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Murray, Paul

Murray, Paul

Titel: Murray, Paul Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: An Evening of Long Goodbyes
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»Wenn du glaubst, dass
ich in den verstunkenen Keller gehe, bloß weil da draußen ein ekliger kleiner
Kerl...«
    »Da ist
nicht ein ekliger Kerl, da sind zwanzig von
den Typen.«
    »Ja, ja,
ist schon gut, und was ist mit Mrs P?« Mrs Ps linker Arm hing herunter, die
Faust ballte und schloss sich pausenlos. »Glaubst du wirklich, dass sie in der
Verfassung ist, in einem kalten schmutzigen Keller... ?«
    »Aber für
eine Tracht Prügel ist sie fit genug, oder was? Also Bel...« Ich brach ab und
spitzte die Ohren. Das Klingeln hatte aufgehört und war von einem Übles
verheißenden Hämmern gegen die Haustür abgelöst worden, das sich wie eine
Dschungeltrommel anhörte. Die Küchenschränke und Lampen summten wohlwollend
mit.
    »Vielleicht
sind sie gar nicht auf Krawall aus«, sagte Laura. »Vielleicht wollen sie ja nur
mal telefonieren oder sich was ausborgen oder so.«
    Die in
einer Flasche steckende Kerze tropfte heftig, und die Flamme warf unsere
Schatten mal dahin, mal dorthin.
    »Scheiße,
Frank, das sind deine Feinde, geh du raus und red mit
ihnen.«
    »Schätze,
du hast Recht. Du hast nicht zufällig irgendwo ein paar Kanthölzer rumliegen,
Charlie? Oder eine Nagelpistole?«
    Bel stand
auf. »Das ist doch lächerlich. Ich ruf jetzt die Polizei.«
    »Nein, Bel!«
Ich lief hinter ihr her in die Halle, von wo aus man die ein paar Stufen tiefer
liegende Haustür sehen konnte, die mit jedem Schlag erzitterte wie ein
pulsierendes Herz. Der Rahmen begann schon zu splittern, die Angeln gaben schon
nach. Feindseliges Stimmengewirr war zu hören. Bel blieb stehen, schluckte,
tat dann so, als hörte sie nichts, und ging weiter auf den Korbtisch zu, wo,
nur wenige Schritte von der bebenden Haustür entfernt, das Telefon stand.
»Hallo? Komisch ... Hallo?«
    Und dann -
gerade als ich mich zitternd zwischen Bel und der Tür aufbaute und Frank mit
Mrs Ps schwerstem Waffeleisen aus der Küche stürzte - verstummte der Lärm. Wie
im luftleeren Raum standen wir in der Stille und blinzelten uns an, als wären
wir gerade aus dem Schlaf erwacht. Dann hörten wir von draußen einen Schrei und
dann noch einen, dann ein Stöhnen und ein Knacken, das nach Schmerzen klang.
Wir rannten zum Fenster im Salon. Auf dem Rasen wurden fünf Männer in
Polyestertrainingsanzügen durch die Luft geschleudert, und zwar von genau den
beiden riesigen Schattengestalten, denen MacGillycuddy und ich erst von wenigen
Augenblicken nachgejagt waren. »Wow!«
    Der
Anblick war faszinierend wie ein Ballett. Die beiden standen sich in etwa fünf
Metern Abstand gegenüber, warfen sich die Wichser abwechselnd mühelos zu,
fingen sie auf und setzten sie sanft auf dem Boden ab. Ihre Bewegungen war so
perfekt aufeinander abgestimmt, dass sich immer einer der fünf in der Luft
befand. Die Wichser fluchten und jaulten. Im Flug wirkten ihre Gesichter alles
andere als bedrohlich, wie Karikaturen.
    »Die tun
ihnen ja gar nicht richtig weh«, sagte Frank, der das Waffeleisen unglücklich
in der erhobenen Hand hielt.
    Ab und zu
rappelte sich einer der Wichser auf und ging auf eine der Schattengestalten
los. Und jedesmal - obwohl man nicht genau erkennen konnte, wie das vonstatten
ging - wurde der Angreifer zurückgeschlagen, ohne dem Attackierten auch nur
eine Beule beibringen zu können. Wie Jongleure aus einem russischen Zirkus, die
ihre Kegel hin und her wirbelten, warfen sich die beiden Kolosse die
Eindringlinge fünf Minuten lang zu und ließen dabei auch noch ihre sonoren
Stimmen erklingen. »Tatsächlich, die singen.«
    »Wer ist
das bloß?«, flüsterte Bel.
    »Wesen«,
sagte ich heiser.
    »Was soll
das heißen, Wesen?«
    »Na ja,
übernatürliche Wesen halt.«
    »Herrgott,
Charles, bitte!«
    »Ich weiß,
das hört sich verrückt an, aber wenn du die vorhin gesehen hättest, Bel, die
sind im Laufschritt mit dem Klavier unterwegs gewesen - im Laufschritt, wohlgemerkt.«
Ich wollte ihr auch noch von meiner Vision berichten, als ich sie mitten in der
Nacht von meinem Schlafzimmerfenster aus gesehen hatte, da rief Laura mit
trauriger Stimme: »Sie verschwinden wieder!«
    Klar, dass
die Wichser sich die Einfahrt hinunter aus dem Staub machten. Fairerweise
musste man sagen, dass sie sich wacker, wenn auch vergeblich, gegen die beiden
Ungetüme geschlagen hatten. Nach vollbrachter Arbeit klopften sich unsere
Retter den Staub vom Leib und liefen mit federnden Schritten in
entgegengesetzter Richtung davon. Die Runde am Fenster verabschiedete sie mit
frenetischem Beifall

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