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Muttergefuehle

Muttergefuehle

Titel: Muttergefuehle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rike Drust
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behandelt wird, und ich bin dankbar für meine Selbstbeherrschung, die mich vor unangemessenen Reaktionen schützt. Zum Beispiel wenn die Tageseltern erzählen, dass mein Sohn gerade viel haut oder an den Haaren reißt, und andere Eltern das auch noch bestätigen. Dann bin ich wirklich kurz davor, wie eine Vierzehnjährige beleidigt im »Guck dich doch selber an«-Stil zurückzuschießen.
    Dass ich für das Wohl meines Kindes wirklich zum Tier werden kann, hat mir ein Vorfall mit meiner Schwiegermutter gezeigt. Sie ist vor einigen Monaten in ihrer Wohnung kollabiert, als der Mann, der Sohn und ich gerade zu Besuch bei ihr waren. Der Mann und ich dachten, sie stirbt, und mussten uns sehr schnell, ohne auf das Kind zu achten, um Erstversorgung beziehungsweise um einen Notarzt kümmern. Mein Sohn musste alles mit ansehen und stand wie gelähmt in seiner kleinen Winterjacke da und schrie immer wieder »Nein! Nein! Nein!«. Bis heute erzählt er die Geschichte in seinen drei kleinen Worten immer wieder, und bis heute hat er Angst vor seiner Oma.
    Erschreckend an dieser Geschichte ist, dass ich noch immer nicht in der Lage bin, Mitleid für meine Schwiegermutter zu empfinden. Eigentlich bin ich sogar fast ausschließlich wütend auf sie, weil mein Sohn ihretwegen Albträume, Angst und schlimme Bilder im Kopf hat. Davor, dass noch einmal so etwas passiert, beschütze ich ihn, indem wir die Oma nur noch sehen, wenn so viele Erwachsene da sind, dass sich im Kollapsfall gleichermaßen um Oma und Kind gekümmert werden kann. Als Ausgleich zu dieser eventuell etwas übertriebenen Maßnahme gucke ich dafür schnell weg, wenn ein anderes Kind meinen Sohn schubst oder ihm sein Spielzeug aus der Hand reißt. Meistens.
    Gute Löwenmutter, schlechte Löwenmutter:
    • Ich teile in Konfliktsituationen den Eltern des anderen Kindes mit, dass von mir aus niemand eingreifen muss, und versuche, mich strikt daran zu halten, zumindest so lange, bis die Kinder sich ernsthaft verletzen würden.
    • Schaffe ich es nicht, mich herauszuhalten, und beginne, meinem Kind zu erklären, dass »der Junge die Schaufel aber zuerst hatte«, mache ich einen Witz über mich und versuche, mich beim nächsten Mal nicht einzumischen.
    • Wenn andere mein Kind kritisieren, atme ich kurz tief durch, höre es mir ruhig an und reagiere erwachsen. Falls ich doch noch sauer bin, verschiebe ich mein albernes Gezicke auf später, wenn ich dem Mann davon berichte.
    • Merke ich, dass meinem Kind eine Situation zu viel wird, zum Beispiel bei Treffen mit vielen Menschen, die alle mit ihm spielen wollen, was ihn hektisch und überdreht macht, greife ich ein. Dann ist mir auch egal, wenn andere mich für eine Glucke halten. Ich kenne mein Kind am besten und kann es demzufolge auch am besten einschätzen.
    Ich will mein altes Leben zurück!
    Die Sehnsucht nach Saufen, Ausschlafen und Nichtstun.
    Es war einmal ein Bett, das wurde sehr geliebt. Es wurde viel und gern in ihm geschlafen, und die Frau, die das tat, ist nur aufgestanden, wenn es unbedingt sein musste. Heute ist mein Bett wie eine U-Bahn, ständig steige ich ein und wieder aus und mache nur zwischendurch ein paar kleine Nickerchen in Hab-Acht-Stellung, weil das Kind ja Angst, schlechte Laune, Durst oder den Schnuller verloren haben könnte ( FLASCHE UND SCHNULLER LIEGEN IM BETT, VERDAMMT!!! ).
    Es war einmal eine Wohnung, die sah genau so aus, wie sie sich ihre Mieterin vorgestellt hat. Sie verbrachte viel Zeit allein, hörte viel unterschiedliche Musik und trank Kaffee, der nirgendwo sonst so lecker war; sie lag ganze Tage auf dem Sofa und guckte fern. Heute habe ich ein mit Kugelschreiber vollgekriggeltes Ecksofa (!), von dem ich ständig aufstehen muss, weil das Kind entweder etwas will oder verdächtig ruhig ist. Dann trete ich auf Bauklötze und Benjamin-Blümchen-Gitarren und höre seit Monaten nur noch zwei Lieder: »They are bulding walls around us« von Moneybrother und »Windelfenpower« von Marco & die Elfenbande.
    Es war einmal eine Frau, über die sagte man respektvoll »Die kann was am Glas!«, sie hatte viele Piercings, eine große Klappe und stolperte regelmäßig morgens aus der Bar direkt in ihre Arbeitsstelle.
    Heute sind meine Tage so ausgeflippt wie eine Hausratversicherung, die Piercings trägt der Mann in seinem Portemonnaie spazieren, und wenn ich einen Rausch habe, dann höchstens, weil ich mich zu nah an die Leberwurstwindel meines Sohnes gewagt habe.
    Hilfe! Ich befinde mich im

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