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Mut für zwei: Mit der Transsibirischen Eisenbahn in unsere neue Welt (German Edition)

Mut für zwei: Mit der Transsibirischen Eisenbahn in unsere neue Welt (German Edition)

Titel: Mut für zwei: Mit der Transsibirischen Eisenbahn in unsere neue Welt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Malchow
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Shoppingviertel ein derartiger Markt identische Ware zu einem Bruchteil des Preises anbieten darf. Scheinbar geduldet von den echten Marken? Und immer wieder muss ich einen zunehmend müde werdenden Levi vor den Massen chinesischer Menschen schützen, die ihn vor Begeisterung aufschreiend begutachten oder in die Wange zwicken. Viele machen Fotos.
    Als Levis Kopf auf seine Brust sinkt, merken auch wir, dass eine Pause nicht schaden kann. Wir folgen einer Empfehlung unserer Lunchfreunde: ein Café auf dem Dach des Stahlgebäudes, in dem Apple die neueste iPad-Version verkauft. Und fliegende Händler die Replicaversion direkt davor. Durch den nachmittäglichen Dunst sind die gegenüberliegenden Hochhäuser nur schemenhaft zu erkennen. Die wattige Luft trägt den Trubel der Straße davon. Das Hotelzimmer entwickelt enorme Anziehungskräfte.
    Levi wacht auf und hat Hunger. In dem Moment merke ich, dass auch mir etwas Essbares nicht schaden könnte, und so bestellen wir zu unserem Weißwein reichlich von der international geprägten Karte. Voller Energie genießen wir noch bis spät in den Abend hinein den poppigen Plastikcharme dieses am Reißbrett entworfenen Viertels. Wir fühlen uns wie am Puls der Zeit.
    Völlig erschöpft gebe ich Levi seine Gute-Nacht-Flasche und bedanke mich bei ihm. Für den Tag. Für die Offenheit, die er uns aufgedrängt hat. Die Kontakte, die er für uns geknüpft hat. Dieser mittlerweile elf Monate alte kleine weise Mann.
    Durchgeschüttelt
    Das echte Peking, so wie es einmal war und bald verschwunden sein wird, können wir in den Hutongs erleben, verrät uns das Internet. Die engen Gassen und traditionellen Wohnhöfe, geformt aus einstöckigen Gebäuden aus graubröckeligem Stein, locken uns mit dem Versprechen auf geruhsames Schlendern, Pausen unter Schatten spendenden Bäumen, Essen in kleinen chinesischen Nudelbuden.
    Der Taxifahrer, der die ersten zwanzig Minuten unserer Fahrt voller Zuversicht war, hat auf einmal keine Ahnung mehr, wo wir eigentlich hinwollen. Die Diskussion darüber scheitert an einer nicht vorhandenen gemeinsamen Sprache. Die Unklarheit über das Fahrziel kompensiert der Fahrer damit, dass er seine scheppernde Blechbüchse ohne Gurte für die hinteren Ränge so richtig ausfährt und immer dann eine Vollbremsung hinlegt, wenn er einen Laut, den Markus oder ich von uns geben, als »Halt« interpretiert. Ich bin damit ausgelastet, Levi zu sichern, und Markus gibt mittels iPhone den Wegweiser. Die Hitze im Auto steigt, und nach einer Stunde Schnitzeljagd durch Pekings dichten Verkehr steigen wir zu unser aller Erleichterung aus dem Taxi aus.
    Durch die engen, durchaus schattigen Gassen dieses Hutongs pressen sich Luxuslimousinen und Mittelklasseautos mit chinesischer Besatzung. Alle fünf Meter bietet ein Rikschafahrer mit Nachdruck eine Rundfahrt an. Wir laufen ein wenig herum und finden zwischen den zahlreichen geführten Gruppen, Souvenirshops, Menschen, die uns mit in Plastik eingeschweißten Bildern von geleeig glänzenden Speisen mit Untertiteln in schlechtem Englisch in neonbeleuchtete Restaurants reinlotsen wollen, und penetranten Rikschafahrern nicht die ersehnte Stille. Und schon gar nicht ein Gefühl des echten Pekings.
    Oder?
    Mein Hirn signalisiert Flucht, und so laufe ich planlos in irgendeine Richtung und erlange mein Bewusstsein erst wieder, als ich in einem steinmauergefassten Garten mit Blick auf einen See stehe. Dicht gefolgt von Markus mit Levi auf den Schultern und Schweiß auf der Stirn. Rote Lampions hängen von den Dächern des verschachtelten Gebäudes und in den Bäumen des Gartens, und nur einer der fünfzig Tische ist besetzt. Mit einer chinesischen Familie.
    Wir zeigen nach dem Zufallsprinzip auf fünf Gerichte in der rein chinesischen Karte.
    »Viel«, signalisiert die Kellnerin.
    »Dann bringen Sie uns einfach, was Sie empfehlen«, versuche ich die nette Kellnerin mit meinen während der Reise perfektionierten Kenntnissen der internationalen Zeichensprache dazu einzuladen, uns zu überraschen und zu verwöhnen. In freudiger Erwartung einer Geste der Art »Lass mich mal machen« ernte ich nur ein Achselzucken, einige fast geschriene chinesische Sätze und falle enttäuscht zurück auf unsere ursprüngliche Bestellung.
    »Drei der fünf Gerichte sind bestimmt chinesische Spezialitäten, die unsere Mägen eh nicht vertragen!«, wiederhole ich die hinter unserer Bestellung liegende Strategie mehr für mich selbst.
    Nach einer Stunde geht kein

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