Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Muttergefuehle

Muttergefuehle

Titel: Muttergefuehle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rike Drust
Vom Netzwerk:
erledigt. Außerdem war bis jetzt das Kind ein solcher Sonnenschein, dass mich nicht wundern würde, wenn der Mann heimlich doch so etwas denkt wie: »Ich weiß gar nicht, was sie hat, ist doch voll einfach.«
    Aber dann wurde der Sohn krank. Fast hätte ich »endlich« geschrieben. Nun sollte ich Vergeltung bekommen. Vor ein paar Monaten, als der Sohn krank war, hatte mein Mann nämlich unverschämt am Frühstückstisch bestimmt: »Er bleibt jetzt noch zwei Tage zu Hause. Er soll sich mal richtig auskurieren«, und sich daraufhin für zehn Stunden ins Arbeitsleben verabschiedet. Mir blieb die Luft weg. Er hatte zwar recht mit dem Auskurieren, aber wie konnte dieser blöde Sack so einfach über meine Zeit verfügen? Dass mich dieses Bestimmen über meine Zeit und die Geringschätzung meiner Arbeit stinksauer gemacht haben, konnte der Mann nicht verstehen. Aber das Leben sollte ihm den Kopf waschen, und zwar nicht mit Pflegespülung. Nachdem er zwei Stunden mit dem kranken Sohn allein war, rief ich ihn an. Auf mein freundliches Hallo schleuderte er mir entgegen: »Er hat eben 1,5 Stunden durchgejammert, also was willst du?« Gar nichts mehr, ich hatte bereits alles, was ich wollte. Eine Stunde später trafen wir uns beim Kinderarzt; er war aufgelöst, gestresst und ziemlich kleinlaut: »O Mann! Jetzt weiß ich, wie du dich fühlst, wenn du den ganzen Tag mit ihm allein bist.« Und er entschuldigte sich für die zwei Tage Zwangsurlaub mit dem Kind.
    Ja, in diesen Wochen kann ich sehr viel grinsen. Ich freue mich sehr, dass wir noch ein paar mehr solcher Wochen vor uns haben. Weil er so länger Zeit hat zu merken, dass es nervige Konsequenzen hat, bei der Erziehung einzuknicken, dass man genauso angespannt ist, wenn es gerade super läuft, dass es nervt, abends noch zu kochen, und dass es sich irgendwie immer doof anfühlt, wenn der Satz »Klopapier ist alle« als Aufforderung gemeint ist. Und ich freue mich, weil er dann noch mehr Dinge sagt wie: »Jetzt verstehe ich, warum es abends immer so schlimm aussieht, wenn ich nach Hause komme.« Oder: »Ich bin dir so dankbar, dass du das machst.« Oder: »Die Zeit von vier bis zum Schlafengehen kommt mir dreimal so lang vor.« Oder wenn er »Wo bleibst du denn so lange?« zickt, obwohl ich nur fünf Minuten zu spät bin. Ich freue mich, weil mein Mann endlich verstanden hat: Es ist eine Sache, bei meinen Erzählungen verständnisvoll zu nicken, aber eben eine völlig andere, selbst bis zum Hals drinzustecken.
    Meine Taktik während der Vätermonate:
    • Ich lasse die beiden wirklich allein. Auch, wenn ich mich dazu zwingen muss, weil ich mein Kind so vermisse und am liebsten bei ihm bin, besonders wenn er krank ist (auch, wenn er dann am meisten nervt).
    • Ich vertraue dem Mann und quatsche ihm so wenig wie möglich rein.
    • Ich lobe ihn.
    • Ich helfe ihm nicht, weil das den Lerneffekt verkleinern würde. Das tut mir manchmal richtig leid, aber wir haben ja nur zwei Monate, um für bleibende Erinnerungen zu sorgen.
    Nie da, aber trotzdem der Held.
    Die Eifersucht auf den Vater, der alles besserschnellertoller kann.
    Seit Tagen ist der Sohn krank. Ich bin mit ihm zu Hause, weil ich als Freiberuflerin ja meine eigene Chefin bin und »total einfach« meine Jobs schieben kann, während mein Mann »dieses Mal aber wirklich« am wichtigsten Projekt arbeitet. Jetzt sitze ich also mindestens zehn Stunden allein mit einem Terror-Jammerlappen in der Wohnung. Geschlafen wird im Stundentakt, auch nachts, und tagsüber spielt er maximal zwölf Sekunden mit einer Sache, es sei denn, ich gebe ihm mein Handy, was ich sofort täte, wenn es nicht ausgerechnet jetzt kaputt wäre. Er nölt und will immer genau das nicht, was er gerade unbedingt haben wollte, weil er so sehr gejammert hat, dass er es bekommen hat. Dass das keinen Sinn macht, finde ich auch, aber mein Sohn sieht das anders. Er verfolgt mich überallhin und haut mir kreischend auf die Beine, während ich auf dem Klo sitze. Ich bin sein lebendiges Turngerät. Er zieht mich in den Haaren. Versuche ich, eine Zeitung zu lesen, setzt er sich drauf oder reißt sie mir weg. Hole ich sie mir zurück, gibt es noch mehr Geschrei. Schließlich gebe ich auf, weil ich so schrecklich müde bin, und finde mich gleichzeitig schwach und inkonsequent, weil ich ständig einknicke.
    Von mir gelangweilt, fragt das Kind nach allen Leuten, die gerade nicht da sind, die er aber anscheinend lieber um sich hätte als mich.
    »Macko?«
    »Marco ist

Weitere Kostenlose Bücher