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Murray, Paul

Murray, Paul

Titel: Murray, Paul Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: An Evening of Long Goodbyes
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- ausgenommen Frank, der vor sich hinbrummte, dass es gar
nicht so schwer sei, jemanden herumzuwerfen, man müsse nur wissen, wie man ihn
anpacke.
    »Glaubst
du wirklich, dass das Übernatürliche waren?«
    »Das ist
doch gar keine Frage. Welches menschliche Wesen ist schon so groß?«
    »Red doch
keinen Unsinn«, blaffte Bel. »Hör nicht auf ihn, Laura.«
    »Hast du
schon mal versucht, einen Steinway hochzuheben?«
    »He!« Laura
presste die Nase gegen die Scheibe. »Ist das nicht eure Haushälterin?«
    Die an
ihrem weißen Nachthemd eindeutig zu identifizierende Mrs P eilte über den Rasen
in die gleiche Richtung, in die sich unsere hilfreichen Geister zurückgezogen
hatten. Dafür, dass sie schlafwandelte, was ich im ersten Moment annahm, sah
sie ziemlich wach aus. Es hatte sogar den Anschein, als schimpfte sie die
beiden aus. Sie drohte mit dem Finger und schien sie ziemlich scharf anzugehen.
Allerdings konnte ich nicht verstehen, was sie sagte.
    »Das ist
doch grotesk«, sagte Bel, drehte sich auf dem Absatz um und marschierte zur Tür
hinaus. »Ich werde der Sache jetzt auf den Grund gehen.«
    »Ich
verstehe jetzt, was du meinst«, sagte Laura zu mir.
    »Was?«,
sagte ich.
    »Na ja,
was du gesagt hast, dass es interessant ist, in so einem Haus zu leben.«
    »Keine
Sekunde langweilig«, sagte Frank und klopfte mir kernig auf die Schulter,
»wenn Charlie und ich richtig die Sau raus lassen, was, Charlie?«
    »Ah, ja,
sicher, sicher...« Ein schlurfendes Geräusch über meinem Kopf lenkte mich ab.
Mir fiel ein, dass MacGillycuddy sich immer noch irgendwo im Haus herumtrieb.
Und dann fiel mir ein, dass ich die Bombe vergessen hatte und dass sie in Kürze
hochgehen würde. Ich wusste nicht recht, wie ich bei all dem Trubel meinen
Abgang bewerkstelligen sollte. Der Überfluss an Ereignissen hatte mich etwas
angegriffen; außerdem war mir ein klein wenig übel, als hätte ich zu viel
Kuchen gegessen. Aber es sollte noch mehr kommen. Ich hörte Schritte auf den
Stufen, und im nächsten Augenblick betrat mit triumphal leuchtendem Gesicht Bel
mit den beiden Schattengestalten im Schlepptau den Salon.
    »Darf ich
vorstellen«, verkündete sie. »Vuk und ... Was haben Sie noch gleich gesagt, wie
heißt er?«
    »Zoran.«
Mrs P bildete die kopfschüttelnde Nachhut.
    »Hallo«,
sagte einer der beiden versuchsweise, während Bel ihn zu einem Sessel führte.
Sein Gefährte hockte sich auf die Armlehne. »Wir nicht sprechen Englisch«,
erklärte er nach kurzer Bedenkzeit.
    »Da seht
ihr's, nichts Übernatürliches, nicht der Hauch.«
    Es
stimmte, aus der Nähe sah der Familienzuwachs menschlich aus. Obendrein war er
auch noch ganz sympathisch, wenn auch beunruhigend groß. Beide waren
durchtrainiert, dunkelhäutig und hatten buschige, gewölbte Augenbrauen. Einer
(Vuk?) sah bemerkenswert gut aus; er hatte lange wuschelige Haare und sehr
weiße Zähne; der andere (demnach Zoran) hatte einen runden Schädel und machte
einen sanften, duldsamen Eindruck. Wie sie so dasaßen und unvoreingenommen ihre
Umgebung betrachteten, schienen sie sich recht wohl zu fühlen. Mrs P hingegen
starrte niedergeschlagen ihre Füße an - wie ein Schulmädchen, dass man bei der
Mathearbeit beim Spicken erwischt hatte.
    »Nun, das
ist ja alles sehr schön«, sagte ich. »Nur irgendwie ist mir immer noch nicht
ganz klar, wer genau die beiden eigentlich...«
    »Das sind
meine Söhne«, sagte Mrs P und zupfte verzagt an den Ärmeln ihres Nachhemds
herum. »Ihre Söhne?«
    » Wow!«
    »Ja. Sie
verstecken sich im Turm, seit drei Monaten.«
    »Im Turm?«
    »Charles,
hör auf, alles zu wiederholen.«
    »'tschuldigung.«
Ich sackte auf dem Fenstersims zusammen. Ich hörte undeutlich, dass Laura
fragte, ob jemand Tee wolle. Dann verschwamm für einige Augenblicke der Raum
vor meinen Augen. Mrs Ps Söhne! Versteckt im Turm! Plötzlich ergaben eine Menge
Dinge einen Sinn - die Gespenstervisionen, die geheimnisvollen Frühstücke, die
Unterhosen und die gigantischen Lebensmittelrechnungen, die ziellosen
Wanderungen, die Briefe unter der Küchenspüle, die verschwundenen Haushaltsgegenstände,
Edelsteine und Kunstwerke im Wert von mehreren tausend Pfund. Dann nahm ich
den Disput wieder auf und fragte in ernstem Ton: »Mrs P, was haben Sie damit
bezweckt, Ihre Söhne im Turm zu verstecken?«
    Mrs P
stapfte schwerfällig zum Kamin, den sie am Nachmittag angeschürt hatte, und
stocherte ein paar glühende Kohlen aus der Asche.
    »Nun?«,
sagte ich.
    »Hör auf,
sie zu

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