Murray,Paul
zu
retten. Wie bejammernswert und alt sie wirken, selbst diejenigen, die noch
nicht alt sind, wie engstirnig, wie weltfremd!
»Guten
Morgen, Howard«, tönt Farley, der durch die Tür gepoltert kommt.
»Morgen.«
Howard schaut widerwillig von seinen Aufsätzen auf.
»Guten
Morgen, Farley«, zwitschern die Misses Birchall und McSorley von ihrem
Stammplatz am Fenster.
»Guten
Morgen, meine Damen«, erwidert Farley.
»Jetzt
kannst du ihn fragen«, fordert Miss McSorley ihre Kollegin auf.
»Mich
was fragen?«, erkundigt sich Farley. »Wir füllen einen Fragebogen aus«, klärt
ihn Miss Birchall auf. »>Sind Sie ein Kidult?<«
»Ein
was?«
Sie
legt den Kopf in den Nacken und schaut durch ihre Brille auf die Zeitschrift
hinab. »>Das einundzwanzigste Jahrhundert ist die Epoche der Kidults -
Erwachsene, die Verantwortung scheuen und stattdessen ihr Leben mit teuren
Vergnügungen verbringen, die ihnen einen Kick versprechen.<«
»Ich
bin geschmeichelt, dass Sie mich das fragen«, sagt Farley. »Nein, eigentlich
nicht.«
»>Frage
eins<«, liest Miss Birchall vor. »>Sind Sie Single? Falls in einer
Beziehung, haben Sie Kinder?< Sie leben nicht in einer Beziehung, oder,
Farley?«
»Er
ist nie in einer Beziehung«, trägt Miss Scorley bei. »Er mag nur One-Night-Stands.«
»>Frage
zwei<«, liest Miss Birchall vor, während Farley protestiert. »>Welches
der folgenden Geräte besitzen Sie: Sony PSP, Nintendo GameBoy, iPod, eine
Vespa oder einen anderen klassischen Motorroller -<«
»Ich
besitze keines dieser Dinge«, sagt Farley.
»Aber
Sie hätten sie gern«, vermutet Miss McSorley.
»Ja,
sicher, natürlich«, sagt Farley. »Wenn ich irgendwelches Geld hätte, würde ich
sie besitzen.«
»Das
Problem ist, dass wir nicht gut genug bezahlt werden, um Kidults zu sein«, sagt
Howard.
»Wir
sind Kidults in spe«, sagt Farley. »Wie wär's damit?«
Er
entschuldigt sich für die übrigen Fragen mit der Begründung, dass er nach
seiner Biologiestunde in der achten Klasse dringend eine Tasse Kaffee braucht.
Seit September nimmt Farley die sieben Merkmale des Lebens durch, und je näher
sie der Fortpflanzung kommen, desto aufgeregter sind die Schüler. »Die konzentrieren
sich dermaßen, dass man es praktisch hört. Heute habe ich zufällig das Wort Schoß erwähnt. Das war, wie wenn man
einen Tropfen Blut in ein Becken voller Piranhas fallen lässt.«
»Meine
achte Klasse könnte man komplett an ein Becken voller Piranhas verfuttern, und
die würden es nicht mal merken«, sagt Howard düster. »Die würden einfach
weiterpennen.«
»Na
ja, Geschichte. Bei mir ist es Biologie. Die Jungs sind vierzehn. Die Biologie
strömt durch ihre Adern. Biologie und Marketing.« Farley räumt einen Stapel
Zeitungen von der Couch und setzt sich. »Ich übertreibe nicht. Die sind schon
seit dem ersten Schultag so drauf.«
»Aber
die kennen das doch bestimmt schon alles. Sie haben zu Hause einen
Breitbandanschluss. Wahrscheinlich wissen sie mehr über Sex als ich.«
»Die
wollen es von einem Erwachsenen hören.« Farley nimmt eine Kopie des heutigen
Kreuzworträtsels vom Tisch und fängt an, mit einem Kugelschreiber penibel die
weißen Kästchen auszumalen. »Die wollen sich amtlich bestätigen lassen, dass
trotz all unserem Gerede die Erwachsenenwelt und ihre sexbesessene Underground-Pornowelt
im Grunde genommen ein und dasselbe sind, und dass, egal, was wir ihnen sonst
noch über Könige oder Moleküle oder Geschäftsmodelle beibringen wollen, die
Zivilisation letzten Endes auf dieselben hektischen Versuche hinausläuft,
andere zu bespringen. Dass, mit einem Wort, die Welt eine Teenagerwelt ist. Es
macht einem ziemlich Angst, das zuzugeben. Das fühlt sich an wie eine
Kapitulation vor der Anarchie.«
Er
legt das inzwischen komplett geschwärzte Kreuzworträtsel auf den Tisch zurück
und lehnt sich wie ein zweiter Byron auf der Couch zurück. »So hab ich mir das
Leben als Lehrer nicht vorgestellt, Howard. Ich dachte mir, ich würde
apfelbäckigen siebzehnjährigen Mädchen die Namen der Planeten aufsagen. Würde
zusehen, wie ihre Herzen erwachen, sie beiseitenehmen und ihnen zartfühlend
ausreden, dass sie in mich verliebt sind. >Die Jungen in meinem Alter sind
solche Blödmänner, Mr. Farley.< >Ich weiß, dass Ihnen das jetzt so
vorkommt. Aber Sie sind jung, und Sie werden den einen oder anderen rundum
wunderbaren Mann kennenlernen<. Dass ich jeden Morgen Gedichte auf meinem
Pult vorfinden würde. Und Dessous. Gedichte und
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