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Mut für zwei: Mit der Transsibirischen Eisenbahn in unsere neue Welt (German Edition)

Mut für zwei: Mit der Transsibirischen Eisenbahn in unsere neue Welt (German Edition)

Titel: Mut für zwei: Mit der Transsibirischen Eisenbahn in unsere neue Welt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Malchow
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neugierig an seinem Windelpopo geschnuppert. Dann hatte er zu seiner großen Verärgerung ein Glas Orangensaft umgeworfen, was ein komplettes Umziehen meines Sohnes erforderlich machte. Beim vierten Missgeschick wollten die Cornflakes einfach nicht auf den Löffel, und das ergatterte Messer, das ich ihm wieder abnahm, war Nummer 5. Tröster Nummer 6: Der Keks wollte sich nicht durch die Stuhllehne pressen lassen. Zumindest nicht in einem Stück. Beim siebten Mal war der Schnuller nicht zu finden, zumindest nicht schnell genug. Und Nummer 8: Die Windel war voll, aber Levi wollte sie nicht hergeben. Sich hinlegen und nicht rumkrabbeln können: Neinneinnein.
    Beim Abendessen hielt er es nicht wirklich lange auf meinem Schoß aus: Die Treppe zu unserem Zimmer musste 48 391-mal erklommen werden – und Mama musste aus irgendeinem Grund mit gebücktem Rücken danebenstehen. An den Rest des Tages konnte ich mich nicht mehr erinnern, aber so schwer, wie mein Körper sich anfühlte, musste da noch einiges mehr gewesen sein. Denn: Das, was ich da gerade aufgeschrieben habe, reicht doch nicht, um erschöpft zu sein. Oder?
    Ich kümmere mich doch nur um Levi. Während wir durch Sibirien reisen.
    Hmmmm.
    Zahlreiche Bemerkungen kommen mir in den Sinn, die ich, als ich noch nicht Mutter war, über Mütter habe fallen lassen, die erschöpft mit einer Apfelschorle in der Sonne im Sandkasten des Biergartens saßen und sich mit anderen Müttern über den Stress der Kinderbetreuung unterhielten. Damals dachte ich: Ihr sitzt doch nur in der Sonne, was soll das Gejammere.
    Jetzt spätschäme ich mich dafür. Jetzt weiß ich: Ein Acht-, Zehn- oder Zwölfstunden-Arbeitstag mit Feierabendbier ist nicht halb so erschöpfend wie 24 Stunden mit einem Baby.
    Und es ist nicht die faktische Anstrengung. Levi ist ja nicht anstrengend für mich. Es macht viel Spaß, mit ihm Zeit zu verbringen, ihn zu beobachten. Mit ihm zu spielen, ihm beim Laufenlernen zu helfen. Er ist eine riesige Glücksquelle.
    Und ich denke, dass es auch nicht an der Reise liegt. Aber woran liegt es dann? An der permanenten Alarmbereitschaft? Ich scanne die Umgebung: Gibt es Gefahren für Levi oder Spielmöglichkeiten? Isst Levi etwas Unverdauliches? Zieht er einem Hund am Schwanz, der ihn beißen könnte?
    Oder an der Art der Interaktion zwischen Levi und mir? Ich möchte immer alles geben. Ich möchte die Tage mit ihm nicht nur irgendwie rumbekommen. Ich möchte nichts mit ihm einfach nur machen, abwickeln oder gut organisieren. Ich möchte alles mit ihm erleben, was möglich ist. Ich mache bei ihm keine halben Sachen. So wie eigentlich nie in meinem Leben. Wenn wir spielen, bin ich 100-prozentig konzentriert und bei ihm. Wenn er weint, leide ich mit. Wenn er vor Freude mit den Füßen strampelt, könnte ich heulen vor Glück.
    Das Leben mit Levi schenkt mir eine neue Form der Intensität. Und die scheint ohne Pausen zu erschöpfen.
    Bei jedem Job kann ich mal eine Kaffeepause einlegen oder einfach mal fünf Minuten aus dem Fenster schauen. Bei Levi geht das nicht. Bei ihm kann mein Kopf einfach nicht abschalten. Muss ich das vielleicht lernen?
    Ihn kann ich nicht bis morgen liegen lassen, wenn mir nichts mehr einfällt oder ich keine Lust mehr habe. Die Höhen und Tiefen eines Alltags mit Arbeit, Sport, Freunden sind für mich gestaltbar. Levis Höhen und Tiefen brechen völlig unvermittelt über mich herein. Und während mich noch das schlechte Gewissen plagt, irgendetwas falsch gemacht und somit zu seinem Wutausbruch beigetragen zu haben, lacht Levi schon wieder fröhlich in die Welt. Levi gibt den Takt vor, nicht ich.
    Und das scheint nicht leicht für mich zu sein: das Ruder aus der Hand zu geben. Muss ich lernen, im Rahmen seines Rhythmus meinen Takt zu finden? Gibt es eine entspannte Koexistenz zwischen ihm und mir, die uns beiden ermöglicht, ein spannendes und entspannendes Leben zu führen: zusammen und auch jeder für sich?
    Puh.
    Bin ich müde.
    Irgendwo habe ich mal gelesen, dass Fremdbestimmung eine der Hauptursachen für Burn-out sei. Vornehmlich leiden daher nicht die erfolgreichen Unternehmer und Manager darunter, sondern eher die Angestellten an der Unternehmensbasis. Je weniger Entscheidungsspielraum, je weniger Freiraum der Job einem lässt, desto höher die Wahrscheinlichkeit, in eine seelische Sackgasse zu geraten.
    Bedeutet eine liebevolle Kinderbetreuung automatisch die Aufgabe oder zumindest starke Einschränkung der Selbstbestimmung? Oder gibt

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