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Mutter bei die Fische

Mutter bei die Fische

Titel: Mutter bei die Fische Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marie Matisek
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eingeholt. Denen werde ich einheizen.« Er holte sein Handy hervor und wählte eine Nummer. Dann überzog ein breites Lächeln Harms’ Gesicht. »Max? It’s me, Harms. Got a job to do for you and don’t worry about the money, hahaha …«
    Falk beobachtete seinen Vater, der sich umgedreht hatte und sehr geschäftig ein paar Schritte mit dem Handy umherwanderte. Er ging nun viel weniger gebeugt, sondern hatte das Kreuz durchgedrückt und schritt mit weit ausholenden Schritten einher, anstatt zu schlurfen. Falk musste schmunzeln. Harms war ein Unikat, ein Lebenskünstler, einer, der es schaffte, immer den Kopf oben zu behalten. Falk fragte sich, was er von seinem Vater geerbt hatte und vor allem: was er davon weitervererben würde.
    Â»Mit dir hab ich noch ein Hühnchen zu rupfen!«, riss ihn die dröhnende Stimme Hubert von Boisterns aus seinen Überlegungen. Überrascht drehte Falk sich um und sah den fetten Hundertkilobauch auf sich zurollen. Hubsi trug wieder mal Festtagskluft, also weißer Stetson und weiße Cowboy-Boots mit goldenen Applikationen.
    Â»Wieso, was habe ich denn jetzt wieder verbrochen?«, fragte Falk belustigt, der sich keines Verbrechens schuldig fand. Hubsi war nun bei ihm angelangt und legte einen Arm um Falks Schulter. Als er zudrückte, glaubte Falk seine Knochen knacken zu hören.
    Â»Ich dachte, wir sind Freunde«, begann Hubsi das Gespräch, und dabei schob er seine fette Unterlippe schmollend nach vorne und blickte Falk mit treuherzigem Hundeblick an.
    Â»Das sind wir doch auch, Hubsi.« Falk versuchte sanft, den Klammerarm von seiner Schulter zu schieben, aber von Boistern war hartnäckig.
    Â»Und warum verkaufst du dann dein Land, ohne mit mir zu sprechen?« Hubsi hatte noch immer den Kleine-Jungen-Tonfall, aber dem Druck seines Ringerarmes auf Falks Schultern nach zu urteilen, war er ernsthaft böse.
    Â»Hä?« Falk schüttelte den Kopf. »Spinnst du? Wovon redest du?«
    Â»Immoscout«, flötete Hubert von Boistern ganz unschuldig. »Ich habe die Anzeige gesehen. 8000 qm Dünenland auf Heisterhoog gegen Gebot – wer soll das denn sonst sein? Du Könner.« Nun hatte Huberts Ton alles Süßliche verloren und war schneidend geworden.
    Harms hatte das Telefonat mit seinem New Yorker Anwalt offenbar zu seiner Zufriedenheit beendet und kam breit grinsend auf sie zugeschlendert.
    Â»Ich weiß echt nicht, wovon du redest«, meinte Falk, doch ihn beschlich eine zwar kleine, aber umso bösere Ahnung.
    Â»Ist ’ne Telefonnummer dabei, wir können ja mal anrufen«, gab Hubert schneidend zurück. »Ich habe sie extra gespeichert.« Demonstrativ drückte er auf seinem Smartphone herum.
    Harms stand nun neben Falk und breitete die Arme aus. »Mein Junge!«, hob er salbungsvoll an. »Es ist Zeit, Abschied zu nehmen.« In diesem Moment klingelte etwas in seiner Hose.
    Hubsi guckte irritiert erst zu Falk, dann zu Harms, dann auf Harms’ Hosentasche.
    Harms guckte zu Falk, dann zu Hubsi, dann holte er sein Telefon heraus. »Hallo?«
    Hubert sagte ebenfalls »Hallo?«, dann sahen sich die beiden Männer verständnislos an.
    Falk verdrehte die Augen nach oben und schüttelte den Kopf. »Papa, du bist das Letzte. Mach, dass du auf die Fähre kommst.«
    Harms, der nichts verstanden hatte, packte seine Sachen, hob irritiert die Hand zum Gruß und ging in Richtung Fähre.
    Falk sah ihm nach. Er sah, wie der graue Schopf von Harms zunächst auf der Aurora verschwand und später auf dem zweiten Deck wieder auftauchte. Falk hob seine Hand und winkte. Er winkte so lange, bis die Fähre am Horizont verschwunden war und mit ihr aller Ärger, alle Ängste und alle offenen Fragen an das Leben. Zurück an der Mole blieb Falk Thomsen, der glücklichste Mann im ganzen Wattenmeer.

Epilog
    Als Falk spürte, dass seine Zehen unangenehm zu prickeln begannen, versuchte er, sie zu bewegen. Zunächst zaghaft, denn der kiloschwere Sand verhinderte allzu großen Spielraum. Doch je mehr er wackelte, desto lockerer wurde die Masse um ihn herum. Falk fand, dass es eigentlich Zeit war, wieder aus dem Sand, in den sie ihn eingegraben hatten, herauszukommen. Ob sie ihn wieder ausbuddeln würden? Er blinzelte in die Sonne und drehte den Kopf hin und her, aber er konnte seine Familie nirgendwo entdecken. Vermutlich waren sie vorne am Wasser und hatten

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