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Mutiert

Mutiert

Titel: Mutiert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Hefner
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er sich auf sein bevorstehendes Examen in pflanzlicher Biochemie vor. In sechs Wochen war es so weit, und Pieter war ein eifriger und sehr pedantischer Mensch. Niemand in seinem Studiengang zweifelte daran, dass er eine herausragende Leistung abliefern würde. Deshalb hatten ihm auch schon einige Institute, allen voran das Max-Planck-Institut, einen Arbeitsplatz in der Forschung angeboten. Die Zukunft für Pieter erschien rosig, denn Spitzenkräfte wurden immer gebraucht und vor allem meist gut bezahlt. Als Sohn einer Lehrerfamilie aus der ostflandrischen Provinz um Zulte hatte er es mit seinen wissenschaftlichen Ambitionen anfangs nicht einfach gehabt. Schließlich erwartete die gesamte Familie, dass er die Tradition im Hause Lansberg weiterführen und so wie sein Vater und auch schon sein Großvater das Lehramt anstreben würde.
    Doch Pieter hatte sich schon seit frühester Kindheit für die Natur und die Pflanzenwelt interessiert und den Drang verspürt, einen Blick hinter die Kulissen zu werfen. Wenn die Nachbarskinder auf der nahe gelegenen Wiese Fußball spielten, dann lag er auf seinem Bett und las biologische Fachbücher oder beobachtete die heimische Flora und Fauna.
    Pieter war ein schlanker, großgewachsener junger Mann, dem ein paar Pfund mehr auf den Rippen nicht geschadet hätten. Er spielte Badminton und joggte, sofern es sein Studium zuließ, wie alle Studenten im nahen Stadtpark. Doch in den letzten Tagen hatte er kaum Zeit dafür. Seit vorgestern plagten ihn heftige Halsschmerzen, die trotz der homöopathischen Pastillen nicht abklingen wollten. Kopf- und Gliederschmerzen waren gestern hinzugekommen, und ausgerechnet heute sollte ein wichtiges Thema behandelt werden. Weil er sich ein Fehlen nicht leisten konnte, hatte er den Arztbesuch auf morgen verschoben. Doch gegen Mittag waren nun Schweißausbrüche und weitere Symptome einer offensichtlich hartnäckigen Erkältung hinzugekommen, und er hatte sich kurzerhand entschlossen, nach Hause zu gehen und sich erst einmal hinzulegen. Noch bevor er jedoch den Ausgang des Universitätsgebäudes erreicht hatte, krümmte er sich unter heftigen Schmerzen zusammen. Ein plötzlicher Krampf traf ihn mit voller Wucht, und er musste sich am steinernen Geländer festhalten.
    » Geht es Ihnen nicht gut?«, fragte ein älterer Herr, der ihm auf der Treppe entgegenkam.
    » Es … es geht schon«, stammelte Pieter. Schweißperlen liefen ihm über die Stirn. Nur verschwommen erkannte er das Gesicht des Professors aus der Fakultät der Rechtswissenschaften.
    » Sie sehen nicht gut aus«, bemerkte der Professor, als er Pieter ins Gesicht blickte.
    » Ich … ich komme …«, weiter kam Pieter nicht. Erneut wurde er von einem heftigen Krampfanfall gepackt, laut stöhnend sank er zu Boden. Der Professor sprang hinzu und griff nach ihm, dennoch stürzte Pieter die Stufen hinab. Regungslos blieb er auf dem kalten Steinboden liegen. Blut lief ihm aus einer Platzwunde am Kopf über die Stirn.
    Acampamento dos infectados nahe Urucará, Amazonasgebiet
    Als der Pilot der EMB 110 nach Osten einschwenkte, das Gas wegnahm und die Landeklappen ausfuhr, warf Luisa durch das Seitenfenster einen Blick nach draußen. Unter ihr glitzerte das schwarze Wasser des Amazonas, dahinter tauchten die Dächer einiger Häuser auf. Boote lagen an den Anlegestegen. Im Hintergrund nahm sie am linken Fensterrand mehrere grüne Zelte wahr.
    » Also gut, wir sind da«, rief ihr Professor Sander zu. » Rücken wir diesen kleinen Biestern auf den Leib.«
    Sander sprach in seinen Vorträgen gerne von kleinen Biestern, wenn er über Viren redete, auch wenn es wissenschaftlich nicht korrekt war.
    » Drei Aufgaben liegen vor uns«, fuhr er fort. » Wir müssen unseren Feind isolieren, identifizieren und dann den Wirt ausfindig machen, damit wir eine Chance haben, ein geeignetes Mittel gegen ihn zu finden. Und dann jagen wir ihn dahin zurück, woher er gekommen ist.«
    Luisa lächelte. Aus Sanders Mund erschien alles so martialisch. Aber im Grunde genommen hatte er Recht. Hier tobte eine Schlacht, und sie waren die Geheimwaffe in diesem Krieg. Sie mussten all ihr Wissen und ihre detektivischen Fähigkeiten einsetzen, um die Herkunft des zerstörerischen Feindes zu ermitteln. Dazu gehörte es zuallererst, den Indexfall ausfindig zu machen, um Rückschlüsse auf das Wirtstier ziehen zu können. Gegen viele dieser Killerviren gab es noch immer keine geeigneten Mittel. Es gab zwar Virenhemmer und Immunstimulatoren,

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