Murray, Paul
bist«, sagte sie und hob selbstbewusst den Kopf.
»Ich hab's einfach gewusst.«
»Danke«,
sagte ich errötend. »Na ja, nicht direkt groß, sagen wir,
ein gutes Stück über mittelgroß...«
»Schätze,
ich hab's mir gedacht, weil Bel so groß ist«, sagte sie nachdenklich. »Für ein
Mädchen, meine ich.«
»Ja, ja«,
sagte ich, ohne zuzuhören - denn schon jetzt war klar, dass Worte zwischen uns
entbehrlich sein würden, dass sich ihre wahre Bestimmung in den schwungvollen
Bewegungen ihrer Hände, im Leuchten ihrer Haut erweisen würde.
»Also, wo
sind die Vasen?«, fragte sie.
»Hier
entlang«, sagte ich, nahm sie bei der Hand und führte sie ungeduldig ins
umgestaltete Speisezimmer. »Ich habe noch ein paar andere Kleinigkeiten...«
»Wow!« Sie
errötete, während sie die schimmernde Kollektion auf sich wirken ließ. »Willst
du nur die Vasen versichern lassen, oder... ?« Hoffnungsfrohe Gier klang aus
ihrer Stimme.
»Nun ja,
alles, denke ich«, sagte ich leichthin.
»Wow!«,
sagte sie wieder.
»Ich habe
mir schon gedacht, dass dir das gefallen würde«, plapperte ich drauflos. »Die
meiste Zeit steckt das alles in Kartons. Ich wollte schon lange, dass da mal einer
Ordnung reinbringt ...«
»Eine Bestandsaufnahme«, sagte sie
leise. »Bestandsaufnahme, richtig«, wiederholte ich seufzend. »Eine Schätzung.«
Ihre lieblichen Augen schweiften umher, verweilten da und dort. »Ja, genau.«
»Ich frage
mich, wie hoch die Deckungssumme sein müsste ... Das muss ja ein Vermögen wert
sein.«
»Das
überlasse ich ganz dir. Na ja, ist eigentlich bloß Tand, Krimskrams halt ...
Schließlich gibt es im Leben Wichtigeres als Geld.«
»So darf
man das nicht sehen, Charles«, sagte sie streng, drehte sich um und schaute
mich an. »Sicher, niemand denkt gern an Feuer oder Diebstahl, und trotzdem
passiert es doch jeden Tag, oder? Du bist verantwortlich für deine Wertsachen.
Wenn du dich nicht darum kümmerst, wer dann?«
»Stimmt
schon«, sagte ich und schaute sie zärtlich an. »Da hast du absolut Recht.« Bei bestimmten
Bewegungen, aus bestimmten Blickwinkeln war ihre physische Attraktivität
einfach atemberaubend. Wenn ich sie anschaute, konnte ich fast vergessen, was
mir bevorstand. Die anfängliche Desorientierung hatte sich gegeben; ich war
froh, dass ich sie hier bei mir hatte, eine Komplizin für diese letzte,
sinnestäuschende Nacht, ein Mensch, der mir helfen würde, diese schweren
Augenblicke, diesen so leidvollen Verlust an Reichtum in ein privates Karussell
aus Licht, Frohsinn und Vergnügen zu verwandeln. »Aber das hat noch Zeit. Warum
setzen wir uns nicht erst mal, essen zu Abend und lernen uns kennen.« Ich
ging zur Tür und dämpfte das Licht. »Ein Vertrauensverhältnis aufzubauen,
einen rapport, ist wichtig bei solchen Dingen ...
Bitte, nimm doch Platz. Kann ich dir etwas zu trinken anbieten?«
»Ich weiß
nicht, ob...« Ihre Augen blitzten tückisch. »Also gut, hast du einen Le Piat
d'Or da?«
»Ich
glaube, der ist uns gerade ausgegangen. Aber vielleicht möchtest du auch einen
Gimlet? Wodka mit Limonensaft, sehr köstlich.« Ich klingelte, Zeit für die
Entrees.
Mrs P
hatte sich selbst übertroffen. Das Essen war grandios, berauschend, eine
Rhapsodie. Jeder Gang eine Verführung, jedes Aroma wie ein auf den Gaumen
herabschwebender Schleier Salomes. Abgesehen von einer Auster, die ihr im Hals
stecken blieb, schien Laura jedoch ungerührt. Sie aß mechanisch, ohne darauf zu
achten, was vor ihr auf dem Teller lag. Während Vorspeise und Hauptgang
offenbarte sie nichts von der Anmut der fotografischen Laura, in die ich mich
verliebt hatte. Auch konversationstechnisch erwies sie sich als schwer
fassbare Beute. Weit davon entfernt, dass unsere Herzen eins wurden, erlebte
ich das Gespräch eher wie die Besteigung eines Berges - eines Berges aus Glas.
Wie weit
ich das Licht auch herunterdrehte, dauernd sprang ihr irgendein Schnickschnack
ins Auge, und schon stand sie auf, um ihn sich genauer anzuschauen. »Wow«, sagte
sie zum Beispiel und rollte ein albernes Faberge-Ei von einer Hand in die
andere. »Das ist bestimmt wahnsinnig alt.«
»Sicher,
sicher«, sagte ich. »Da sind also Pongo McGurks, und ich - ich hatte einen
Polizeihelm in der Hand und...«
»Irre alt.«
»...und
das andere Cricketteam wie der Teufel hinter uns her...«
»Und das da, mein
Gott, das muss ja wahnsinnig irre alt sein.«
Es ist
schwierig, eine Unterhaltung in eine bestimmte Richtung zu lenken, wenn
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