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Mutter des Monats

Mutter des Monats

Titel: Mutter des Monats Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gill Hornby
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könnte Joanna auch dazu bringen.
    Rachel ging den Hügel hinauf, die Mädchen fuhren mit ihren Rollern voraus. Heathers Mann hatte Maisie ohne weitere Erklärung noch vor der Schule bei ihnen abgeliefert. Wahrscheinlich machte Heather eine Bergwanderung oder ließ sich zum Skifahren auf den K 2 fliegen. Es war zwar nicht leicht, aber sie musste einfach damit klarkommen, dass Heather jetzt Vollzeitathletin war.
    Wenn sie ehrlich war, passte ihr die Stille ganz gut, denn es gab so viel, worüber sie nachdenken musste. Rachel hatte sich bis spät in die Nacht das Fotoalbum des alten Rektors angesehen und seine Memoiren dazu gelesen. Sie brauchte gar nicht so viele Einzelheiten, ein paar Informationen über das Schulgebäude und ein paar Kriegsveteranen waren genug für eine Skizze. Doch sie war fasziniert gewesen, hatte es einfach nicht mehr weglegen können. Ein Satz war ihr im Gedächtnis geblieben, eine Bemerkung, die Mr Stanley vor seinem Ruhestand gemacht hatte. Er sei so froh, hatte er gesagt, dass seine Kriegsverletzung seine zukünftige Karriere in London verhindert habe, denn so habe er das Privileg genossen, in seiner Geburtsstadt zu bleiben und eine Generation von Kindern in eine bessere Zukunft zu führen.
    Die Mädchen blieben stehen, warteten auf Rachel und passten sich, eins rechts, das andere links, ihrem Tempo an.
    »Ma-mi?«
    »Weißt du, Scarlett …«
    »… und Milo …«
    »… sie ist so gemein zu ihm.«
    »Aha«, sagte Rachel, die die ganze Geschichte geistig irgendwo vor Weihnachten geparkt und sich erst mal durch den dichten Verkehr ihres Alltags gekämpft hatte.
    »Wir haben Miss Nairn von den Orangen erzählt …«
    »Das mit den Orangen passiert jeden Tag.«
    »… und sie hat gesagt, Scarlett wolle doch nur nett sein, und sie könne niemanden ausschimpfen, nur weil er Orangen verteile.«
    »Jetzt wissen wir nicht mehr, was wir tun sollen.«
    »Moment mal.« Rachel blieb stehen, um sich besser konzentrieren zu können. »Halt, stopp. Welche Orangen? Von Orangen war bisher nie die Rede.«
    Georgina bog auf den Schulparkplatz, bremste scharf, riss die Tür auf und zerrte das erste Kind aus dem Wagen, das sie zu fassen bekam. Wenn man das tat, kamen die anderen meistens auch raus wie ein Wäscheknäuel aus der Waschmaschine – eigentlich separate Objekte, die sich vorübergehend verknotet hatten.
    »Jetzt aber dalli, dalli! Auf geht’s!« Sie trieb die Horde vor sich her in Richtung Schulhof.
    Clover, die am Schultor stand, trat einen Schritt zurück, um sie vorbeizulassen. »Na, na, Georgina! Du bist aber richtig spät dran.«
    Gerade mit dem Läuten der Schulglocke hatte sie auch das letzte Kind in seinem jeweiligen Klassenraum verstaut und war nun wieder auf dem Weg zu ihrem Auto.
    »Das wurde aber auch höchste Zeit.« Clover stand immer noch am Schultor, ein Bündel Lose in der Hand. »Bei dir wird es immer später. Das würde mich total nerven, immer auf die letzte Sekunde zu kommen. Du musst das echt in den Griff kriegen.«
    »Clover, verpiss dich!«, entgegnete Georgina höflich. Sie wollte sich an ihr vorbeischieben, aber Clover hielt sie auf.
    »Meine ja nur. Mich würde das ganz verrückt machen. So wie du zu sein. Nichts für ungut. Egal, ein Los für die Gourmet-Lotterie?«
    »Die was?«
    »Die Gourmet-Lotterie! Du weißt schon: Ganz viele Leute kochen ganz viele verschiedene Gerichte, alle anderen kaufen ein Los und schon hast du dein Abendessen. Ehrlich, Georgina. Was hast du eigentlich im Kopf. Wie konntest du das vergessen?«
    »Ja, nicht zu fassen.«
    »Genau. Kann ich dir ein Los verkaufen?«
    »Nein.« Georgina schnappte sich Hamish und trat den Fluchtweg an. »Nee, kannst du nicht.« Sie grinste breit. »Du kannst dich verpissen.«
    »Ich musste alles allein organisieren. War ja klar. Heather und Bea sollten mir eigentlich helfen, aber das geht ja jetzt nicht mehr.«
    Georgina war schon am Tor.
    »Genau.«
    Der Weg zum Parkplatz lag vor ihr.
    »Aber ich bin sicher, du hast es schon gehört.«
    »Jaha!«, rief sie fröhlich über die Schulter hinweg. »Ganz bestimmt.«
    Sie hatte keinen Schimmer, was Clover da faselte, und es war ihr auch herzlich egal. »Verpi-hiss dich, Verpi-hiss dich, Verpi-hiss dich«, sang sie leise zur Melodie des Lieds vom Bus und seinen Rädern.
    Heather fuhr mit starrem Blick vom Parkplatz. Sie war froh, dass sie keinem begegnet war, nachdem sie das Ganze doch schon so lange für sich behalten hatte. Man konnte ihr die Gefühle von den Augen

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