Muscheln für Mutti: Roman (German Edition)
ohne Bordkarte durch die Sicherheitsschleuse kommen?
Zwischen den Schaltern hindurch! Der Gang dahinter führt zu einer Personaltür: »Staff only«. Über ein Gepäckband ducke ich mich an einem nicht besetzten Check-in-Schalter vorbei. Ich bin einfach zu groß für solche Versteck-Manöver. Trotzdem hat mich immer noch keiner bemerkt, und die Tür ist … nicht verschlossen! Klinke runter, durch und …
Oh. Der Rücken eines Sicherheitsbeamten bremst mich hart. Er dreht sich um. » Stop!«
» Hello, äh.«
Wenn ich jetzt kambodschanisch könnte, würde mir auf Anhieb eine Ausrede einfallen. So glotze ich ihn nur an. Zu dumm, als Austauschschüler gehe ich nicht mehr durch. Wenigstens lächle ich nicht dämlich. Es ist nicht so, dass der Security-Mann mich unfreundlich anschaut, aber seine rechte Faust umschließt spürbar geübt meinen linken Unterarm. O Mann, so etwas passiert doch sonst nur in B-Movies!
» I’m looking for my girl, Mr. Security.«
Hey, beim Thema Frauen sind wir Männer doch alle Brüder!
Fast alle. Denn der Aufpasser weist eindeutig zu einer Bürotür. Nein! Für eine Vernehmung habe ich jetzt wirklich keine Zeit mehr, mein Blick rast über die Sitzgruppen vor den Abflug-Gates.
» Jana?«, schreie ich verzweifelt.
Sie muss hier doch irgendwo sein!
Der Sicherheitsoffizier entspannt sich auch nicht gerade. Nein, eigentlich drängt er mich auf die Tür zu.
» Ja?«
» Jana! Mensch, Jana!«
Sie ist von ihrem Platz hinter einem Pfeiler aufgestanden und läuft auf uns zu. Der Mitarbeiter schätzt die Situation richtig ein und zeigt Verständnis. Er lässt meinen Arm los, bleibt jedoch breitbeinig hinter mir stehen.
» Andi! Du …? Du bist ja ganz atemlos.«
» Das ist eine lange Geschichte.«
» Mensch, Andi, wie ich mich freue, dich zu sehen! Aber wieso …?«
» Das ist eine noch längere Geschichte. Ich habe vor 25 Tagen in Hanoi eine Reiseleiterin kennen gelernt, auf einem Hotelbalkon, die sich als meine Traumfrau herausgestellt hat …«
» Andi, die Kurzversion«, fordert sie sanft.
» Die Kurzversion … ich … ich bin verrückt nach dir, ich habe mich in dich verliebt, ich will dich zur Freundin haben!« Wie eine Fontäne der Freude sprudelt aus mir heraus, was sich so lange aufgestaut hat.
» Na endlich!« Sie strahlt mich an. » Das will ich doch auch!«
» Jaa!«
Wir fallen uns in die Arme.
» Flight 7137 to Bangkok is ready for boarding«, tönt es über die Lautsprecher.
» Oh, Australien ruft.«
» Bleib hier!«
» Würde ich ja gerne, aber dann stehen die doch in Australien ohne Reiseleitung da. Hier hast du meine Mobilnummer, in vier Wochen bin ich zurück in Frankfurt. Dann sehen wir uns wieder.«
In vier Wochen.
» Übrigens«, sage ich und ziehe etwas unter meinem T-Shirt hervor, das mich die ganze Zeit gezwickt hat, » das gehört dir.«
» Das Valentinstagsherz!«
» Ja, etwas ramponiert allerdings. Harald hat es aufgehoben, als er noch mal zurück in die Bar ist, um … öhm … seinen Schirm zu holen.«
» Ooh, wie süß!«
Sie umarmt mich noch einmal.
» Last call for flight number 7137!«
Ja, wir wissen’s.
» Bis in vier Wochen, du Tempeltänzerin.«
Ich küsse sie stürmisch.
» Bis dahin, du Balkon-Unterhosen-Idiot!«, lacht sie herzlich.
» Sogar idiotischer Idiot«, grinse ich glücklich.
Jetzt erst erblickt Jana den Security-Mitarbeiter hinter mir.
» Wer ist er denn?«
» Mein Bodyguard, wir sind hier doch im Sicherheitsbereich …«
» Ohne Witzchen kannst du’s nicht, was? Mach nur so weiter!«, droht sie mir lachend.
Ich nicke. Jana läuft langsam rückwärts zum Gate.
» Tam biet!«, verabschiede ich sie auf Vietnamesisch.
» Tam biet!«
Ich schaue ihr hinterher, wie sie ihr Ticket vorzeigt, noch einmal winkt und dann im Schlauch zum Flieger entschwindet. Hach. Sie ist ein so unglaublicher Knaller!
Jemand tippt mir auf die Schulter. Der Sicherheitschef. Er grinst so mitfühlend, wie es ihm sein Dienst erlaubt, und öffnet mir die Verbindungstür in die Wartehalle. Gestenreich bedanke ich mich und eile zum Ausgang.
Unfassbar, draußen steht doch tatsächlich … mein Rikschafahrer! Was für ein Teufelskerl.
» Bin ich bereit für Rückfahrt.«
» Ja, äh, super, aber wie …?«
» Tank voll, kein Problem. Ordnung müssen sein!«
Herrlich. Ich mag deutsche Korrektheit zur rechten Zeit am rechten Ort.
» Haben Erfolg?« Er lässt seinen Zigarettenstummel auf den Boden fallen.
» Frau ist Freundin«, grinse ich.
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