Muscheln für Mutti: Roman (German Edition)
wieder Lust auf eine leckere Pizza, denn nach Fisch und Reis fühlt sich mein Magen so leer an.
Im angenehm einlullenden Schatten schlittert mein Blick hinaus aufs Meer. Wenn meine Exfreundin diese Farbschichten sehen könnte, wie sie vom Sand übers Wasser in den Himmel aufsteigen. Tja, irgendwie passend zum Urlaub, in dem ich mein blaues Wunder erlebe.
Sven kauft einem Mädchen, das uns an den Tischen mit einem Bauchladen anspricht, einige Ketten und Armbänder aus Bambus ab.
» Für gute Freundinnen.«
Nachtigall, ick hör dir trapsen … nee … trampeln! Er, er ist der Hallodri! Aber das hat Jana natürlich gerade nicht mitbekommen.
Nachdenklich schlendere ich durch den Sand, der an meinen nackten Füßen pappt wie Paniermehl am Schnitzel. Ein paar schöne kleinere Muscheln und eine große, die ganz eigentümlich geschwungen ist, hebe ich auf. Die sind für Muttis Aquarium. Von einem Campingplatz kommen einheimische Jugendliche herübergelaufen.
» Where are you from?«
» Woher, ich? Germany.«
» Ah, Germany good! Are you married?«
» No.«
Ich verheiratet, guter Witz. Wer will mich denn?
Guck an, offenbar die Vietnamesinnen. Flink haben sie untereinander eine »Braut« erkoren, die mich keck angrinst.
» Linh is a beautiful girl. Want to marry her?«
Wie reizend. Ich lächle zurück, tue jedoch so, als sei ich zu alt für sie. Was schon etwas geflunkert ist, ja, allerdings auch höflich gemeint. Denn die Auserwählte ist nicht gerade das prächtigste Förmchen im Sandkasten. Immer wieder zeigen sie mir mit Zeige- und Mittelfinger lachend ein »V«. Wofür das wohl steht? Victory? Vietnam? Verlobung!?
Das Reiswerfen bei der Hochzeit würde sicherlich Stunden dauern. Um meine ungeniert lächelnde »Verlobte« nicht zu düpieren, rede ich mit Händen und Füßen auf sie ein.
» My dreamgirl, äh, she is irgendwo in the world. Why not in Vietnam, but vielleicht in the Schweiz. My Exfreundin … problem, you know. My dreamgirl is nice … dingens … ich kenne sie noch nicht, but I think she likes me … quasi … and I like to kiss her, too.«
Die jungen Vietnamesen geben mir das Gefühl, mich zu verstehen, und sind dabei so freundlich, dass ich fast ein schlechtes Gewissen bekomme, ihre »Braut« nicht zu heiraten.
Hoffentlich bin ich nicht der erste Deutsche, den sie treffen, sonst müssten sie glatt weitererzählen: »Er war schlaksig, eigenartig und seine rote Haut pellte sich.«
Ja, und in der Hand trug »er« Muscheln für Mutti.
» Bye bye.« Ich verabschiede mich und laufe auf versandeten Füßen zurück.
Beim Vergleich im Bus bin ich zufrieden: In dieser Bucht habe ich die größte Muschel gefunden. Na also, geht doch, ich bin wieder auf der Siegerstraße!
Mutti bedankt sich und verstaut sie liebevoll in ihrem Rucksack.
300 Kilometer Tagesetappe, gähn. Meinen Krimi habe ich fast durchgelesen. Endlich sind wir am Ziel in Nha Trang, einer kleinen Stadt am Meer, die auch von asiatischen Pauschaltouristen gerne gebucht wird.
Leider kann ich nicht direkt unter die Hoteldusche, weil wir erst noch einen Turm besichtigen müssen. Po Nagar Cham heißt der, so steht es jedenfalls auf den Miniatur-Ausgaben der Souvenir-Stände. Das Original soll vom 7. bis 12. Jahrhundert bewohnt gewesen sein. Aha, gelesen – und schon wieder vergessen. Im Nachmittagslicht glänzen die Backsteinwände goldgelb wie frische Brötchen. Wirklich jetzt, ich will duschen. Eine Gruppe alter Frauen kniet in grauen Gewändern vor der Eingangspforte, mit gefalteten Händen wippen sie unentwegt mit ihren Köpfen nach vorne und murmeln Unverständliches. Wenn ich nicht wüsste, dass sie beten, würde ich sagen: Die haben sich beim Yoga verturnt.
Ja, das gefällt ihr. Im strandnahen Hotel feiert Jana vor der Rezeption erneut eine Organisations-Orgie, bei der sie uns mit erhobenem Zeigefinger warnt: » Legt Reisepass und Geld in die Zimmertresore! Hier wird geklaut. Taschendiebe und Sex-Angebote gibt es an jeder Ecke. Seid bloß vorsichtig!«
Uuuh, gefährlich. Wenn ich hier eine Frau wollte, hätte ich das Girl am Strand an die Hand genommen und – zack – mit in den Bus bugsiert. Nur, so bin ich einfach nicht drauf. Ein Kölner Kumpel von mir, der sieht das flexibler. Der findet auch den Ausdruck »Affären« ungeeignet, nennt das lieber » sich überlappende Liebesinteressen«. Einmal hat er weit nach dem zehnten Bier philosophiert: » Nichts gegen eine Freundin. Aber damit distanziert man sich viel zu sehr von
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