Muttertier @N Rabenmutter
kene Platz«, meinte Lieschen grinsend. Auf unserem Wohnzimmertisch sah es wirklich wüst aus. Seit ich ihn zu meiner JobsForMums-Schaltzentrale auserkoren hatte, türmten sich dort Stapel von Büchern und Unterlagen. Zu den Mahlzeiten schob ich den ganz Kram einfach beiseite. Dass sich darunter eigentlich ein edler Kirschbaumtisch verbarg, konnte man schon lange nicht mehr erkennen.
Nachdem ich mein Notebook und einige Papiere zur Seite geräumt hatte, konnte es losgehen. Zuerst schrieb ich Franziskas Betreuungszeiten auf. Um zehn Uhr brachte ich sie zur Kita. Lieschen hatte angeboten, sie um 12.30 Uhr abzuholen, damit ich zu Hause in Ruhe das Essen vorbereiten konnte. Nach unserem gemeinsamen Mittagessen brachte sie Franziska dann gegen 14 Uhr zurück in den Kindergarten. Wir hatten uns eingespielt und es klappte gut so. Montags und freitags aß Lieschen nicht mit uns. An diesen Tagen machte sie zusammen mit ihren Freundinnen die Stadt unsicher, wie sie es so passend ausdrückte. Sie trafen sich abwechselnd zum Essen bei Heinemann am Stadttheater, im Sankt Vith am Alten Markt, im Dörre Strüxken in Hamern oder in einer anderen Lokalität, die noch mit einer gutbürgerlichen rheinischen Küche aufwarten konnte. Die alten Damen hatten richtig Spaß und genossen ihr Rentnerdasein. Allesamt waren sie bereits verwitwet, wollten sich aber auch keinen Mann mehr ins Haus holen. »Bisse verrückt, putze, koche, wäsche un alles für so ene aale Mann? Nee, ene junge tät mir jefalle, aber wat will ene junge Kerl mit ene alte Oma?«, erklärte mir Lieschen, als ich ihr einmal viel Spaß bei der Bräutigamschau wünschte.
»Sollte ich vielleicht versuchen, Franziska früher in die Kita zu bringen?«, fragte ich Lieschen, als ich eine grobe Struktur meines Tages erfasst hatte.
»Sischer kannse se och um half acht dahin bringe. Bloß wenn du auch weiterhin nachts wörke wills, solltes du nisch noch früher aufstehn«, gab Lieschen zu bedenken. Klar, sie hatte recht, dann wäre ich morgens noch kaputter, als ich es jetzt schon war.
»Im Grunde bin ich aber zwischen 10 und 12.30 Uhr nie so richtig produktiv. Ich muss einkaufen, das Mittagessen kochen, aufräumen … Eigentlich bin ich nur zwischen zwei und halb fünf gut in Fahrt. Und natürlich abends, wenn Franziska im Bett liegt.«
»Hm«, grübelte Lieschen, »So kumme mer immer noch nisch op mehr als sechs Stond! Wir müssen mal överlejen, welche Kompromisse du einjehen kanns, damit du ooch vormiddaachs produktiv wörke kanns.«
»Puuuh!« Mir fiel nichts ein.
»Pass op, Kindchen. Ich werde dat Franziska morgens um neun Uhr in den Kinderjarten bringen. Ich bin um die Zit sowieso meistens unterwegs und du kanns dann sofort loslejen mit wörke. Ballett und Musikschul übernehme ich ebenfalls. Du muss dinne Einkäufe, Arztbesuche und andere Erledijungen op einen Vormidaach in der Woche lejen. Und diesen Stress mit dem Kochen musse dir ooch nicht andonn. Da tuns ooch mal Nudeln mit Soße. Die isst Franziska doch am lievsten und wegen mir, mein Kint, musse dir ooch keen Kopp maake!«
»Wie wäre es, wenn ich am Wochenende Eintöpfe und Soßen vorkoche, die ich einfriere und dann unter der Woche einfach schnell auftaue?«, schlug ich vor. Lieschen gefiel die Idee prima.
Wir zählten die effektiven Arbeitsstunden zusammen und kamen auf eine gute 40-Stunden-Woche. In der Zeit konnte ich sicherlich einiges bewegen.
»Dat Wischtigste ist, dat du disch strikt an diesen Ablauf hälts«, beendete Lieschen in einem ungewohnten Kommandoton unsere Überlegungen.
»Natürlich werde ich mich an den Plan halten, er ist genial. Lieschen, ich weiß nicht, wie ich Ihnen jemals danken kann!« Sie war eine echte Powerfrau. Woher nahm sie bloß diese Energie? Wahnsinn. Von dieser alten Dame konnte ich mir eine richtig dicke Scheibe abschneiden.
Ich hielt mich an den Plan – und er funktionierte. Ich liebte vor allem meine produktiven Nächte. Alles war so still und friedlich. Nur mein Notebook, mein Kaffee, ein Glas Wasser und ich. Nachts hatte ich die besten Ideen. Nachts gab ich richtig Gas. Nachts erledigte ich alle Handgriffe, die viel Zeit, aber kaum hohe Konzentration erforderten. Es erinnerte mich sehr an meine Studienzeit.
In einer Nacht war ich damit beschäftigt, Hunderte von Twitter-Nutzern einzuladen. Dazu durchforstete ich verschiedene Verzeichnisse, um genau diejenigen Menschen herauszufiltern, die sich für die Themen meiner Website interessieren könnten. Und das
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