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Muscheln für Mutti: Roman (German Edition)

Muscheln für Mutti: Roman (German Edition)

Titel: Muscheln für Mutti: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Dörr
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über zeigt: Kim ist … nicht dabei.
    Scheiße!
    » Einen Cappuccino, bitte«, sage ich. » Zum Mitnehmen.«
    » Wohin?« Das Grinsen des Kantinen-Mitarbeiters scheint nett gemeint. Normalerweise würde mir spontan eine Antwort einfallen – hier und jetzt, und nicht erst auf dem Nachhauseweg. Ich stehe jedoch nur da und glotze ihn so starr an wie eine Wachsfigur.
    » War ’n Scherz.« Wie belämmert muss ich wirken, dass er glaubt, mir das auch noch erläutern zu müssen? Ich nicke und gehe zum Hauptaufzug unserer Firma. In der zweiten Etage unserer Firma schlurfe ich über den langen Gang ins Großraumbüro.
    » Guten Morgen, Andi! 1:5, ey, der FC hat ja wohl wieder voll abgelost!« Wir sind ja eine ach so kommunikative Pressestelle. Autobahnen haben Schallwände, Kollegen leider nicht.
    » Morgen. Jo, war nix.« Ich stelle den Kaffeebecher auf meinem Schreibtisch ab.
    » Du, ich war im Stadion. Immer dasselbe: dieses Gegurke, diese individuellen Fehler!« Mein Kollege gegenüber ist in Ordnung, wir kommen gut parat, und normalerweise leiden wir gemeinsam mit unserem Verein. Nur heute, da leide ich alleine. Mit meiner Kim im Kopf. Also geht mir sein Smalltalk gerade mächtig auf den Sack. » Und sonst, Andi? Schönes Wochenende gehabt?«
    » Jaja.«
    Ich fahre meinen PC hoch und starte Outlook. Nervös klicke ich auf die Inbox. Keine Mail von ihr. Meine Hoffnung war ohnehin nur vage, dennoch bin ich enttäuscht. Ob ich ihr einfach eine … hm, was sollte ich denn schreiben?
    Liebste, komm doch zurück, ich bin noch da. Das wäre ja so erbärmlich, als würde ich beim Arzt um eine Darmspiegelung betteln.
    Auf Facebook will eine Simone mit mir befreundet sein. Warum? Die kennt mich doch gar nicht, am Ende will sie noch mit mir schlafen. Vergiss es!
    Ich ziehe einige Papiere näher an mich heran. Das sieht dann wenigstens schon mal nach Arbeit aus und schreckt bestenfalls die anderen davor ab, mich anzusprechen.
    » Andi, wie sieht’s aus mit der Schlagzeile für die Osterkampagne?« Mein Chef. » Die muss heute noch raus. Du weißt ja, knackig und pfiffig, sonst beachtet die keiner. Mail’s mir später einfach zu.«
    » Geht klar.« Scheinbar konzentriert greife ich wahllos nach dem erstbesten Ausdruck.
    » Dabei geht’s schließlich um die liebe Familie, das ist doch dein Thema!« Mein Chef entfernt sich so vergnügt, als habe er gerade einen guten Witz gemacht.
    Mein Thema? Mein Thema ist, wie ich diese Woche im Büro überstehe, ohne bekloppt zu werden! So weit kommt es noch, dass ich hier von meiner toten Beziehung erzähle und damit ein Tratschthema frei Haus biete. Nix gibt’s!
    Meine Ruhe will ich haben, im Urlaub drei Wochen relaxen und Abstand gewinnen. Von allem. Und das Ganze bitteschön ohne Mutti! Ihre im Prinzip gute Absicht ist für mich die denkbar schlechteste Idee! Junge, wer kümmert sich denn jetzt um dich? Hey, ich bin 35, Windeln wechseln war früher mal. Andererseits – sie ist eine tolle Mutter, absolut. Mit ihr zum Asia-Imbiss zu fahren, das wäre ja auch kein Thema, aber gleich bis nach Asien?
    Was für ein Glück, dass das alles viel zu kurzfristig ist. Umbuchung, Visum und Gedöns, das kann doch gar nicht mehr klappen, nie und nimmer! Endlich ein Lichtschimmer an diesem düsteren Tag.
    Trotzdem – ich sollte ganz sichergehen, damit ich mir keine Vorwürfe machen muss. Wie gut, dass meine geröteten Augen durchs Telefon nicht zu sehen sind. Nervös tippe ich die Nummer der Reiseagentur ein, bereits nach dem zweiten Freizeichen wird abgenommen.
    » Guten Tag, ja, ich hab da mal ’ne Frage. Sagen Sie, es ist doch sicher völlig unmöglich, noch einen Teilnehmer der Gruppe nach Vietnam … startet schon diesen Sonntag, ganz genau … quasi auszutauschen?« Ich senke meine Stimme noch weiter. » Wissen Sie, meine Begleitung, die fährt nicht mit.«
    » Ihr Name?« Die Angestellte scheint im Computer nach dem richtigen Ordner zu suchen.
    » Andi Gerken.«
    » Wie heißt denn Ihre neue Begleitung?«
    » Ja, nee … namenlos. Ich meine, mich interessiert das mehr so theoretisch.«
    » Das ist kein Problem für uns, wir sind bei Umbuchungen gerne unkompliziert. Oh, ich sehe gerade … das ist bereits geändert worden.«
    » Was? Was ist geändert worden?« Mein Kollege schaut herüber, weil ich meine Befürchtung zu laut ausgesprochen habe.
    » Ihre vorherige Mitreisende wurde vor etwa einer Stunde ausgetragen.«
    » Kim fährt also nicht mehr mit?«
    Ganz schön mies, wie eilig sie es

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