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Mutti geht's gut: Wahre Geschichten aus dem Leben einer Tochter (German Edition)

Mutti geht's gut: Wahre Geschichten aus dem Leben einer Tochter (German Edition)

Titel: Mutti geht's gut: Wahre Geschichten aus dem Leben einer Tochter (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Windmann
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analogen Telefonanschluss oder versuchte, uns mit unterdrückter Nummer anzurufen.
    Bis mein Mann eines Tages veranlasste, dass seine Schwiegermutter endlich mit der Zeit ging und für jedermann immer und überall als Anruferin zu erkennen war. Anstatt sich darüber zu freuen, fiel Muddi bald auf, dass sie nun gar keine heimlichen Kontrollanrufe mehr tätigen kann.
    Ich bin gerade dabei, das Mittagessen vorzubereiten, als das Telefon klingelt. Auf dem Display steht der Name meiner Mutter.
    »Lauraaa!«, ruft sie sofort, als ich abhebe. »Ich hab gestern bei der Firma S. angerufen und gleich wieder aufgelegt. Ich wollte nur wissen, ob die schon wieder aus dem Urlaub zurück sind. Als ich aufgelegt hatte, fiel mir ein, dass die ja jetzt meine Nummer sehen können! Die können das doch sehen, oder?«
    »Ja, Muddi, können sie«, sage ich. »Und du kannst auch sehen, wer dich anruft. Und das ist doch toll.« Ich klemme den Hörer zwischen Ohr und Wange, um weiter Karotten schneiden zu können.
    »Aber so kann ich ja gar nicht mehr bei Margot anrufen, nur um mal kurz zu gucken, ob sie zu Hause ist. Die sieht dann ja auch sofort meine Nummer!«
    Einfach jemanden anzurufen und sofort mit der Sprache herauszurücken, lehnt Muddi aus einem mir unerfindlichen Grund von jeher ab. Sie ruft lieber an, um zu sehen, ob derjenige zu Hause ist. Und sie scheint eine merkwürdige Befriedigung aus dem Wissen zu ziehen, dass jemand nicht ans Telefon geht.
    »Muddi, du willst also nur hören, ob Margot zu Hause ist, hast aber eigentlich gar keine Lust auf ein Gespräch?«, frage ich – vielleicht gibt sie mir diesmal eine Antwort, die ich verstehen kann. »Wieso machst du das?«
    »Ich möchte doch nur wissen, ob sie wirklich zu Hause geblieben ist. Wenn Sie nicht abnimmt, weiß ich, dass sie mir irgendeinen Blödsinn erzählt hat und dann doch zum Kaffeetrinken zu ihrer Cousine gefahren ist.«
    »So was nennt man Überwachung, Muddi«, sage ich.
    »Ach Laura, jetzt hab dich mal nicht so.« Das hört sich beinahe so an, als wäre ich verrückt, nur weil ich keine Kontrollanrufe bei meinen Freunden tätige. »Außerdem hatte ich in diesem Monat eine um zwölf Euro höhere Telefonrechnung«, kommt sie dann auf ihr zweites Lieblingsthema dieser Tage zu sprechen. »Das kann doch gar nicht sein! Ich glaub, wir machen das alles wieder rückgängig.«
    Die Telefonkosten resultierten eindeutig und nachweislich aus mehreren stundenlangen Gesprächen mit Nachbarn sowie meinem Bruder und mir, aber natürlich hat sie diese Gespräche so nie geführt. Schuld ist dieses »komische ISDN -Dingens«, ganz bestimmt. Außerdem hat in den letzten Tagen mehrfach »diese merkwürdige Sprachbox« angerufen.
    »Da ist so ’ne Computerstimme, die sagt, ich hätte Nachrichten in meiner ›Sprachbox‹. Was ist das denn, Laura?«
    Meine Antwort wartet sie gar nicht erst ab.
    »Na, auf jeden Fall hab ich am Ende ganz laut ›Scheißdreck‹ in den Apparat gerufen. Wirklich, die wollen alle nur Geld von einem. Überall nur noch Abzocke, das liest man ja in jeder Zeitung. Und mit uns Alten kann man’s ja eh machen! Der Dicke von gegenüber sagt das auch. ›Frau Windmann‹, sagt der, ›Frau Windmann – passen Sie bloß auf, bei allen, mit denen Sie Geschäfte machen. Die denken, das ist ’ne alte Frau, die können wir übers Ohr hauen.‹«
    Der Dicke ist ein alleinstehender Herr um die sechzig mit ergrautem Haar, hoher Stirn und einem immensen Bauchumfang. Er ist einsam und braucht immer Geld. Das gibt Muddi ihm, wenn er wieder einmal ihren Mülleimer an die Straße stellt oder die zwei Meter vor ihrem Jägerzaun fegt. Er tut ihr leid. Zu Ostern hat sie ihm eine kleine Geschenktüte mit Schokoladeneiern und einer Mini-Sektflasche überreicht. Er hat sich bedankt und am darauffolgenden Mittwoch ihren Mülleimer an die Straße gestellt. Die Müllabfuhr kam allerdings erst eine Woche später. »Gott, ist der blöd«, sagte Muddi daraufhin nur.
    Geduldig erkläre ich meiner Mutter, was es mit der ominösen Sprachbox auf sich hat. »Das ist nichts weiter als ein Anrufbeantworter. Ruf die Sprachbox mal an, dann siehst du vielleicht, ob Firma S., von der du seit drei Wochen nichts gehört hast, einen Termin vorgeschlagen hat.«
    Schon ist meine Mutter beim nächsten Thema. »Laura, die haben es ja alle nicht mehr nötig, sich zu melden. Die haben wohl so viele Aufträge, da ist denen ’ne alte Oma egal. Früher hätten sie sich die Hände gerieben bei so einem

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