Muscheln für Mutti: Roman (German Edition)
einem Essen. Beeindruckt lecke ich mir die Lippen.
» Andi, was willste bestellen?«, ruft Kristin durch die Küchentür.
» Den Buddha-Burger für den großen Hunger!«, flachse ich.
» Gibt’s nicht, du Spinner!«
» Dann nehm ich die Nummer 17!«
» Gibt’s auch nicht!«
» Was denn, die nehm ich doch zu Hause beim Asia-Imbiss auch immer?!«
Als der Koch mich rufen hört, dreht er sich wieder zu mir um. Er schaut unschlüssig und lächelt süß-sauer. Touristen in der Küche scheint er echt nicht gewohnt zu sein.
» Warum nicht?«, frage ich den Koch. » Die 17 gibt’s sogar in Köln.«
Seine Blicke wechseln zwischen dem Gang zum Speiseraum und mir hin und her. Das große Messer hält er immer noch fest in der Hand.
» Was gibt’s denn so für Nummern, Kristin?«, schreie ich raus.
Herrje, was ist das für ein Radaupegel in der Küche. Ich stelle die Dampfabzugshaube neben mir auf die kleinste Stufe.
» Die haben hier gar keine Zahlen auf der Karte, die Speisen haben richtige Namen!«
Oh, das ist neu.
» Ja, gut, für mich den gebratenen Tintenfisch!«
» Der heißt Cha Mak Chia Mui Marett Kchai!«, plärrt Kristin postwendend.
» Ist mir egal, wie der heißt!«
So kurz vor dem Verzehr baue ich doch keine persönliche Beziehung mehr zu ihm auf.
» Danke, ich hab schon eins«, sagt Kurt, als ich ohne Bier aus der Küche komme.
Ich setze mich auf den letzten freien Platz neben Harald, er legt gerade die Speisekarte hin und doziert: » Die vietnamesische Küche ist auch von den Indern und Chinesen beeinflusst.«
» Und von Hunden«, ergänzt Walter, der fröhliche Millionär von heute Morgen. » Du, wir stellen uns gerade alle so richtig vor. Immerhin haben wir fast vier Wochen vor uns.«
» Genau, das lohnt also«, ergänzt seine Frau Vera.
Vorstellungsrunde? Ist das hier eine Selbsthilfegruppe, Fernsehfreakshow oder was sonst? Könnt ihr haben!
» Hallo, ich bin der Andi, und ich habe ein Problem mit Frauen.«
» Völlig überraschend«, wirft Kristin feixend ein.
» Sieht aber nicht danach aus«, sagt Walter mit Blick auf meine Schwestern.
Doch, genau die meine ich. Willkommen in der Zickenzone.
» Du scheinst doch eher der Hahn im Korb zu sein«, lächelt Vera anerkennend.
Familienfrauen! Da bist du nicht der Hahn im Korb, sondern das Schwein im Trog!
» Für mich ohne Fleisch«, sagt Antje zur Kellnerin, die dampfende farbenfrohe Platten aufträgt. » Und das ist doch alles ohne Glutamat?«
Walter schneidet Grimassen wie ein Komiker. » Doch, das sind die Beilagen: Reis, Glutamat und Glückskekse.«
» Schön ist es, auf der Welt zu sein!«, jubelt Kurt. » Was soll ich denn mit Essstäbchen? So geht doch nix rein! Kerl, wenn ich Brand habe, trink ich doch auch nicht mit dem Strohhalm.« Er befreit Messer und Gabel aus der Serviette. » Hier, Frau, steck die Stäbchen ein, kann man immer brauchen.«
» Okay, der Andi also«, sagt Vera, die die Runde auch zu moderieren scheint. » Gibt’s sonst noch etwas zu dir zu sagen?«
» Einiges!« Klappe halten, Kristin.
» Nur so viel: Wenn ich esse, brauche ich keine Diskussionsrunde.«
Aber eigentlich gefällt mir dieses Kennenlernen ohne Umwege. Zack, direkt vor die Zwölf. Nur bitteschön nicht auf meine Kosten.
» Soso. Weiter geht’s mit dir, Jana«, bestimmt Vera. » Wo wohnst du denn, wenn du nicht unterwegs bist?«
» In Frankfurt bei meiner Schwester, für ein paar Monate im Jahr.«
Hmm, der Tintenfisch hat einen angenehmen Eigengeschmack. Meine Gabel führt sich wie von selbst zum Mund. Sogar das Gemüse schmeckt kräftig.
» Jana«, fragt Mutti unvermittelt, » bist du vergeben?«
Mir flutscht ein Krakenarm aus dem Mund. Das hat sie jetzt nicht gefragt, oder?
» Nö, lieber nicht«, schmunzelt Jana ausweichend.
Falsche Antwort! Denn Vera ist erkennbar um das weibliche Wohl ihrer Mitreisenden bemüht.
» Dann verkuppeln wir dich eben. Auf dieser Reise!«, bestimmt Vera.
» Ich weiß auch schon mit wem!« Mutti klatscht in die Hände.
Vera zwinkert mir zu.
Wieso mir? Vielleicht, weil ich in ihrem Blickfeld sitze. Ducken, ich muss mich ducken! Hallo Captain Kirk, wo ist denn mal ein schwarzes Loch, wenn man eins braucht?!
» Es könnten sich ja auch Mitreisende als nett herausstellen.« Muss diese Vera derart direkt sein?
Jana sieht sich nach der Kellnerin um.
» Ja-ha, genau meine Idee!« Mutti strahlt stärker als die Sonne.
» Leute, ist das nicht etwas zu früh?« Antje blickt Mutti und Kristin streng
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