Mutter der Monster
als wüsste sie nicht, was sie als Nächstes tun sollte. Buffy deutete mit dem Kopf auf Willows leeren Hocker.
»Setz dich.«
Suz ließ sich auf dem Hocker nieder. Ihr war deutlich anzusehen, dass sie noch immer um ihre Selbstbeherrschung kämpfte. Buffy überlegte, wie sie am besten den Ball ins Rollen bringen sollte, und wünschte sich, sie würde sich nicht 38
wie eine Briefkastentante vorkommen. In dieser Hinsicht war sie nicht gerade eine Expertin.
»Also, Suz«, sagte sie. »Was ist los?«
»Es geht um meine Freunde«, begann Suz, um dann zu verstummen. Sie presste ihre Lippen zusammen, als hätte sie Angst, mitten im Bronze in Schluchzen auszubrechen.
Okay, dachte Buffy. Sie konnten ruhig ein Frage-und-Antwort-Spiel veranstalten, wenn das Suz zum Reden bringen würde. Buffy mochte Fragen. Fragen waren gut. Solange sie nicht zu der Sorte gehörten, die ihr in Mathearbeiten gestellt wurden.
»Du glaubst, dass sie in Schwierigkeiten sind?«, fuhr sie fort.
Diesmal schluchzte Suz Tompkins tatsächlich. Nur ein Mal.
Es war ein rauer, verzweifelter, einsamer Laut. Im nächsten Moment holte sie tief Luft und bekam sich wieder unter Kontrolle.
»Das könnte man so sagen«, erwiderte sie und richtete ihren gequälten Blick auf Buffy. »Ich glaube, dass sie sterben werden.«
39
4
In dem großen weißen Haus, das einsam auf dem Hügel über der Stadt thronte, bereiteten sich Webster und Percy auf einen Auftritt als böse kleine Vampirjungs vor.
Ihre Mama hatte sie vor ihrer Neigung zu ungestümen Ausbrüchen gewarnt. Sie hatte ihren Söhnen geraten, diese zu unterdrücken. Schließlich waren sie zu Besserem erzogen worden. Einen Gentleman erkannte man schließlich daran, dass er sich nie von seinen niederen Instinkten beherrschen ließ.
Aber Mama war auch die Erste, die für das zeitweilige Ungehorsam ihrer Söhne Verständnis aufbrachte. Sie führte es auf das Alter zurück, in dem ihre Kinder verwandelt wurden und das sie nun auf ewig beibehalten würden. Sie waren damals fünfzehn gewesen. Ein Alter, das von übersprudelnden Hormonen geprägt war.
Webster und Percy waren sich allerdings nicht so sicher, ob sie überhaupt noch Hormone hatten, was auch immer das war.
Aber sie wussten, dass es Zeiten gab, in denen es besser war, ihrer Mama nicht zu widersprechen.
Mama hatte sie auch noch vor etwas anderem gewarnt. Sie hatte sie gewarnt, nicht zu früh wieder auf Jagd zu gehen. Es ging ihnen gut in Sunnydale, besser als jemals zuvor. Es hatte keinen Sinn, sich durch Gier alles zu verderben.
Webster und Percy hatten folgsam genickt, um zu zeigen, dass sie verstanden hatten. Aber im Geheimen hatten sie bereits eigene Pläne geschmiedet. Sie hatten längst ihr nächstes Opfer ausgewählt. Schon seit fast einer Woche waren sie hinter dem Mädchen her. Sie hatten sie sogar ein oder zwei Mal einen Blick auf sie erhaschen lassen. Nicht lange genug, um ihr einen deutlichen Eindruck zu vermitteln. Aber gerade lange genug, um sie wissen zu lassen, dass das Gefühl, verfolgt zu werden, 40
keine Einbildung war. Dass ihr Verstand ihr keinen Streich spielte. Sondern jemand anders.
Percy und Webster hatten es genossen, dass sich das Mädchen ständig umblickte. Dass sie Angst hatte, allein durch die Straßen zu gehen. Sie hegten die Vermutung, dass sie lange und schnell rennen würde, angetrieben von ihrer Furcht. Die Vampirbrüder konnten nur noch daran denken, die Sache zu Ende, sie zur Strecke zu bringen.
Sie wollten nicht länger warten. Sahen keinen Grund dazu.
Nun, Mama hatte es selbst gesagt, nicht wahr?
Jungs sind nun mal Jungs.
»Komm, Webster«, flüsterte Percy, als er sein Bein aus dem Schlafzimmerfenster steckte, um an einem vor dem Fenster stehenden Apfelbaum nach unten zu klettern. »Mal sehen, ob draußen jemand ist, der spielen will.«
Hinter ihm gab Webster ein schrilles Lachen von sich.
»Außer uns, natürlich.«
Buffy hatte Suz Tompkins ein Glas Wasser geholt und dann staunend verfolgt, wie das andere Mädchen einen großen Schluck genommen, ein Kleenex aus ihrer Tasche gefischt und es eingetunkt hatte, um sich mit dem feuchten Tuch den Lidschatten abzuwischen. Ohne ihr Make-up sah Suz viel jünger aus. Viel verletzlicher.
»Also, was ist deiner Meinung nach passiert?«, fragte Buffy mit gesenkter Stimme.
Während Buffy das Wasser für Suz geholt hatte, hatte eine zweite Band die Dingoes abgelöst. Und zwar eine von der gesellschaftskritischen Sorte. Auf der Bühne des Bronze
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