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Muttertier @N Rabenmutter

Muttertier @N Rabenmutter

Titel: Muttertier @N Rabenmutter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nives Mestrovic , Sonja Liebsch
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empörte ich mich. Es war mir peinlich, dort zu sein. Zwischen vielen Menschen, die nicht so aussahen, als ob sie tatsächlich einen Job suchten. Sie hatten sich wohl mit ihrer Situation abgefunden und wollten nur noch Leistungen, sonst nichts. Manchen sah man es bereits an, dass sie längst mit der Arbeitswelt abgeschlossen hatten. Ungepflegt und mutlos warteten sie in dieser Reihe, in der auch ich jetzt stand. Leistungen hätte ich sicherlich gut gebrauchen können, aber mich in die Abhängigkeit des deutschen Sozialstaates begeben, wollte ich auf keinen Fall. Da hätte ich schon halb verhungert sein müssen! Ich schaute diese Menschen an und dachte nur: Was kann ich froh sein, dass ich bei Lieschen gerade gratis wohnen darf, sonst müsste ich hier auch noch Leistungen beantragen und würde mich beschissen fühlen.
    Ich bekam einen Online-Zugang. Damit würde ich mein Profil selbst ins Internet einstellen und zukünftig bearbeiten können, erklärte mir der freundliche Arbeitsberater. Grandios, wie engagiert sich die Agentur um die Belange ihrer arbeitsuchenden Klientel kümmerte.
    Auf dem Heimweg musste ich das Erlebte erst einmal verdauen.
     
    Zu Hause wartete Lieschen schon ungeduldig auf mich: »Un?«
    »Nichts, ich habe so einen Code gekriegt, mit dem ich mich im Internet registrieren lassen kann. Das mache ich jetzt und schaue nach, welche tollen Jobs dort ausgeschrieben sind«, entgegnete ich nicht gerade begeistert.
    »Lust op ne Kaffee? Isch han leckere Kirsch-Botter-Strüsel jebacke!«
    »Oh ja, Kaffee und Kuchen passen immer rein«, freute ich mich.
    Ich erzählte ihr ausführlich von meinem Besuch bei der Arbeitsagentur und den Magenschmerzen, die ich seitdem hatte.
    »Lieschen, das ist eine ganz andere Welt. So viele demotivierte Menschen auf einem Haufen. Aber ich kann sie irgendwie verstehen. Wenn die auch so schlechte Erfahrungen gemacht haben wie ich, aber keinen haben, der ihnen hilft, dann ist es nur ein ganz kleiner Schritt bis zum Abgrund.«
    »Ja, dat stimmt, man därf niemande dafür verurteile. Dat Schicksal schläscht zu un viele Mensche han kinne Unterstützung un von sisch ut vielleisch och net dä Kampfjeist. Minne Mutter hät uns im Kriesch janz allein durchjebracht. Sie hät jede Daach alles jetan, wat in ihrer Macht stand. Sie hat über dat Jestern nisch nachjedacht. Un so jeht et. Et jeht nur, wenn du nach vorne schaust. Du musst disch jede Daach zwingen, alles zu tun, wat du tun kanns. Dann wird et Erfolgserlebnisse jeben. Un dat jivt disch Auftrieb weiter zu machen.«
    Ich schnappte mir noch ein zweites Stück Streusel und klopfte mir entschlossen auf den Oberschenkel.
    »Lieschen, Sie haben vollkommen recht, das mache ich so! Vielleicht habe ich ja immer noch etwas Wichtiges übersehen. Ich werde mal im Internet schauen, ob ich Foren finde, wo sich alleinerziehende Frauen über ihre Erfahrungen auslassen.«
     
    Tatsächlich entdeckte ich einige Diskussionsforen. Der Tenor war immer derselbe. Je höher qualifiziert, desto erfolgloser waren die Mütter bei der Jobsuche. Ich stolperte über Frauennetzwerke, die interessant erschienen, die mir aber nicht gefielen, weil sie kostenpflichtig waren. Ich fand auch ein Portal, das Termine von Infobörsen für Frauen auflistete. Diese Veranstaltungen, die deutschlandweit stattfanden, behandelten Themen wie den schnellen Wiedereinstieg nach der Elternzeit, neue Teilzeitmodelle, Stylings für die karrierebewusste Frau oder die optimale Bewerbungsmappe. Das hörte sich gut an, zumal es Gratisangebote waren. Leider wurden im Internet nur die Inhaltsverzeichnisse veröffentlicht. Man musste schon dorthin fahren, um zu erfahren, was genau geboten wurde.
    Während meiner Surforgie landete ich auch auf Jobportalen, aber die dort ausgeschriebenen Stellen hatten leider auch nichts mit Karrierechancen für Mütter zu tun. Irgendwie sah es danach aus, als ob Frauen mit Beginn der Mutterschaft als für den Arbeitsmarkt nicht mehr tauglich eingestuft wurden. Nach dem Motto: Baby bekommen, Gehirn abgegeben. Quasi im Tausch. Und je intensiver ich recherchierte, desto schlechter fühlte ich mich. Jobs für Mütter gab es nicht. Mütter wollte keiner einstellen. Kinder waren der reinste Karrierekiller. Kinder braucht das Land, aber die Mütter braucht niemand.
     
    Von der Arbeitsagentur kam keinerlei Feedback. Mein eingestelltes Profil schien niemanden zu interessieren. Keiner versuchte, mich zu vermitteln. Wozu auch? Ich erhielt ja keine Leistungen. Ich

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