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Murray, Paul

Murray, Paul

Titel: Murray, Paul Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: An Evening of Long Goodbyes
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einer endlosen Erklärung an.
Ich ließ mich auf den Stuhl plumpsen und nahm ihr Weinglas. Anscheinend war
Frank einer jener libidinösen Griechenlandurlauber gewesen. Und tatsächlich: Er
war sogar einer von Lauras geliebten T-Shirt-Grabschern.
    »Die Nacht
werde ich nie vergessen«, sagte sie mehrmals und lachte dabei laut.
    »Ich auch
nicht«, sagte er und stierte lüstern auf ihren ansehnlichen Busen.
    »Weißt du
noch, dieser Wüstling ... wie hieß der noch mal ... war so ähnlich wie dieses
Thai-Zeug...«
    »Onion
Bhaj!«, brüllte Frank juchzend. »Onion Bhaji, so ein Arsch!«
    »Weißt du
noch, wie meine Freundin Liz den Kerl vögeln wollte, und er vögelt gerade in
ihrem Zimmer ihre Mitbewohnerin, und sie platzt rein und sagt: >Verplemper
bloß nicht dein ganzes Sperma auf die da.. .<«
    »Und weißt
du noch, als wir die Wanderung gemacht haben und er den ganzen Sangria
ausgesoffen hat, und wir haben ihn dann die Klippen runtergeschmissen...«
    Sie warfen
die Köpfe zurück und lachten schallend.
    »Hat sie Sperma gesagt...
?«, flüsterte ich Bel zu.
    Bel beobachtete
die beiden mit einem matten Lächeln.
    »Äh ... Bel...«
    »Charles«,
sagte sie, ohne mich anzuschauen. »Wir brauchen Wein. Gut möglich, dass wir
noch eine Weile hier sind.«
    Es war
eine Wohltat, in den Keller zu gehen, die verzogenene Tür zu schließen und die
verderbten Reminiszenzen und die Nichtigkeiten ihrer späteren Leben
auszusperren und die moosige, zähflüssige Luft zu atmen. Die rohen Holzleisten,
die fleckigen Betonmauern, das leichte Knarzen der Bodendielen unter meinen
Füßen - es war etwas an diesem Keller, das mich immer wieder aufs Neue belebte.
Ich stieg die schiefen Stufen hinunter und war froh, dass Bel nach Hause
gekommen war, und ich dachte, dass das Abendessen eigentlich gar nicht so
schlecht gelaufen war. Vielleicht habe ich sogar ein- oder zweimal gekichert
über Lauras peinigende Art, Konversation zu machen. Und dann sah ich die
Stellagen. Sie waren so gut wie leer.
    Ungläubig
schaute ich von einem Gestell zum nächsten. Wie winzige weiße Grabsteine
blickten mich die überflüssigen Etiketten an den Stellagen traurig an.
Idiotischerweise dachte ich zuerst, dass die Flaschen vielleicht woanders
lägen. Ich schaute hinter die großen Eichenfässer, unter das Gestrüpp der
elektrischen Leitungen, zwischen die Leergutkisten unter der Treppe. Dann
stand ich einfach mit offenem Mund da. Übrig war lediglich ein Regal mit
dubiosen Likören, Präsente an die Familie, die sich im Laufe der Jahre
angesammelt hatten und auf die bis heute noch niemand hatte zurückgreifen
müssen. Alles andere war weg. Meine Hände zitterten. Erst Laura, jetzt der
Keller, der unantastbare Keller - es war, als verspottete mich die Welt, als
drückte sie mich mit all ihrer idiotischen Macht zu Boden: Vergeblich
ist dein Müh'n, sagte sie. Wir haben schon gesiegt.
    Ein paar
Minuten lang war ich ratlos. Dann atmete ich tief durch. Der Abend war noch
nicht vorbei. Noch hatte ich die Chance, Franks Schreckensherrschaft ein Ende
zu machen. Ich biss die Zähne zusammen, raffte einen Arm voll dieser unaussprechlichen
Liköre zusammen und stürmte wieder nach oben.
    Frank
rekapitulierte gerade die triumphale, erst vor wenigen Stunden geübte Rache an
dem Wichser aus dem Pub. Laura hing an seinen Lippen und saugte jede schauerliche
Einzelheit in sich auf. Bel hatte ihren Stuhl herangerückt und einen
besitzergreifenden Arm um Frank gelegt.
    »... und
als dann die Luft raus war, haben wir die Fenster eingeschlagen, holen das
Radio raus und zünden die Kiste an. Und dann sind wir zu dem Haus, wo er mit
seiner Oma wohnt. Davor aufm Rasen stehen massenweise diese Gartenzwerge rum,
und wir fangen an und knallen denen die Zwerge gegen die Haustür und brüllen
>He, du Wichser, komm raus< und so was, bis er endlich rauskommt. Er hat
so 'ne Brechstange in der Hand, und sein Bruder, dieser Arsch, Rory, der hatte
eine von diesen Fahrradpumpen aus Eisen, und wir hatten Holzlatten dabei...«
    »Entschuldige,
darf ich mal kurz unterbrechen, äh, möchte jemand einen Schluck von diesem
Rigbert's? Der ist aus echten Loganbeeren und...«
    »Hattest
du keine Angst?«, sagte Laura atemlos.
    »Ach was,
wir sind da rein, zack, bumm ... war nach 'n paar Minuten erledigt.« Er lehnte
sich zurück, nippte an seinem Rigbert's und sagte naserümpfend, mit napoleonischer
Zufriedenheit: »Schätze, um den Wichser brauchen wir uns nicht mehr zu
kümmern.«
    »Du

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