Muscheln für Mutti: Roman (German Edition)
Schweißperlen schlingern nassforsch auf seiner Stirn.
Jetzt muss ich aber wirklich aufs Klo.
Da setzt sich auf einmal eine betörend bekleidete, junge Frau zu uns. Sie will offenbar nicht nur die Bestellung aufnehmen, sondern auch sonst mit uns ins Gespräch kommen. Dass sie nur bescheiden Englisch spricht, überspielt sie mit ihrem guten Aussehen. Sie fingert Harald den Strohhut vom Kopf und setzt ihn sich selbst auf.
» Das ist doch Diebstahl«, brummelt er, weil er es nicht direkt als neckisch versteht.
Vom Nebentisch lächeln uns vier hübsche Kambodschanerinnen zu.
» Das sind wohl ihre Freundinnen.« Harald kommt langsam aus sich heraus, wie eine Schnecke aus ihrem Gehäuse. » Hello Girls, I’m Harry.«
Ich müsste nun wirklich mal, werde beim Aufstehen aber sanft zurückgeschoben. Denn als habe Harald ein magisches Wort ausgesprochen, setzen sich die vier zu uns an den Tisch. Asiatische Schönheiten. Und ich halte die Rolle rosa Klopapier in der Hand. Eine der Frauen hockt sich sogar auf Kurts Schoß.
» Ist denn sonst kein Platz mehr frei?« Harald nippt an seiner Bierflasche und linst dabei nach rechts und links.
Kurt durchblickt auf Anhieb, welche Szene gespielt wird, und lacht lakonisch.
» Dass ich das noch erleben muss.«
» Musst du gar nicht«, ereifert sich Harald, » die hat dich doch nicht mal gefragt!«
» Ruhig bleiben, nicht die Polizei rufen«, werfe ich ein, » schätze, hier soll was gehen.«
» Du meinst …? Ach! Davon hab ich im Internet gelesen.«
» Andi, ich fühle mich der Situation entwachsen«, schmunzelt Kurt und will sein Mädchen an mich weiterreichen. » Nichts gegen die Kleine, nur wäre mir lieber, Mechthild würde jetzt auf meinem Schoß sitzen.«
Kurt deutet ihr einen Klaps auf den Po an, worauf sie zu Harald hopst und ihm charmant die Flasche an den Mund hält.
» Guter Service«, reagiert der, nun wieder gelöst.
Jetzt drückt’s gehörig, ich muss wirklich, stoße die Tür der Bar auf. An der Theke stehen weitere Frauen, die mich offensiv anlachen, als ich frage, wo die Klotür ist.
» May we help you …?!«
» Thanks, nö, ich kann das.«
Damit kein falscher Eindruck entsteht: Die Animier-Mädchen hätten anhaltende Aufmerksamkeit verdient, so lebensfroh und anmutig wie sie sind, eigentlich die Brasilianerinnen Asiens. Aber Valentinstag hin oder her: Wir wollen doch einfach nur einen Absacker trinken.
Zurück am Tisch fällt mir auf, dass Harald nun Herr der Lage ist, ja Pascha der Party sogar.
» … yes, I’m Harry! Oder call me Dirty Harry. Wie Clint Eastwood!«
Mit der linken Hand hält er sein junges Ding fest, besitzergreifend geradezu, und mit der rechten Faust haut er mir gespielt an die Backe.
» Eieieieiei, Andi, hier geht ja wirklich was. Hier geht sogar ei-ni-ges!«
Ich grinse nur, will kein Spaßverderber sein, und mit meinen Tipps wollte ich mich bei ihm ja ohnehin zurückhalten.
» Haste mal ’ne Zigarre?«
Nee, Harald, wir haben so gut wie ausgetrunken, und dann können wir auch bald los.
Plötzlich sind sie da. Weil wir nicht mehr auf die Straße geachtet haben, sind uns Mechthild und Jana nicht gleich aufgefallen. Nun stehen sie direkt vor uns und den vier gastfreundlichen Girls. Ganz schlechtes Timing, ganz ungünstig, uuh.
Die Party ist gesprengt, die Kambodschanerinnen huschen augenblicklich in die Bar.
» Was denn, es läuft doch gerade so gut!« Harald sitzt unversehens mit leeren Händen da.
» Aus die Maus«, schmunzelt Mechthild zwar, meint es aber nicht schadenfroh.
Sie ist für ihre 69 Jahre so lässig, dass sie meint, uns Männer trösten zu müssen. » Wer weiß, ob die Mädels überhaupt noch frisch sind. Wäre ja blöd, wenn ihr zur vierten Schicht kommt.«
Jana lässt sich von dieser Lockerheit leider nicht anstecken. Völlig verdattert zieht sie sich mein Valentinstags-Herz, das sie immer noch trägt, über den Kopf und lässt es auf die Straße fallen. Da liegt es. Mein Herz im Schmutz.
» Moment, Jana, ich … wir … haben doch gar nichts gemacht.«
Uuh, schwacher Spruch. Ich stehe auf und greife dabei zur rosa Klopapierrolle.
» Ach, vorbereitet ist der Herr auch noch? Jetzt hört sich ja wohl alles auf!«
» Was? Nein! Ach, das ist doch nur … also … es ist nicht so, wie ich aussehe, es …«
Ich gestikuliere. Ich quassle auf sie ein. Mal von links. Mal von rechts. Ich argumentiere, versuche ihr auf dem kurzen Heimweg die Situation zu erklären. Zwecklos, absolut zwecklos. Mechthild, Kurt
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