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Mut für zwei: Mit der Transsibirischen Eisenbahn in unsere neue Welt (German Edition)

Mut für zwei: Mit der Transsibirischen Eisenbahn in unsere neue Welt (German Edition)

Titel: Mut für zwei: Mit der Transsibirischen Eisenbahn in unsere neue Welt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Malchow
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Paar vom Nebentisch: »Verändert sich das Leben durch ein Baby eigentlich stark?«
    Das preisgekrönte Künstlerdorf Song Zhuang
    Eigentlich weiß ich es ja: Die Haupttouristenattraktionen begeistern mich meistens nicht. Und wenn es nur daran liegt, dass es schwer ist, sie durch die Massen an Menschen richtig zu sehen. Zu spüren. Ich mag keine Menschenmassen, schon gar nicht touristische. Also: kein Platz des Himmlischen Friedens, keine Verbotene Stadt, kein Temple of Heaven. Und auch keine Pekingente im berühmten Dadong Roast Duck -Restaurant.
    Ich fühle mich erleichtert. Nur ein leises schlechtes kulturelles Gewissen. Aber aufgrund meiner Reiseerfahrung tröste ich mich selbst: Das für mich echte, spannende Peking versteckt sich nicht zwingend in den von den Massen als Hauptattraktion titulierten Orten. Auch wenn ein grundsätzliches Ablehnen von Hauptattraktionen das Leben ärmer machen würde – man denke nur an eine Flussfahrt auf dem Mekong bis nach Chau Doc, den Potalapalast in Lhasa oder den ersten Blick auf den Machu Picchu, wenn der Morgennebel sich langsam hebt. Den Louvre in Paris oder die Casa Milà in Barcelona. Aber darum geht es gerade nicht. Diese Suche nach dem sogenannten Echten, Ursprünglichen führt oft genug dazu, dass jemand Museumsdörfer baut und kitschigen Plunder davor verkauft.
    Wichtiger, als den gemeinhin als echt akzeptierten Ort zu suchen, ist mir, Orte zu finden und Menschen zu begegnen, die sich für mich echt anfühlen. Echt und gut. Echt gut halt.
    Für mich fühlt es sich gut an, in Peking in einem spanischen Restaurant voller Chinesen und Expatriates italienischen Rotwein zu trinken. Hingegen mit einer Horde Touristen aus aller Welt Pekingente in einem nach touristischem Geschmack dekorierten Ambiente zu mir zu nehmen nicht.
    Und überhaupt: Es geht um unsere Mission und nicht darum, sinnfrei Sightseeing zu betreiben. Es geht darum, meiner Intuition zu folgen. Und mir ist nach anregender Entspannung. Nach Bäumen, die Schatten spenden, nach Sonne, die durch die Blätter funkelt, nach Menschen, die irgendwie anders sind. Nach Kunst. Nach Kreativität.
    Was die Pariser Umgebung für die Impressionisten war, sind die Dörfer nördlich und östlich von Peking für die chinesische Kunstszene heute. Doch keines kann mit Song Zhuang mithalten, empfiehlt der Wallpaper-Reiseführer auf der letzten Seite. Bilder von Künstlerdörfern mit Shabby-Chic-Charme steigen in mir auf. Ich sehe Bäume, deren im Wind zitternde Blätter das Licht tanzen lassen. Ich spüre eine spannend-entspannende Atmosphäre und entscheide: Genau das machen wir!
    Da wir nach dem gestrigen Tag eine Pause von den öffentlich zugänglichen Taxi- und Rikschafahrern brauchen, organisiert uns das Hotel den Transport.
    »Was für ein Auto bevorzugen Sie?«, fragt der Hotelangestellte.
    »Eines mit Gurten auf den Rückbänken, die lang genug sind, um Levis Maxi-Cosi festzuschnallen«, versuche ich einen Witz und bleibe unverstanden. Also tippe ich auf eine günstige Kategorie, ein chinesisches Auto, und staune nicht schlecht, als ein Maserati Quattroporte vorfährt. Ein Hotelangestellter versucht sich daran, Levis von der Reise befleckten Sitz in dem edlen Lederinterieur zu befestigen.
    »Chinesische Autos sind heute nicht mehr verfügbar«, lacht er. »Alle Gäste wählen immer die günstige Kategorie!«
    Nach 45 Minuten Fahrt zeigt der Fahrer auf eine Halle und fragt: »Yes?«
    »Nooooo!«
    Wir stehen am staubigen Rand einer vierspurigen vielbefahrenen Straße mit trashig wirkenden Shops und halb verfallenen neonbeleuchteten Gebäuden an ihren ausgefransten Rändern. Kein Hauch von Künstlercharme, wie ihn Reiseführer und Internet versprachen. Also weiter.
    Kurz darauf der nächste Stopp. Fingerzeig, Kopfschütteln, weiter.
    Der Infopoint hat eine Karte des Künstlerdorfes, und somit ist schnell klar: Wir sind schon mittendrin. Der kreative Ort besteht aus zwanzig Künstlerdörfern, hundert Galerien und zwanzig Museen. Verteilt auf 116 Quadratkilometer. Zunehmend von offizieller Seite inspiriert.
    Verloren steuern wir ein Café an. Stilecht gibt es nur Chips und Popcorn. Und alkoholfreie Getränke mit Schirmchen und kunstvoll verknoteten Strohhalmen.
    »Viele Galerien haben gerade geschlossen oder werden renoviert«, erklärt Song Li, die Besitzerin des Cafés. Ihr Sohn sitzt an einem der Tische und macht Hausaufgaben. Ihr Mann, ein Künstler, ist gerade beim Angeln.
    »Die meisten Menschen kommen in organisierten

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