Mutter des Monats
gleichzeitig ein Gruppenexperiment durch. Mehr nicht. Aber jetzt hatte die gute alte Heather die Sache ins Dramatische überspitzt. Aus einem einfachen Scherz war etwas Besonderes geworden. Mit etwas Glück würde sie den bescheuerten Haufen vergiften.
»Was ist denn mit dir los? Lass mich raten: Die Geliebte von Chris hat Genitalwarzen? Oder hat Bea ihren Tony in Damenunterwäsche erwischt?«
»Hi, Georgina. Ja, hallo Hamish. Nein, soweit ich weiß, nicht. Warum?«
»Weil du ausnahmsweise mal lächelst. Und falls es dich interessiert, diejenigen unter uns, die zum Rachel-Mason-Überwachungsteam gehören, haben auf der Kummerkurve verdammt lange keinen positiven Wert mehr vermerkt.« Sie klopfte ihre Taschen ab. »Wo habe ich nur meinen Stift …«
»Ach, das liegt nur daran, dass heute Beas Mittagessen stattfindet. Jetzt tritt mein teuflischer Plan endlich in Kraft.« Rachel kicherte wie eine Hexe, dann wurde sie wieder ernst. »Leider werde ich das nicht miterleben.« Dann hielt sie inne. »Aber vielleicht könntest du ja …?«
»Nein!«, sagte Georgina nachdrücklich und ging weiter.
»Ach bitte. Könntest du deine Meinung nicht ändern und hingehen?«
»Nein«, sagte sie über die Schulter hinweg.
»Bitte, bitte!«
»Neihein«, trällerte sie und tänzelte in Richtung Parkplatz.
»Für mich?«
»Siehst du dieses Teil hier?« Georgina blieb stehen und deutete auf Hamish, der sie gebannt ansah. »Das hier wird von der Regierung als Vorschulkind bezeichnet. Es heißt so, weil es noch nicht in die Schule geht, dafür aber fast den ganzen Tag an seinen Eltern oder der zugeteilten Aufsichtsperson klebt. Aber beklage ich mich darüber? Nein. Weißt du, wie ich ihn nenne? Meine Ausrede. Seinetwegen muss ich nicht den ganzen Tag mit euch rumhängen. Verstehst du? Und darum werde ich mir ein weiteres Teil anschaffen, sobald dieses hier in die Schule geht. Damit ihr mir alle von der Pelle bleibt.« Sie knurrte – das tat sie wirklich –, nahm Hamish auf den Arm und machte sich davon.
»Hamish?« Rachel lief ihnen hinterher und änderte ihre Strategie. »Möchtest du heute vielleicht bei Tante Rachel bleiben, Mäuschen? Dann können wir Joshs Matchbox-Autos rausholen und eine Garage bauen. Würde dir das gefallen, mein Süßer?« Hamish wand sich wie ein kleiner Affe aus den Armen seiner Mutter und wechselte elegant den Platz.
»Jetzt mach schon«, sagte Rachel über den Kopf des Kindes hinweg. »Du wirst dich köstlich amüsieren. Es wird schön gruselig, wie bei einer Achterbahn.«
»Weißt du, was du bist? Echt armselig.«
»Genau.«
»Und ein Loser.«
»Kann sein.«
»Außenseiterin.«
»Na, das geht zu weit!« Rachel hob warnend den Zeigefinger. »Genau das bin ich nicht.« Sie legte Georgina den Arm um die Schultern und schob sie zum Parkplatz. »Ich habe lauter Freunde. Hier ist zum Beispiel mein Kumpel Hamish. Und Georgina Martin«, sie drückte sie fester an sich, »gib’s zu: dich habe ich auch.«
11 Uhr: Große Pause
Heather hielt vor Beas großem Einfamilienhaus und stellte den Motor ab. Nachdem das Schnurren ihres Hybridmotors verklungen war, herrschte Stille in der Sackgasse, doch Heather stieg nicht aus. Sie wollte nur ein bisschen allein hier sitzen und den Augenblick genießen. Unglaublich, dass die Mädchen nun schon sechs Jahre zusammen in einer Klasse waren. Maisie hatte Scarlett immer vergöttert, doch Heather war bis heute noch nie in Beas Haus gewesen. Sie wusste natürlich, wie es von außen aussah – den neuen Carport hatte sie allerdings noch nie gesehen –, weil sie ein paarmal vorbeigefahren war. Ein- oder zweimal. Obwohl das Haus in einer Sackgasse stand. Und zwar genau am Ende. Sie war kein Stalker oder so was, verbrachte aber eine Menge Zeit damit, über die Familie Stuart nachzudenken, und wollte eben einfach einen genaueren Eindruck gewinnen, in was für einem Haus sie sich die Familie vorstellen musste. Mehr nicht. Kein großes Ding.
Der Bau des Carports war letztes Frühjahr ein wichtiges Thema in Beas Leben gewesen, daran konnte Heather sich noch erinnern, denn damals hatten die Kinder Verkehrserziehung gehabt, und wenn sie früh genug da gewesen war, hatte sie sich ziemlich nah an Bea heranstellen können. Dabei hatte sie gehört, dass Bea immer wieder über die Bauarbeiter gesprochen hatte und so. Wenn sie es richtig verstanden hatte, war sich Bea wohl nicht ganz sicher gewesen, wie viel das Ganze kosten und wie sich der Anbau auf die Architektur des Hauses
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