einfach, weil...«
    »Es gibt einen
Grund.« Hielt er mich für einen Idioten, für ein vertrotteltes Weichei, das
keinen Schimmer hatte, wie es auf der Welt zuging und warum Dinge explodierten?
    Die Idee
war mir erst vor ein paar Tagen gekommen, als mir die Bauarbeiter den Grund für
ihren letzten Streik erklärt hatten. Es hatte irgendwas damit zu tun, dass die
Regierung unser Land in die NATO reinschmuggeln wollte, während das Abgeordnetenhaus
in den Sommerferien ist. »Eine gottverdammte Schande ist das, Mr H., besonders
nach dem, was jetzt grade passiert ist. Schöne Partnerschaft

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