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Mutter des Monats

Mutter des Monats

Titel: Mutter des Monats Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gill Hornby
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anhören musste. Gott, es ist echt anstrengend, immer höflich zu bleiben. Wie kann ein normaler Mensch das bloß schaffen?«
    »Ab jetzt gibt es einen Stundenplan. Schluss mit dem heillosen Durcheinander, wenn Chris einfach hereinspaziert, wann er will, und mit ihnen macht, was er will. Wir verständigen uns auf ein System und halten uns daran.«
    »Dieses Haus. Unglaublich!«, fuhr Georgina schaudernd fort. »Deppenapostrophe und überflüssige Ausrufezeichen, wohin man auch sieht. Du kennst meine Toleranzschwelle für solche Sachen, aber ich habe das Gefühl, du nimmst das gar nicht ernst.«
    »Tschuldige.« Endlich war Rachel wieder bei der Sache und grinste. »Erzähl, wie war’s? Haben sie sich endlich gegen die dumme Gans verbündet?«
    »Träum weiter. Alle haben gekocht und geschrubbt und sie bedient, während sie auf ihrem dicken, fetten Hintern saß …«
    »Na ja, dick und fett ist er nicht.«
    »Gut, dann eben auf ihrem mageren knochigen Hintern gesessen hat, ihnen praktisch Noten gegeben und am Ende auch noch Geld dafür verlangt hat. Fünfzehn Mäuse! Du schuldest mir fünfzehn Mäuse.«
    »Einverstanden. Aber ein bisschen sauer waren sie doch wohl auf sie, oder?«
    »Nö.« Georgina schüttelte resigniert den Kopf. »Friede, Freude, Eierkuchen, von Anfang bis Ende. Ich fürchte, wir müssen dein kleines Experiment für gescheitert erklären.«
    Sie führte die typischen Raucherhandgriffe aus, dann hob sie Hamish aus dem Buggy, der sich ohne aufzuwachen an ihren Hals kuschelte.
    »Das Schlimme ist, dass sie sie einfach anbeten.« Georgina strich ihrem Sohn rhythmisch über den Rücken, während sie laut weiterdachte. »Die benehmen sich wie die okkulten Mitglieder einer okkulten Sekte.« Sie summte die Anfangsmelodie von Akte X . »Eine okkulte Sekte für okkulte Mitglieder, die sich vorwiegend von Entenfleisch ernähren.«
    Sie warf Rachel einen besorgten Blick zu, stellte aber erleichtert fest, dass sie lachte. Nein, sie strahlte, beugte sich vor und wackelte seltsam mit den Fingern, als wollte sie jemanden grüßen. Sonderbar. Wie … ja, wie das okkulte Mitglied einer okkulten Sekte. Beim Blick in Rachels tiefbraune Augen musste Georgina an die gefühlten tausend Soufflés in ihrem Magen denken, und ihr wurde speiübel. Bäh! Zum Kotzen!
    »Hey! Hallo! Danke für die nette Einladung vorhin. War schön bei dir«, hörte sie Rachel sagen. Eine Unbekannte hatte sich zu ihnen gesellt. »Das ist meine Freundin Georgina, von der ich dir schon erzählt habe.«
    Georgina gab sich besonders widerborstig und wurde mit einem strahlenden Lächeln belohnt.
    »Georgina«, sagte Rachel stolz, »das ist Melissa.«
    »Sieh an, sieh an.« Langsam nahm die Lichtgestalt Konturen an. Georgina musste grinsen. »Hallöchen!« Komisch. Obwohl sie kaum was zu trinken bekommen hatte, fühlte sie sich plötzlich ganz wuschig im Kopf. In den Soufflés musste was drin gewesen sein.
    »Melissa ist gerade hergezogen, um hier als …« Rachel hielt inne, »… ja, was machst du eigentlich? Ich habe ganz vergessen zu fragen.«
    »Psychotherapie«, antwortete Melissa lächelnd. »Aber nur halbtags. Drüben im Krankenhaus.«
    »Aha! Jetzt verstehe ich, warum du hergezogen bist. Hier gibt’s massenweise Verrückte und Geisteskranke.«
    »Interessanterweise«, rezitierte Melissa, »finden die Bezeichnungen ›verrückt‹ und ›geisteskrank‹ schon seit Beginn des 20. Jahrhunderts keine professionelle Verwendung mehr …«
    Georgina war schwer beeindruckt. Melissa klang fast wie Doktor House. Brillant!

Der Winterball
8.50 Uhr: Vor Schulbeginn
    Wenn Heather sich nicht gerade abgewandt hätte, als Rachel den Hügel hinaufkam, wäre der Schock nicht so groß gewesen. Doch sie hatte sich zu Maisie hinabgebeugt und am Riemen ihres Ranzens herumgefummelt – immer fummelte und zupfte sie an irgendwas herum –, sodass Rachel sie erst richtig ansehen konnte, als sie schon dicht vor ihr stand: die neue Heather. Da stand sie, Heather Carpenter, ohne Brille, mit Kontaktlinsen und von Kopf bis Fuß in weiß gekleidet – und sie sah aus wie ein Schaf: blass, nervös, verletzlich. Rachel zuckte regelrecht zusammen.
    »Morgen.« Heather lächelte. »Fühlt sich komisch an. Komisch, aber klasse. Das erste Mal ohne Brille, seit ich in der Schule war. Das hätte ich auch schon früher machen können.«
    »Und warum ausgerechnet jetzt?« Die Mädchen waren schon vorausgelaufen und kicherten. Wahrscheinlich über einen Witz von Mr Orchard. Poppy

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