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Mustererkennung

Mustererkennung

Titel: Mustererkennung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Gibson
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auch noch irgendwas mit Werbung
    macht, wenn Cayce auch nicht recht dahintergekommen ist,
    was.
    Der Markt liegt etwas abseits der Straße, in einem Labyrinth aus viktorianischem Backstein.
    Lagerhäuser, vermutet sie, und unterirdische Stallungen für
    die Pferde, die früher die Lastkähne die Kanäle entlanggetreidelt haben. Sie ist sich nicht sicher, ob sie je bis auf den Grund des Labyrinths vorgedrungen ist, obwohl sie schon oft hier war.
    Voytek geht voraus, sie passieren folienverhangene Stände mit Kleidern von Verstorbenen, Filmplakaten, Vinylplatten, russischen Weckern, Accessoires für Raucher aller möglichen Substanzen außer Tabak.
    Tiefer unten im Labyrinth, wo es kein Sonnenlicht gibt, nur
    Lavalampen und Leuchtstoffröhren in unüblichen Farben,
    finden sie Magda, die, abgesehen von den Wangenknochen,
    keinerlei Ähnlichkeit mit ihrem Bruder hat. Klein, hübsch,
    hennarot, in ein miederartiges Oberteil geschnürt, das aussieht wie aus einem Piloten-Druckanzug recycelt, ist sie fröhlich dabei, ihre Ware zusammenzupacken und ihren Stand zuzuma—chen.
    Voytek fragt sie etwas in ihrer Muttersprache, die Cayce
    nicht identifizieren kann. Magda antwortet lachend.
    »Sie sagt, Männer aus Frankreich kaufen en gros«, erklärt
    Voytek.
    »Sie spricht ziemlich gut Englisch«, sagt Magda zu Cayce.
    »Ich bin Magda.«
    »Cayce Pollard.« Sie geben sich die Hand.
    »Casey ist auch in der Werbung.«
    »Vermutlich nicht so wie ich, aber erinnert mich bloß nicht
    dran«, sagt Magda, während sie den nächsten Hut in Seidenpapier einschlägt und zu den anderen in einen Karton legt.
    Cayce macht sich daran, ihr zu helfen. Magdas Hüte könnte
    Cayce tragen, trüge sie je Hüte. Ausschließlich grau oder
    schwarz, gestrickt, gehäkelt oder mit einem Seemannspfriem
    aus dickem Industriefilz genäht, sind sie zeitlos und markenfrei.
    »Die sind hübsch.«
    »Danke.«
    »Sie sind in der Werbung? Was machen Sie?«
    »Cool aussehen, in Clubs oder Bars gehen und Leute anquat—
    schen. Dabei erwähne ich dann ein bestimmtes Produkt, positiv natürlich. Bei alldem versuche ich aufzufallen, die Leute positiv zu beeindrucken. Ich mache das noch nicht lange, und es gefällt mir nicht besonders.«
    Magda spricht wirklich gut Englisch, viel besser als Voytek, was Cayce wundert. Sie sagt aber nichts.
    Magda lacht. »Ich bin wirklich seine Schwester«, sagt sie,
    »aber unsere Mutter hat mich hierher gebracht, als ich fünf war, Gott sei Dank.« Sie packt den letzten Hut weg, macht den Karton zu und übergibt ihn Voytek.
    »Sie werden dafür bezahlt, daß Sie in Clubs gehen und Produkte erwähnen?«
    »Die Firma heißt Trans.« Sie buchstabiert es. »Läuft anscheinend sehr gut. Ich studiere Modedesign, muß mich irgendwie über Wasser halten, aber das wird mir wohl doch ein bißchen zu viel.« Sie läßt eine ramponierte Plastikfolie herunter, zum Zeichen, daß ihr improvisierter Stand geschlossen ist. »Aber gerade habe ich zwanzig Hüte verkauft! Darauf müssen wir was trinken!«
     
    »Du bist in einer Bar, was trinken«, sagt Magda, als sie alle drei, jeder mit einem Glas Lager vor sich auf dem Tisch, in der dunkel lackierten Ecke eines Pubs sitzen, in dem es schon ziemlich lautstark zugeht.
    »Ich weiß«, sagt Voytek defensiv.
    »Nein! Ich meine, du bist in einer Bar, was trinken, und jemand neben dir fängt ein Gespräch an. Jemand, der dir gefallen könnte. Alles total nett, ihr unterhaltet euch, und die-oder derjenige, wir haben auch Männer, erwähnt dieses tolle neue Streetwear-Label oder diesen genialen Film, den sie oder er gerade gesehen hat. Nur eine kurze, positive Erwähnung, ver—stehst du? Und weißt du, was du dann tust? Das ist das, was ich daran nicht ausstehen kann: Weißt du, was du dann tust?«
    »Nein«, sagt Cayce.
    »Du sagst, du findest das Label oder den Film auch toll! Du
    lügst! Zuerst dachte ich, das machen nur die Männer, aber die Frauen tun es auch! Sie lügen!«
    Cayce hat bereits von dieser Art Werbung gehört, in New
    York, aber sie ist noch nie jemandem begegnet, der tatsächlich damit zu tun hatte. Sie war schon soweit gewesen, das Ganze für ein Gerücht zu halten. »Und dann nehmen sie das mit«, spinnt sie den Faden fort, »diese positive Erwähnung, assoziiert mit einem attraktiven Angehörigen des anderen Geschlechts. Jemandem, der sich irgendwie für sie interessiert hat, den sie angelogen haben, um einen guten Eindruck zu machen.«
    »Aber sie kaufen Jeans?« fragt Voytek

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