Muttergefuehle
Tstststs.
Das kannst du nicht verstehen!
Die Arroganz gegenüber Kinderlosen.
Sind auf einer Party viele Gäste über dreißig, ist die Wahrscheinlichkeit sehr groß, dass sich die Gespräche ums Thema Kinder drehen. Eltern beginnen zu schwärmen und fragen die kinderlosen Partygäste, ob sie nicht auch langsam mal an Nachwuchs denken. Verneinen sie das, wird es knifflig. Haben sie vielleicht keinen Partner abgekriegt? Können sie keine Kinder kriegen? Oder sind sie etwa so egoistisch, dass sie keine Kinder wollen? Egal, in jedem Fall legt der stolze Elternteil seine Hand auf den Arm der Kinderlosen, schaut sie mitleidig an und nickt ein aufmunterndes »Das wird schon«.
Warum denken Eltern eigentlich so oft, dass ihr Lebensentwurf der einzig richtige ist? Das nervt mich. Keine Kinder zu haben, hat schließlich durchaus seinen Reiz. Ich zumindest war schon oft genug neidisch auf unsere kinderlosen Nachbarn, die ausschlafen, stundenlang in Ruhe frühstücken oder spontan wegfahren können, ohne für die Reise eine Spedition zu beauftragen. Und wenn das Kind auf offener Straße einen so schlimmen Wutanfall kriegt, dass er mir Haare ausreißt und alle glotzen, würde ich auch lieber nachwuchslos im Kino, in der Kneipe oder irgendwo sonst sitzen, wo mein Kind gerade nicht ist.
Aber in unserer Gesellschaft werden Kinderlose nun mal offiziell nicht beneidet, vielmehr stehen sie bei spät gebärenden Übereltern ganz oben auf der Liste der zu bekehrenden Personen. Noch immer habe ich nicht herausfinden können, wie diese Eltern zu der Überzeugung kommen, sie seien durch die Geburt ihres Kindes zu unfehlbaren Heiligen geworden, aber genau das lassen sie ständig heraushängen. Diese Übereltern mit allgemeingültigem Bildungsauftrag sind wirklich für alle die Pest. Sie lassen Kinderlose als egoistische Emotionskrüppel dastehen und verhalten sich in der Öffentlichkeit so großkotzig und selbstgefällig, dass mir öfter mal die Spucke wegbleibt. Mir selbst ist mal eine Mutter mit ihrem Kinderwagen in die Hacken gefahren, und zwar nicht, weil ich ihre Handtasche geklaut oder ihrem Baby die Nase umgedreht hatte, sondern einfach nur, weil ich im Weg stand. Als ich eine Entschuldigung forderte, guckte sie mich nur fragend an und schob weiter. Diese dämliche Zippe brachte mich tatsächlich dazu, genauso blöde Dinge zu denken wie die Mecker-Omis: Sie meint wohl, ihr gehört die Straße, nur weil sie ein Kind hat!
Aber nicht nur über Übereltern rege ich mich auf, mir gehen selbst die eigentlich coolen Eltern manchmal auf den Keks. Ich war zum Beispiel mal mit kinderlosen Freunden und einer anderen Mutter in einer Kneipe. Die Mutter hat die ganze Zeit nur von ihrem Kind geredet. Die Freunde waren langsam etwas genervt und machten sie höflich darauf aufmerksam, worauf sie etwas überheblich antwortete: »Das versteht ihr nicht. Dafür müsst ihr selbst Eltern sein.« Komisch, denn ich habe auch nicht verstanden, warum sie so viel über ihr Kind reden muss, obwohl ich Mutter bin.
Ja, für mich ist mein Leben mit Kind perfekt. Wenn der Mann, das Kind und ich zusammen sind, bin ich auf eine Art glücklich, wie ich es vorher nicht war. Aber deshalb kann ich doch nicht davon ausgehen, dass es bei allen anderen Menschen auch so sein muss. Warum können wir uns nicht alle in Ruhe so leben lassen, wie wir das wollen? Ich will mit meinem lärmenden Kind genauso wenig schräg angeguckt werden wie die mit Absicht kinderlose Karrierefrau, und wir beide wollen unsere Ruhe vor den Übereltern, die sich lautstark überall einmischen.
Und wo ich gerade dabei bin: Ich halte es für großen Quatsch, kinderlosen Paaren Egoismus vorzuwerfen, denn in einer Welt, die ziemlich im Arsch ist und dazu noch voller Kinder, die niemand will, ist es doch eigentlich viel egoistischer, selbst welche zu bekommen, oder nicht? Und jetzt mal Hand aufs Herz: Die Begründung »Dann lebt etwas von mir weiter« als Zeichen purer Selbstlosigkeit? »Ja nee, is klar!«
Das mache ich mit arroganten Eltern:
• Meistens schlage ich mich aus Protest auf die Seite der Kinderlosen. Wenn ich trotz Wut noch klar denken kann, halte ich die Fahne für Meinungsfreiheit hoch.
• Wenn Kinderlose anfangen, sich grundlos zu rechtfertigen, zähle ich die Vorteile auf, die das Leben ohne Kinder hat.
• Den Umgang mit Übereltern, die meinen, alle müssten so leben wie sie selbst, übe ich noch. Oft sage ich gar nichts, meistens so etwas wie »Muss ja jeder selber
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