Mutter macht Geschichten
Willen von Mr. Brown zu tun, nicht wahr? Vor allem jetzt, wo er ihn ja nun – leider! – nicht mehr durchsetzen konnte. Und dann, eines Tages, als sie von einer Autobushaltestelle zur nächsten ging, stach ihr im Vorhof einer Garage zwischen den vielen Gebrauchtwagen ein blaßgelbes Auto ins Auge. Sie blieb bewundernd vor ihm stehen – es war einfach lächerlich billig! Ein reizender junger Verkäufer trat auf sie zu und zeigte sich sehr gefällig und entgegenkommend. »Ich kann alle notwendigen Formalitäten in wenigen Minuten für Sie erledigen«, sagte er, »und dann setzen Sie sich einfach ans Steuer und fahren los.« Was Elsie nach einem kurzen inneren Kampf auch tat.
Sie kam unbeschadet in ihrem blaßgelben Auto zu Hause an. Die Strecke war nur kurz und der Verkehr um diese Tageszeit nicht sehr stark und ach! dieses herrliche Gefühl, endlich wieder am Steuer zu sitzen. Zwar muckte ihr Gewissen noch einmal verzweifelt auf, aber sie beruhigte es, indem sie sich sagte, daß Mr. Brown doch bisher in seiner überirdischen Weisheit einsähe, daß ein reifer Autofahrer verläßlicher sei als ein unreifes Ding – das war doch nur logisch, oder?
Die realistische Jill dagegen sah es natürlich ganz anders. Sie rief voller Entsetzen: »Aber Mammi, wie konntest du nur!« Dann lachte sie: »Warum reg' ich mich eigentlich auf? Arme Mammi, es ist schließlich deine erste und einzige Extravaganz! Und du wirst nie den Führerschein schaffen.«
»Das brauche ich auch gar nicht«, triumphierte Elsie, »ich habe mir meinen alten Führerschein aufgehoben, und er ist noch gültig. Ich hab' immer gehofft, Vater würde eines Tages seine Meinung ändern.«
Dina meinte: »Der einzige Trost ist, daß du mit der scheußlichen alten Karre wenigstens nicht schnell fahren kannst.« James' einziger Kommentar: »Du hast dich übers Ohr hauen lassen.«
Es waren wunderbare Kinder, die besten auf der Welt, aber seit Mr. Brown diese Erde verlassen hatte, machten sie soviel Aufhebens um sie. Elsies Gewissen meldete sich schon wieder, als sie jetzt an den Wagen dachte, der vor dem Haus stand und nun auch in Ungnade gefallen war.
Der zweite Wunsch war ein eigener Hund. Vor langer Zeit, in Dooneen, hatte sie einen Collie besessen. Aber Mr. Brown fand, ein Hund gehörte nicht in die Stadt. Und dann eines Tages – beflügelt von dem Gedanken, daß sie schon eine Woche lang Auto fuhr, ohne daß der blaßgelbe Lack auch nur einen einzigen Kratzer abgekriegt hatte – ging sie zielbewußt aus dem Haus, um sich einen Hund zu kaufen. Es war fast so, als hätte der arme Mr. Brown nie existiert! Sie wußte genau, was sie wollte: einen süßen kleinen Pudel. Die sorgsam getroffene Wahl eines typischen Stadthündchens war eine Konzession an ihr Gewissen – und an Mr. Brown. Aber der Mensch denkt und Gott lenkt, und anstatt des Kompromiß-Pudels brachte sie Cucullan mit nach Hause.
Daß es eine göttliche Fügung gewesen war, daran gab es keinen Zweifel. Sie hatte, um schneller zur Tierhandlung zu kommen, eine schmale Gasse benutzt. Der Verkehrslärm von der Hauptstraße übertönte das Bellen und Jaulen, und so sah sie den jungen unglücklichen Hund erst, als sie ihm direkt gegenüberstand. Er war mit einem Strick an einen Laternenpfahl gebunden, und eine Gruppe Halbstarker bewarf ihn mit Steinen und Mörtelstücken von einer verfallenen Lagermauer. Elsie stürmte auf sie zu und schrie lauter als alle zusammen: »Hört sofort auf damit!«
Sie drehten sich zu ihr um. Es waren gefährlich aussehende Burschen und gleich fünf an der Zahl. Einer riet ihr, sich zum Teufel zu scheren. Erst jetzt fiel ihr wieder ein, daß Mr. Brown sie gewarnt hatte, allein durch diese Gasse zu gehen. Aber sie war froh, daß sie diese Warnung vergessen hatte. »Laßt sofort den Hund in Ruhe!«
»Den herrenlosen, stinkenden Köter meinen Sie? Wenn wir den nicht umbringen, verreckt er eh', Fräulein!«
Sie grinsten und stießen sich gegenseitig in die Rippen. Der Ordinärste von ihnen lachte dreckig und sagte: »Seid doch mal ruhig, Jungens. Vielleicht will die Dame das niedliche Hündchen kaufen. Es ist nämlich meiner, Fräulein. Ich geb'n billig ab.«
Auf fremde Hilfe zu hoffen war nutzlos, mit den fünf Burschen allein fertig zu werden unmöglich, darum sagte sie: »Reden Sie keinen Unsinn, aber ich geb' Ihnen ein Pfund, wenn Sie ihn in Ruhe lassen.« Es war die einfachste und beste Lösung für den Hund, aber eine sehr ärgerliche für sie selbst.
»Was, so
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