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Mutti packt aus

Mutti packt aus

Titel: Mutti packt aus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lotte Kühn
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einen!
    Dabei wollte ich doch gar keinen. Aber ich bin weich geworden – Erziehungsversagen auf ganzer Linie.
    Auf dem Pferdemarkt in Havelberg ist mir ein Malheur passiert. Wir waren spät dran, all die schönen Pferde waren ausverkauft. Macht ja nichts. »Nur gucken«, war die Bedingung, die ich mir vorher von meinen pferdeverrückten Töchtern unterschreiben ließ. Und dann sitzt da dieser kleine braune Hund, mit einem Kälberstrick an einem Pfosten festgezurrt, und kaut auf einer leeren Pommesschale herum. Er hebt kurz den Kopf, als meine Kinder vorbeigehen, lässt den Pappfetzen liegen, springt auf. Die Schlappohren wackeln so allerliebst beredt, dass ich mir meine fast zuhalten muss. Die Kinder gehen sofort zu Boden. Acht kleine Hände streicheln hektisch auf dem Hund herum, ziehen sanft am Hundeohr, betasten zärtlich die dicken Pfoten. Erste Zungenküsse werden getauscht. Hocherfreut räkelt sich der Hund im Dreck. Wie süüüß! Guck mal, wie süß der ist! Vorsorglich lasse ich ein energisches Kopfschütteln von oben herab auf dieses Idyll regnen, halte ein Nein! parat für den Fall, dass es gleich wieder losgeht … und da bricht es auch schon über mich herein: »Mama, bitte, können wir den Hund mitnehmen?« Oh nein!!! Die bisher unsichtbare Besitzerin strahlt: Klar, der ist zu verkaufen. »Bitte, bitte«, winselt es jetzt fünfstimmig. Innig umschlungen sind Pfoten und Finger, Hundeschnauze ruht auf Kinderknie, man kuschelt jetzt weltvergessen. Weh und süß schmalzen plötzlich Geigen. Duftende Blumenwiesen, über die glückliche Kinder mit Hund tollen, sehe ich genau vor mir. Fünf Augenpaare flehen mich an, flackern, weil ich wieder so kalt, herzlos und gemein sein könnte, Nein zu sagen. Darf, was der Himmel zusammengefügt hat, die Mutter wohl trennen? Und ob! Hunde in Berlin! Das ist doch das Letzte! Einsam vegetieren hier deutsche Doggen und Konsorten in Einzimmerwohnungen, während ihre gepiercten Herrchen das Geld fürs Fresschen mit Was-weiß-ich-Was verdienen. Wärmen fette Dackel und verschlagene Pudel die welken Schöße von Greisinnen, die aus dem Fenster heraus spielende Kinder beschimpfen, und dient alles mögliche Hundegesindel der Bewaffnung durchgeknallter Zeitgenossen! Und erst die tägliche Scheiße im Schuhprofil! Oh nein, ein Hund kommt mir nicht ins Haus. Augenblicklich drehen sie richtig auf. Der Hund fiept gleich mit. Sein braunes Fell ist schon ganz blank gestreichelt. »Bitte, bitteeehh«, fleht der gemischte Chor. Nein, ich blei be außen hart, innen wird mir, verdammte Blümchenwiese, vermaledeites Geigengezirpe, ganz blümerant. In Berlin hat man Kinder oder Hunde, beides geht nicht. Welten trennen den ordinären Hundebesitzer vom gemeinen Elternteil, unüberwindbar sind die Gattungsgräben dazwischen. Und ich habe Kinder und kann Köter nicht leiden. Punkt. Süß ist er schon, zugegeben. Aber will ich etwa zu den Idioten gehören, die dem zu Tode erschrockenen Kleinkind zurufen: Der tut nichts! Der will nur spielen! Nein, will ich nicht. Ich weiß doch, wie das ausgeht. Zuerst ist er süß, dann muss er pinkeln. Und wer geht dann mit ihm raus? Genau. Augenblicklich schwören die Kinder einen heiligen Eid, immer, wirklich immer mit dem Hund rauszugehen. Bitte, bitte, bitte, bitte …
    Wir haben ihn dann mitgenommen. Er heißt jetzt Paul Kühn und ist wirklich sehr süß. Am Kühlschrank klebt eine Hundepissliste, auf der minutiös verzeichnet ist, wer wann geht. Dass ich Paul vor einem chinesischen Restaurant anbinde und dann einfach weggehe, drohe ich nur noch in sehr finsteren Momenten an, wenn ich wieder um Mitternacht mit dem Hund an der Leine um die vier Ecken schlurfe. Eigentlich habe ich ja noch Glück gehabt – schließlich hätte ich bei dem Ende, das dieser Sonntagsausflug genommen hat, abends auch mit einem Hengst auf dem Sofa sitzen können.

Für Geld
    »Für Geld macht die doch alles!«, höre ich die beiden Kleinen nebenan im Kinderzimmer wispern. Schockschwerenot! Die meinen mich! Weil ich in Selbstkritik mittlerweile Weltmeister bin, fällt mir sofort ein, was ich jetzt wieder falsch gemacht habe. Beim Abendessen habe ich eine Gardinenpredigt gehalten, in der ich flehentlich an ihre guten Seiten appelliert habe. Dass ich in den nächsten sechs Wochen sehr viel arbeiten müsste und sie deshalb mehr im Haushalt machen müssten, ich sei dringend zu entlasten, weil ich mit meiner Arbeit ja auch das Geld für die ganze Familie zu verdienen habe. Und

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