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Muscheln für Mutti: Roman (German Edition)

Muscheln für Mutti: Roman (German Edition)

Titel: Muscheln für Mutti: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Dörr
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Tentakeln seines Körpers herum. Unversehens imitieren uns einige jugendliche Asiaten. Den Slapstick-Stil mit hochgeworfenen Armen und Beinen halten sie wohl für den neuesten westlichen Trend.
    » Hey, Antje«, schreie ich gegen die Boxen an, » ob sich die Moves durchsetzen und bald auch in Europa Mode werden?«
    » Mal drauf achten«, ruft meine Schwester zurück. » Ich hoffe nicht!«
    Anstrengend ist er schon, mein neuester Trend. Puh. Meine schlingernden Gliedmaßen treten den geordneten Rückzug an und sind wieder bewegungsbequem, als ich mich am Rand der Tanzfläche ausruhe.
    » Gut, ihr habt also schon mal angefangen.« Jana steht neben einem Pfeiler aus Spiegelglas.
    » Hi, ja.«
    Plötzlich ist auch Antje bei uns. » Cool, dass du noch gekommen bist«, lacht sie Jana an und zeigt auf mich. » Übrigens, er ist das Original!«
    Und damit huscht sie zurück zu Vera und Walter. Ich grinse ihr hinterher.
    » Was meint sie, Andi?«
    » Äh, Familieninterna.«
    Das Blitzlicht blendet mich brutal. Unverhofft tauchen Menschen aus dem Disconebel vor uns auf wie Außerirdische aus einer Moorlandschaft. Direkt vor uns bleiben sie stehen und lächeln wie auf Kommando. Weitere Fotoapparate werden ausgelöst. Ein ungewöhnlich dicker Asiate auf zu kurzen Beinen löst sich aus dem Pulk und hält uns die ausgestreckte Hand hin.
    » Hm, was ist das denn für ein Ritual?« Ich bin total baff. » Halten die dich für einen Hollywoodstar?«
    » Keine Ahnung, was die wollen.« Auch Jana scheint überrascht.
    » Go away, I’m her bodyguard, go away!« Drastisch zu werden gefällt mir, ich bin dann immer auf die Reaktion der anderen gespannt.
    » Congratulations!«, knarrt die Stimme des Behelfsbuddhas.
    Eigenartige Reaktion.
    » Herzliche Glückwunsch zu die hunderttausendste Besucher von unsere Hoteldisco!«
    » Sie meinen sie, richtig?« Ich lege kurz den Arm um Jana, so als wollte ich ihr voller Stolz gratulieren. Wieder blitzen die Fotoapparate.
    Jetzt sollte ich abhauen, das ist wirklich keine Situation für mich. Ab durch die Mitte! Nee, geht nicht, da steht der Dicke, und er hat seine Ansprache noch nicht beendet.
    » Pärchen! Hunderttausendste Mann mit Frau in unsere schöne Haus!« Die Vietnamesen hinter ihm klatschen. Ich bin doch kein Pärchen, der lügt doch.
    » Die verwechseln mich, Jana. Ich hol schnell Sven.«
    » Der liegt schon im Bett. Nun warte doch mal ab.«
    Wieder wirft sich der Hotelhobbit in Pose und schüttelt nun ausdauernd unsere Hände.
    » Haben gewonnen …«
    » Einen Urlaub in Vietnam? Nee, ne?« Ich blicke Jana ratlos an.
    » Psst!«
    » … zwei freie Tickets für schöne Bootstour. Morgen!«, beendet der füllige Anführer seine Rede.
    » Toll.« Ich blicke Jana noch ratloser an. » Bist du einverstanden, wenn die uns das in Freibier aufwiegen?«
    Sie drücken mir eine Art Urkunde mit einer aufgemalten »100 000« in die Hand und Jana zwei Karten.
    » Sehen morgen uns!« Der Hotelhobbit lacht breit und zieht mit seiner Truppe ab, zurück in den Nebel. Einige Sekunden verharren wir schweigend, dann zuckt Jana mit den Schultern.
    » Tja, irgendwie witzig.«
    » Wie kommen die darauf, dass wir ein Pärchen sind?«, frage ich.
    Auf einmal steht Antje wieder bei uns. Grinsend.
    » Was?«, sage ich argwöhnisch, ja lauernd.
    » Das mit dem Pärchen, tja, kleiner Tipp von mir.«
    » Du hast …?«
    » Leute!« Walter kommt panisch angelaufen.
    Hat man denn hier nie die Zeit, etwas verarbeiten zu können?
    » Vera ist zum Tanzen aufgefordert worden. Von einem 18-jährigen Vietnamesen! Die sehe ich doch nie wieder. Polizei, Kidnapping!«, schreit er aufgeregt gegen die Boxen an.
    Seine Irritation löst sich 15 Minuten und drei Lieder später in Luft auf, als der junge Asiate Vera zu Walter zurückbegleitet und sich zum Abschied verneigt. Erleichtert wird er von Walter umarmt.
    » Danke, mein Junge.«
    » Und ich?«, fragt Vera.
    » Du hattest deinen Spaß.«
    Gemeinsam gehen wir die Discotreppe hoch zum Ausgang. Walter tippt den Mann am Eingang an.
    » Tschüss Türsteher, ich war ja auch mal Ladenhüter.«
    » Aber dann habe ich mich erbarmt und ihn geheiratet«, lächelt Vera und schiebt ihren Mann weiter.
    Auf dem Weg ins Hotel ist mir ganz schwindelig. Das kommt davon, wenn man alles durcheinandertanzt.

Sonntag, 8. Februar
    KARAOKE SHOWDOWN C
    Im Bad pfeife ich vor mich hin. Dabei weiß ich gar nicht, ob mir danach ist. Fühle ich mich wirklich unbeschwert? Es kann ja unmöglich sein, dass ich

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