Muscheln für Mutti: Roman (German Edition)
souverän den BH zu öffnen. So weit der Plan. Aber genau genommen fummle ich da ziemlich ungelenk herum, das blöde Ding will einfach nicht aufflitschen! Da, ich gewinne beim Knutschen die Oberhand, worauf sie sich geschlagen gibt und rücklings aufs Bett fallen lässt. Mein Ringfinger klemmt allerdings noch im Häkchenverschluss.
» Aaaah!«, jaule ich auf.
» Was hast du?« Sie lässt von meinen Lippen ab.
» Ah! Du hast meinen Finger erdrückt!«
» Die Matratze ist doch weich.«
» Dein Rückgrat aber nicht!«
Der Schmerz pocht so sehr, dass meine ohnehin nur mäßige Begierde ganz Reißaus nimmt. Ich will meine Hose hochziehen, als mir plötzlich ein scharfer Stich in die rechte Wade fährt. » Aaah!«
» Das sagtest du schon.« In ihrer Lust unterbrochen, wird Monika etwas unwirsch.
» Ein Wadenkrampf, verflucht, auch das noch.« Ich drehe mich und strecke das Bein nach oben aus, was ja helfen soll. Auf einmal kommt mir diese ganze Situation völlig verfahren vor, komplett absurd. Ich fange an zu lachen. Laut. Lauter als nötig.
» Auahaha, Monika, ich … Finger … Wade … aua, hahaha.« Es ist ein röchelnder Lachanfall, einer, bei dem man nicht mehr ausreichend Luft kriegt. Ich glaube, Hyänen lachen so. Ja, es ist ein hyänischer Lachanfall, schön klingt das nicht.
Monika stemmt sich seitlich unter mir hervor und wirft sich ihre dicke Winterjacke über die verrutschten Dessous.
» Willst du mich verarschen?« Das hört sich nun gar nicht mehr triebgesteuert an.
» Hahaha, sorry, hahaha.«
Sie steht auf, zieht den Reißverschluss zu und verschränkt die Arme. » Raus.«
Unbeholfen schließe ich meine Hose. Mein Finger schmerzt höllisch, mein Gürtel ist noch offen. Ich humple die paar Schritte zur Tür. » Ich bin ja dann in Vietnam. Du denkst doch an meine Pflanzen?«
» Hau ab!«
Es klingelt in meinem Kopf. Ich drehe ihn zur Seite. Lauter, noch lauter. Ich wälze mich auf den Bauch. Das Klingeln wird immer durchdringender, dann hört es abrupt auf. Mein Anrufbeantworter springt piepend an. » Guten Morgen, mein Junge, hier ist deine Mutti!«
O Mann, es ist schon Morgen, und dann auch noch Montagmorgen.
» Ich konnte dich gestern Abend gar nicht anrufen wie sonst, du hast dich bestimmt schon gewundert.«
Halt mich, Bettdecke, halt mich ganz fest.
» Weil ich doch bei meiner Nachbarin war, du weißt schon, die Elke mit ihrem Putzfimmel.«
Aua, mein Kopf.
» Du, wir haben erzählt und …«
Aua, mein Finger.
» … sag mal Andi, bist du denn noch gar nicht auf?«
Ich ziehe ihn unter der Decke hervor. Auweia, er ist rot und blau angeschwollen, verstaucht durch einen BH -Verschluss. Das glaubt mir doch nicht mal mein Hausarzt.
» Ich bin ja schon seit zwei Stunden aktiv. Sonntags gehe ich ja meistens zeitig zu Bett«, tönt es wieder blechern aus meinem Anrufbeantworter.
Mutti, es ist früh, verdammt früh! Ich schiele zum Vorhang, selbst da draußen ist das Licht noch nicht angeknipst, allein die Schneereste hellen die Straße mit ihrem bläulichen Schimmer auf.
» Andi, ich will ja nicht stören, aber musst du nicht arbeiten?«
Gequält schiebe ich meine Bettdecke zur Seite, meine Füße betreten den kühlen Boden nur unter Protest. Zum Telefon sind es drei Meter, in meinem Zustand ein Marathonlauf.
» Hach, wenn ich bedenke, dass ihr beiden schon in einer Woche abfliegt.«
» Nein.« Ich habe mit ausgestrecktem Arm nach dem Hörer gegriffen. Das hat mir den letzten halben Meter erspart.
» Wie, nein?«
» Wir fliegen nicht.«
» Och, streiken die Piloten?«
» Nee.« Ich drücke den Lichtschalter, der Raum wird gleißend hell. Hektisch drehe ich den Dimmer auf niedrigste Stufe.
» Huch, dann ist wieder Krieg in Vietnam?«
» Nein, da ist alles friedlich.«
» Du hast dich doch so gefreut, mit …«
» … Kim fällt aus.«
» Wie jetzt … aus?«
» Ganz aus. Und vorbei.«
» Das tut mir jetzt aber leid, mein Schatz.« Ihre Verwunderung am anderen Ende der Leitung ist deutlich spürbar. » Was ist denn passiert?«
» Komplizierte Kiste.«
» Ich habe sie ja immer so gemocht.« Ich auch, verdammt! Geliebt habe ich sie! » Wer begleitet dich denn nun?«
» Gute Frage, Mutti, keine Ahnung.« Ich setze mich zurück aufs Bett.
» Junge, wer kümmert sich denn jetzt um dich?«
» Ich … ich krieg das hin.« Neben dem Bett steht ein halb volles Bier. Ich glaube, die andere Hälfte habe ich noch in der Nacht auf das Wohl meiner Nachbarin getrunken. Mit der
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