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Murray, Paul

Murray, Paul

Titel: Murray, Paul Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: An Evening of Long Goodbyes
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Kennenlernen, muss ich unbedingt unserem Abteilungsleiter erzählen.«
Sie ging zur Anrichte, stellte sich auf die Zehenspitzen und inspizierte, was
auf dem obersten Bord stand. »Klar, dass das alles noch von einem Fachmann
taxiert werden muss. Ich mache jetzt eine Bestandsaufnahme und eine grobe
Schätzung, okay?«
    »Fein«,
sagte ich, schenkte mir wieder nach und beobachtete, wie sie Dinge hochhob und
wieder abstellte, wie sie im Geist jedes mit einem Preisschild versah und sich
auf ihrem elektronischen Notizblock eifrig Notizen machte. Sogar ihr Gesicht
sah irgendwie unecht aus. Aus der Nähe ähnelte sie dem
Mädchen aus Bels Jahrbüchern nur flüchtig. Und wenn ich das Licht noch so weit
herunterdrehte, die Ähnlichkeit würde nicht größer werden. Wie war das möglich?
Existierte die Laura, in die ich mich verliebt hatte, nur in den Jahrbüchern?
Ein Bild, eingesperrt auf sieben körnigen Fotos, so wie ich eingesperrt war in
der materiellen Welt?
    Ich
schaute zur Uhr. O Gott, war es wirklich erst halb zehn? Ich krallte meine
Fingernägel in die Handflächen, während Laura sich unaufhaltsam durch ihre
Vivisektion plapperte. Mein letzter Abend in Amaurot verschleudert, meine große
Liebesgeschichte in Scherben, für nichts als ein paar überversicherte Vasen.
Dann ein Fünkchen Hoffnung: das Geräusch des Schlüssels in der Haustür.
»Entschuldige mich einen Moment.« Ich sprang auf, eilte in die Halle und
erwischte die Heimkehrer, als sie sich gerade die Treppe hinaufschleichen wollten.
»Bel! Gott sei Dank! Ah, Frank, bist du das? Mein lieber Freund, was für eine
angenehme Überraschung!«
    »Alles
paletti?«
    »Wir sind
ziemlich müde, Charles, ich glaube, wir gehen gleich ins...«
    »Ja, ja,
könnt ihr ja. Nur auf eine Minute ins Speisezimmer, okay? Laura wäre
untröstlich, wenn du ihr nicht eben Guten Tag sagen würdest. Bel, bitte!«
    »Ach komm,
Charles ... Also gut, aber nur eine Minute.«
    »Ich geh
vorher noch eben zum Schiffen«, sagte Frank.
    »Ja, mein
Großer, tu das.« Er stapfte davon, und Bel - seufzend wie ein Chirurg, der
schon auf dem Sprung nach Hause war und jetzt noch mal in den OP musste - zog
sich die Handschuhe aus und ging mir voran ins Speisezimmer.
    »Laura.« Sie legte
die Handtasche auf einen Stuhl. »Wie schön, dich zu
sehen.«
    »Mein Gott,
Bel!« Laura unterbrach die Bestandsaufnahme mit einem Juchzer der Freude. »Wie geht's dir?«
    »Mir
geht's gut. Und du wirst ja ganz gut von Charles unterhalten, wie ich sehe.«
    »O ja, wir
hatten irre viel Spaß. Komisch, erst neulich hab ich zu Bunty gesagt, dass dich
schon weiß Gott wie lange keiner mehr gesehen hat...«
    »Ihr
Smorfett-Mädchen führt ja ein hektisches gesellschaftliches Leben«, konterte Bel
lächelnd und schenkte sich ein Glas Wein ein. »Da bleibt man schnell auf der
Strecke.«
    »Du siehst
immer noch fantastisch aus, wie ein richtiger Künstler.
Hast du das secondhand gekauft?«
    »Danke,
gleichfalls. Wo hast du nur den wunderschönen Hosenanzug her? Darin siehst du
richtig gereift aus?«
    »Ach, den
hab ich mal wo mitgenommen. So viel Zeit zum Shoppen hab ich derzeit nicht, ich
hab so viel Arbeit...«
    »Laura ist
befördert worden«, setzte ich Bel ins Bild.
    »Und was
ist mit dir, Bel, immer noch bei der Schauspielerei, oder... ?«
    »Ich bin
dabei, Fuß zu fassen«, sagte Bel. »Das braucht seine Zeit.«
    »Mmm.« Laura
nickte und widmete sich wieder der grünen jade. »Ich wusste gar nicht, dass
deine Familie so viel...« Sie hielt inne und errötete, »'tschuldige, aber es
ist doch sicher kein übles Gefühl, wenn man weiß, dass da noch was ist, auf das
man zurückgreifen ...«
    Gut
möglich, dass die beiden in Kürze Blut vergossen hätten, wäre in diesem
Augenblick nicht Frank hereinspaziert - mit einer Tüte Chicken Balls, seiner
Leibspeise. Bevor wir uns kennen gelernt hatten, war mir nicht bewusst
gewesen, dass Hühnchen in Kugeln verkauft wurden. »Alles paletti?« Die Frage
war an den Raum ganz allgemein gerichtet. Und dann: »Heilige Scheiße!«
    »Das
gibt's doch nicht!« Laura legte eine Hand auf ihre Brust.
    »Wie
geht's dir, du alte Schabracke«, dröhnte er und breitete seine Arme weit aus.
    Sie hüpfte
ihm mit einem Freudenschrei an die Brust. »Das gibt's doch nicht!«, sagte sie
wieder, jetzt etwas gedämpfter wegen Franks Umarmung.
    »Was
gibt's nicht?«, fragte Bel, als Laura schließlich wieder aus seinen Armen
auftauchte.
    Knallrot
angelaufen vor glückseliger Erregung, hob sie zu

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