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Mutter des Monats

Mutter des Monats

Titel: Mutter des Monats Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gill Hornby
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ebenfalls ihre Idee gewesen, die Altklei… ups, Vintage-Mode, vorher noch einmal schnell durchzuwaschen, weil sie sich dann besser verkaufte. Und Bea hatte die anderen auch dazu animiert, alle Sachen gemeinsam bei ihr zu Hause zu waschen. Darauf hatten sie sich schon so gefreut. Doch leider war Bea just am Morgen des vereinbarten Tages eingefallen, dass die Teppichleger kamen oder so was. War das nicht immer so? Letzten Endes hatten Heather und Colette Bea angeboten, das zu übernehmen. Doch ehrlich gesagt machte es weit weniger Spaß als erwartet.
    »Dieser Fleck da geht einfach nicht raus, ich habe schon alles versucht. Es lohnt sich nicht, das Teil noch mal zu waschen, oder?« Heather rieb an dem hartnäckigen Fleck auf einem verwaschenen Sweatshirt herum. Ihr kam immer wieder das Wort »Körpersäfte« in den Kopf. Hoffentlich war es nur Ketchup.
    »Also, Bea hat gesagt, je sauberer die Teile sind, desto höher ist der Preis.«
    »Ja, schon, aber …« Sie schuftete schon seit Stunden, und obwohl sich Heathers Eifer schon deutlich verringert hatte, konnte man das vom Inhalt des Müllsacks neben ihr nicht behaupten. Sie schob das schmuddelige Sweatshirt unter einen Haufen tropfnasser Kleidung und trug die Ladung zum Trockner.
    »Moment! Wolle gehört nicht in den Trockner. Das hat Bea uns doch erklärt. Wollsachen laufen ein.« Colette trug den vollen Wäschekorb zum Aufhängen in den Garten. Heather trottete hinterdrein. Vor der Serenity Wellness- und Schönheitsoase blieb sie stehen, drückte Hände und Nase ans Fenster und spähte hinein. Meine Güte, jetzt sieh sich einer das ganze Zeug an! Was in aller Welt treiben die denn da drin? Sie benutzte immer Enthaarungscreme oder den Ladyshave .
    »Hast du viele Kundinnen von der Schule?«
    »Das sind meine Hauptkunden, ja. Und jede hat ihr kleines Geheimnis.« Colette nuschelte ein wenig, weil sie sich Wäscheklammern zwischen die Lippen geschoben hatte. »Jede Brasilianerin in St. Ambrose …« Brasilianerinnen in St. Ambrose? Heather kannte keine Brasilianerinnen. Waren die nicht katholisch? »… ist auf diesem Tisch hier enthaart worden.«
    Brasilianerin, ach so! Heather hatte natürlich schon von Brazilian Waxing gelesen, es aber bis zu diesem Moment für ein Hirngespinst gehalten. Für sie gehörte das zu diesen schauerlichen Dingen, die sich kein vernünftiger Mensch wünschte, obwohl die Leute offenbar zu allem fähig waren. So wie Atomkrieg oder Kinderarbeit. Sie hatte reflexartig die Beine übereinandergeschlagen. Jetzt stand sie auf und watschelte, die Oberschenkel fest zusammengepresst, zurück in die Sicherheit der Küche.
    Dort stapelten sich immer noch die Müllsäcke, der Berg war nicht geschrumpft. »Colette? Meinst du, wir könnten mal ein Päuschen einlegen? Ich weiß, es gibt noch viel zu tun, aber …«
    »Na gut, überredet. Setz dich.« Sie stellte den Wasserkocher an und holte die Keksdose. »Ich weiß echt nicht, ob wir das schaffen.«
    »Müssen wir das denn überhaupt?«, fragte Heather.
    Colette blieb stehen. »Aber Bea hat gesagt …«
    »Ja, stimmt.« Sie fischte sich einen Schokokeks aus der Dose, »wie dumm von mir«, und tunkte ihn ein. »Und, gibt’s was Neues?«
    »Nur bei mir.« Colette warf einen koketten Blick über die Schulter und imitierte die Stimme von Dolly Parton. »Ich habe mir einen sehr netten neuen Mann geangelt.«
    »Wahnsinn, Colette! Mir ist schon aufgefallen, dass du heute besonders hübsch aussiehst. Du strahlst richtig. Kenne ich ihn?«
    »Also, wenn du versprichst, es keinem weiterzusagen …«
    Beide beugten sich weit über den Tisch und steckten die Köpfe zusammen. Heather hatte das Gefühl, vor Aufregung zu platzen.
    »Versprochen!«
    »… es ist – Tom!«
    Aha.
    Tom.
    Wer war Tom? Kannte sie einen Tom? Sollte sie ihn kennen? Colettes gespannte Miene sagte ihr, sie sollte. Tom. Tom. Tom – Fehlanzeige. Keine Ahnung.
    »Äh, Tom?«
    »Orchard! Tom Orchard!«
    Irgendwo fiel ein Groschen.
    »Der Rektor, du Dummchen!«
    »Ach so, der.« Tom? Nannte sie ihn schon beim Vornamen? »Du kommst aber schnell zur Sache.« Das passte irgendwie nicht, oder? Ein Rektor mit einer alleinerziehenden Mutter. Da hatte Bea bestimmt ein Wörtchen mitzureden.
    »Noch ist nichts passiert.« Colette zwirbelte die Kekspackung wieder zu und stopfte sie wieder in die Dose. »Aber du weißt schon, wie das ist, wenn man genau Bescheid weiß.«
    Nein, Heather wusste das nicht, und sie wusste auch nicht, woher sie das wissen sollte.

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