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Mustererkennung

Mustererkennung

Titel: Mustererkennung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Gibson
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Recht-ecke. Nach dem zu urteilen, was sie von Prions Mund sehen kann, scheint die Wirkung des kosmetischen Toxins längst nachgelassen zu haben. Er lächelt nicht, aber wenn er’s täte, dann vermutlich symmetrisch. Voytek erklärt ihm leise etwas, die Stirn in Konzentrationsfalten gelegt.
    Ein reizbar aussehendes Mädchen mit rotgeränderten Augen
    und knallrotem Lippenstift wedelt ihr mit einer Speisekarte vor der Nase herum und zeigt brüsk auf einen Tisch weiter hinten.
    Als Cayce sitzt, bestellt sie, ohne sich mit der Speisekarte ab-zugeben, Kaffee, Spiegeleier und gebratene Wurst, alles in ihrem besten miserablen Französisch.
    Das Mädchen sieht sie angewidert an, als wäre Cayce eine
    Katze, die einen besonders ekelhaften Haarball hervorwürgt.
    »Na, gut«, sagt Cayce leise zum entschwindenden Rücken des
    Mädchens, »häng du nur die Französin raus.«
    Aber ihr Kaffee kommt und ist ausgezeichnet, wie auch die
    Eier und die Wurst, und als sie fertig gefrühstückt hat und
    aufblickt, sieht sie, daß Voytek herüberguckt. Prion ist verschwunden.
    »Casey«, erinnert er sich, wenn auch falsch.
    »Das war doch Billy Prion, oder?«
    »Kann ich kommen zu dir?«
    »Bitte.«
    Er klappt ein Notizbuch nach dem anderen zusammen und
    steckt es sorgsam in seine Umhängetasche, kommt dann an
    ihren Tisch.
    »Ist Billy Prion ein Freund von dir?«
    »Er besitzt Galerie. Ich brauche Raum, für Ausstellung von
    ZX 81-Projekt.«
    »Ist es fertig?«
    »Ich sammle immer noch ZX 81.«
    »Wie viele brauchst du denn noch?«
    »Viele. Und auch Sponsoren.«
    »Ist Billy auch ein Sponsor?«
    »Nein. Du arbeitest für große Firma? Sie wollen hören über
    mein Projekt?«
    »Ich bin Freelancer.«
    »Aber du bist hier zu arbeiten?«
    »Ja. Für eine Werbeagentur.«
    Er rückt die Tasche auf seinem Schoß zurecht. »Saatchi?«
    »Nein. Voytek, weißt du was über digitale Wasserzeichen?«
    Er nickt. »Ja?«
    »Steganographie?«
    »Ja?«
    »Was bedeutet es, wenn etwas, sagen wir mal, ein Segment
    eines digitalisierten Videos, mit einer Zahl markiert ist?«
    »Ist sichtbar, die Zahl?«
    »Normalerweise nicht, glaube ich. Versteckt?«
    »Das ist Steganographie, Verstecken von Wasserzeichen.
    Mehrstellige Zahl?«
    »Vielleicht?«
    »Kann sein Code, den Wasserzeichen-Firma an Kunden liefert. Firma verkauft an Kunden stego-verschlüsseltes Wasserzeichen und Mittel, es zu verstecken. Man kann in Netz suchen nach diese Zahl. Wenn Raubkopien von Bild oder Video gemacht wurden, sieht man bei Suche.«
    »Du meinst, mit Hilfe des Wasserzeichens kann man die
    Verbreitung eines bestimmten Bildes oder Videoclips verfolgen?«
    Er nickt.
    »Wer macht das, das Markieren?«
    »Dafür gibt Firmen.«
    »Ließe sich ein Wasserzeichen zu einer bestimmten Firma
    zurückverfolgen? So eine Zahl?«
    »Wäre nicht gut für Sicherheit von Kunden.«
    »Könnte man denn ein verborgenes Wasserzeichen aufspü-
    ren oder herauslesen? Ohne daß man den Code kennt oder
    weiß, wer ihn dort angebracht hat, oder sich auch nur sicher ist, daß er überhaupt da ist?«
    Voytek denkt nach. »Schwierig, aber könnte gehen. Hobbs
    weiß solche Dinge.«
    »Wer ist Hobbs?«
    »Du hast kennengelernt. Mann mit den Curtas.«
    Cayce erinnert sich wieder an den Mann mit dem boshaften
    Beckett-Gesicht, den dreckigen Fingernägeln. »Ach, ja? Woher weiß er so was?«
    »Mathematik. Trinity, Cambridge, dann Arbeit für Vereinig—
    te Staaten. NSA. Sehr schwierig.«
    »Die Arbeit?«
    »Hobbs.«
     
    Der Kinderkreuzzug schwillt an diesem sonnigen Morgen
    wieder an.
    Sie steht mit Voytek in der Aberdeen und sieht sie vorüber—
    ziehen. Sie wirken in diesem Licht staubig und mittelalterlich.
    Schlurfen nicht gen Bethlehem, sondern gen Camden Lock.
    Voytek hat jetzt eine Sonnenbrille mit kleinen runden Glä-
    sern auf. Sie erinnert Cayce an die Münzen auf den Augen eines Toten.
    »Ich muß treffen Magda«, verkündet er.
    »Wer ist das?«
    »Schwester. Sie verkauft Hüte, an Camden Lock. Komm.«
    Voytek fädelt sich in den Menschenstrom ein, schleusenwärts.
    »Samstag verkauft in Portobello, am Modemarkt. Sonntag
    hier.« Cayce folgt ihm, formuliert in Gedanken Fragen zum
    Thema Wasserzeichen.
    Die Sonne über dem Geschiebe wirkt beruhigend, und bald
    schon sind sie an der Schleuse, angeschwemmt von einem
    Strom von Füßen, der für die Milliardenumsätze im Sportschuh-Business verantwortlich ist.
    Voytek hat angedeutet, daß Magda nicht bloß Hüte entwirft
    und herstellt, sondern

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