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Muscheln für Mutti: Roman (German Edition)

Muscheln für Mutti: Roman (German Edition)

Titel: Muscheln für Mutti: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Dörr
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Toni muss es ja wissen.
    Über eine kurvenreiche Straße nähern wir uns Mai Chau, einem Dorf, das sich auf einem Hochplateau erstreckt und wie auf Stelzen gebaut scheint.
    » Ja, der gesamte Ort besteht aus Pfahlhütten«, erklärt Jana, » ganze Familien leben und übernachten in einem großen Raum, der auf Holzbolzen errichtet ist.«
    Alle auf einem Fleck? Die Armen.
    » Hach, was für ein beschauliches Bergdorf«, schwärmt Vera.
    Mutti sieht es weniger malerisch. » Obacht! Aus Bergdörfern kommen Terroristen.« Argwöhnisch schaut sie hinter einen Busch.
    » Und hier ist unser Matten-Lager hergerichtet.« Jana deutet auf eine der Pfahlhütten.
    » Wie jetzt, da sollen wir alle zusammen pennen?« Ich glotze erst das Holzhaus an, dann sie.
    » Ganz genau.« Jana zieht ihre Tasche zum Treppenaufgang, auf den Stufen räkeln sich einige Würmer.
    » Wie ursprünglich und romantisch das alles ist!« Klar doch, Antje. Vor allem mit Schnarchsäcken und Stinksocken. Was für ein Gruppen-Grusel!
    Walter zählt fix durch und wirft dann jubelnd seine langen Arme in die Luft. » Heute schlafe ich mit sechs Frauen!«
    Ich rechne lieber nicht mit, ob Mutti dabei ist.
    Dieses Mal stelle ich es schlauer an. Sie werden mir erst nachweinen, wenn ich schon einige hundert Meter Boden gutgemacht habe. Nach dem Lunch hat Jana einen Rundgang angesagt, weshalb einige bereits erwartungsfroh und abmarschbereit am Sammelplatz stehen.
    » Kann losgehen!« Harald freut sich wie ein Biolehrer beim Klassenausflug. Auch über seinen Strohhut: » Der passt in die Landschaft und schützt gut gegen die Sonne.«
    » Wo du es sagst, ich muss mich ja noch eincremen«, sage ich halblaut und gehe langsam rückwärts zu unserer Pfahlhütte, leise schleichend wie ein Indianerjunge, der das Lagerfeuer ausgepinkelt hat.
    » Hab meine Kamera gefunden, Mutti«, ruft Antje. Die beiden ziehen oben am Eingang der Pfahlhütte ihre Schuhe wieder an. Als sie die Holztreppe herabkommen, hocke ich mich hinter eine größere Hecke neben dem Aufgang. Einige Zentimeter seitlich von mir hat das Metallgerippe eines Pfluggeräts seine rostig scharfen Krallen in die Lehmerde gerammt.
    » Mit diesen Digitalkameras komme ich nicht klar, meine Papierabzüge sind mir lieber«, sagt Mutti, als die beiden die Bambusstufen runterpoltern und sich zu den anderen entfernen.
    Das ist meine Chance! Ich flitze hoch, schnappe mir meinen Kulturbeutel und bin auch schon wieder zur Tür raus.
    » Hey, Andi.« Huch, Mechthild. » Willst du etwa fliehen?«
    » Ja.«
    » Ich werde dich vermissen. Bis später.« Sie setzt ihre Kappe auf und läuft zur Gruppe.
    Ich schirme die Augen mit der rechten Hand ab und spähe in die Ferne. Weiter hinten sind Häuser aus Stein erkennbar, gelb oder mintgrün gestrichen. Wäre doch gelacht, wenn es in diesem kläglichen Kaff kein Hotel gäbe!
    Ich schleiche über den staubigen Weg durch die Felder. Sicherlich könnte ich auch ganz normal gehen, denn die Gefahr entdeckt zu werden scheint mir vorerst vorbei. Zu schleichen gibt mir allerdings das bessere Fluchtgefühl.
    Vermutlich werde ich hier in der Zeitung stehen, wenn die eine haben: »Zehn Mitglieder einer Reisegruppe warten bis tief in die Nacht auf das elfte.«
    Wasserbüffel trotten im Geschirr durch die Furchen der Reisplantagen, und Bauern ziehen auf Holzkarren Heu hinter sich her. Von weitem betrachtet ist es die pure Idylle, als ich ihnen näher komme, sieht es nach harter Handarbeit aus.
    » Hotel?«, frage ich den Mann, der gerade vornübergebeugt Reissetzlinge einpflanzt.
    Er blickt auf und schaut mich an, sagt aber nichts. Okay, er wird kein Englisch verstehen. Obwohl, »Hotel«, so nennt man es doch wohl in jeder Sprache. Ich versuche es mit der amerikanischen, spanischen und französischen Aussprache, aber er beugt sich wieder über die Furchen und setzt einfach seine Arbeit fort. Danke, sehr fremdenfreundlich!
    Ein regelrechtes Zentrum kann ich im Ort nicht ausmachen, hier und da stehen Häuser wahllos herum, nur prangt auf keinem die Aufschrift »Hotel«. Die paar Einheimischen, die ich sehe, wirken nicht abweisend, registrieren mich jedoch kaum. Eigentlich gehen sie an mir vorbei, als wäre ich unsichtbar. An einer kleinen Kreuzung stelle ich mich mitten auf den sandigen Platz. Ein Windstoß lässt einige Blätter an mir vorbeirascheln wie Heubüschel in einem Western. Ich hole tief Luft und rufe laut mein Codewort: »Hotel!«
    Nichts passiert.
    » Hotel!«
    Die Sonne brennt. Staub und

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