Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mutter, wann stirbst du endlich?: Wenn die Pflege der kranken Eltern zur Zerreißprobe wird (German Edition)

Mutter, wann stirbst du endlich?: Wenn die Pflege der kranken Eltern zur Zerreißprobe wird (German Edition)

Titel: Mutter, wann stirbst du endlich?: Wenn die Pflege der kranken Eltern zur Zerreißprobe wird (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martina Rosenberg
Vom Netzwerk:
meinem Traum ruft ständig jemand um Hilfe.
    Da mein Vater seit einiger Zeit immer wieder vergisst, die Haustür zu schließen, lassen wir einen automatischen Türschließer anbringen. Das ist zwar eine prima Idee, führt allerdings dazu, dass er sich des Öfteren ausschließt, wenn er nach draußen geht.
    So auch an diesem Morgen. Ich bin noch im Bad. Es ist halb sieben. Ich höre, wie die Haustür geöffnet wird und wieder ins Schloss fällt. Durch die Jalousie spähe ich nach draußen und sehe meinen Vater zum Briefkasten gehen. Er öffnet den Deckel, nimmt die Zeitung heraus und schlurft wieder zurück. Kurz darauf höre ich, wie unten an der Haustür gerüttelt wird. Aha! Er hat vergessen, den Schnapper zu entriegeln. Das Rütteln an der Haustür wird lauter.
    »Scheiße!«, entfährt es mir.
    Ich weiß, wenn er weiter so einen Krach macht, wird meine Mutter wach. Das bedeutet, dass sie ruft, und das Chaos ist perfekt.
    Ich wickle mich in mein Handtuch, rase nach unten und öffne die Tür. Am liebsten hätte ich meinem Vater sonst etwas an den Kopf geknallt. Aber er steht ganz eingeschüchtert da, wohl wissend, dass er unbedacht gehandelt hat. »Entschuldigung, Martina!«, murmelt er.
    »Kein Problem«, erwidere ich. Meine Wut ist schon wieder verraucht.
    »Bitte denk doch dran, den Türschnapper zu entriegeln, wenn du rausgehst«, bitte ich ihn. Ich zeige es ihm noch einmal an der Tür.
    »Jaja! Ich weiß schon«, antwortet er schon nicht mehr so freundlich.
    Kaum bin ich wieder im Bad, höre ich, wie er erneut nach draußen geht. Was macht er denn jetzt?, denke ich und sehe aus dem Fenster. Da geht er doch tatsächlich wieder zum Briefkasten, öffnet ihn, schließt ihn und geht zurück. Natürlich jetzt ohne Zeitung, denn die liegt ja schon in der Wohnung. Doch dieses Mal hat er den Schnapper umgestellt, denn ich höre, wie er ins Haus kommt. Kopfschüttelnd ziehe ich mich an und frühstücke mit meiner Familie.
    »Bin mal gespannt, ob das jetzt ein Dauerzustand wird«, raune ich meinem Mann zu.
    »Was meinst du denn?«, fragt er.
    Jens hat offenbar nichts mitbekommen. Ich erzähle ihm kurz, was passiert ist, habe aber für ein längeres Gespräch keine Zeit mehr. Lena muss zum Zug, der sie zur Schule bringt. Wir sausen also nach unten, wie fast jeden Tag viel zu hektisch. Und da geht die Wohnungstür schon wieder auf.
    »Guten Morgen«, brummelt mein Vater.
    »Hallo, Opa!«, ruft Lena.
    Sie freut sich immer, ihren Großvater zu sehen. Die beiden haben ein besonders inniges Verhältnis. Obwohl ich sehen kann, dass er sehr schlecht gelaunt ist, ringt er sich ein Lächeln für Lena ab. Er läuft mit uns nach draußen, aber ich will gar nicht sehen, wo er hinläuft. Ich gehe schnurstracks in die Garage zu unserem Auto, steige ein und lege den Rückwärtsgang ein. Ein Blick in den Rückspiegel erspart mir eine Katastrophe. Mein Vater steht mitten in der Einfahrt und schleicht in Richtung Briefkasten. Ich warte, bis er die Einfahrt freimacht, und fahre dann vorsichtig raus.
    »Mann! Das war knapp!«, sage ich zu meiner Tochter.
    Mein Vater hat mich an diesem Morgen schon ziemlich Nerven gekostet. Auf dem Weg zur Arbeit überlege ich, wie ich die Sache mit der Tür ändern kann.
    In der darauffolgenden Woche kommt der Schlosser und baut uns einen Drehknopf ein. So kann der Schnapper immer unten bleiben, denn die Tür wird von innen mit dem Drehknopf geschlossen. Wenigstens sperrt mein Vater sich jetzt nicht mehr aus. Doch seine Unruhe wächst mit jedem Tag. Offenbar wacht er schon gegen sechs Uhr auf, denn von halb sieben bis zu dem Zeitpunkt, an dem wir aus dem Haus gehen, rennt er mindestens fünfmal zum Briefkasten.
    »Warum macht Opa das?«, fragt Lena eines Morgens, während wir am Frühstückstisch sitzen und die Tür zum wiederholten Male zuknallt.
    »Keine Ahnung!«, fahre ich meine Tochter an. »Frag doch deinen Opa selbst!«
    Jens wirft mir einen warnenden Blick zu.
    »Vielleicht ist ihm langweilig«, versuche ich meine etwas harschen Worte abzumildern. »Er wartet auf Tessa, nehme ich an.«
    Die Pflegerin beginnt erst um acht Uhr mit ihrem Dienst. Aber die zwei Stunden bis dahin entwickeln sich zu einem echten Problem. Wir werden auch hierfür eine Lösung finden müssen, denke ich.
    Gemeinsam mit Lena gehe ich aus dem Haus. Mein Vater steht schon in der Einfahrt und geht mit uns zum Garagentor.
    »Guten Morgen!«, rufen wir ihm fröhlich zu.
    »Alles okay bei dir?«, frage ich, während ich ins Auto

Weitere Kostenlose Bücher