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My Lady 0145 - Sheila Bishop - Der geraubte Kuss

My Lady 0145 - Sheila Bishop - Der geraubte Kuss

Titel: My Lady 0145 - Sheila Bishop - Der geraubte Kuss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lore
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Maygove Manor gelebt hatten und im Jahre 1760 verblichen waren. Olivia las den Text und glaubte, ihren Augen nicht trauen zu können, als sie die letzten Zeilen erreichte.
    Margaret, einziges überlebendes Kind und Gemahlin Thomas Brookes Esquire aus Cassondon House in der Grafschaft Northampton, hat dieses Denkmal zum Gedenken an die geliebten Eltern in tiefer Trauer errichten lassen.
    „Du lieber Himmel!“ murmelte Olivia.
    „Was sagtest du?“ fragte Alfred, da er sie nicht verstanden hatte.
    „Ach, nichts Besonderes“, erwiderte sie und lenkte rasch seine Aufmerksamkeit auf das einzige farbige Kirchenfenster der Kirche über dem Altar. Im stillen zürnte sie der Cousine. Was hatte Hetty sich dabei gedacht, sie und den Gatten in diese Kirche zu locken? Die Verbindung zwischen dem Grabstein und Thomas Brooke war gewiß kein Zufall. Olivia wußte, daß der Familiensitz der Brookes Cassondon hieß und irgendwo in den Midlands lag. Bei dem hübschen Haus handelte es sich bestimmt um Maygrove Manor. Da die auf der Inschrift genannte Margaret vermutlich Mr. Brookes Großmutter und das einzige Kind ihrer Eltern war, hatte Thomas Brooke Maygrove Manor sicher geerbt. Hastig entschuldigte Olivia sich bei Mr. Makepeace für den Abstecher nach Maygrove und behauptete, sie müsse sich im Ort geirrt haben.
    Er erwiderte mit tonloser Stimme, es mache ihm nichts aus, und geleitete die Damen zum Gasthof zurück. Der Wirt schlug ihnen vor, im Freien zu speisen, und erfreut willigten sie ein. Während die Schankmagd den Tisch deckte, ging Alfred zum Kutscher, um die Weiterfahrt zu besprechen.
    Olivia nutzte die Gelegenheit und fragte unwirsch: „Was, in aller Welt, hat dich veranlaßt, nach Maygrove zu fahren? Du kannst nicht ganz bei Verstand sein!“
    „Ach, Alfred wird nichts merken“, antwortete Hetty gleichmütig. „Wie sollte er?
    Mr. Brooke hatte mir von dem Haus erzählt, und ich wollte es schon immer sehen.“ Die Bedienung brachte eine Vorlegplatte mit rohem Schinken, und Hetty erkundigte sich beiläufig: „Wem gehört das große Haus am Ende des Dorfes?“
    „Mr. Brooke, Madam“, antwortete Joan überrascht.
    „Kommt er oft nach Maygrove?“
    Joan stellte die Platte auf den Tisch, drehte sich um und kehrte eilig in die Schenke zurück.
    Im gleichen Moment näherte sich Mr. Makepeace, und Olivia fand keine Gelegenheit mehr, der Cousine Vorhaltungen zu machen. Man setzte sich und begann, im Schatten des knorrigen Apfelbaumes zu Mittag zu speisen.
    Die Wirtin, eine dralle, etwas mürrisch wirkende Frau, brachte die von der Magd vergessene Butterschale, stellte sie ab und sagte: „Joan hat mir berichtet, Sie hätten sich nach Mr. Brooke erkundigt, Madam. Falls Sie mit ihm befreundet sind, richten Sie ihm bitte aus, daß es uns nicht paßt, diese Weiber in seinem Haus zu sehen. Er bringt Maygrove in Verruf. Mich wundert, daß der Vikar nicht schon längst etwas dagegen unternommen hat.“ Sie blickte sich um, als Joan sie rief, murmelte noch etwas von „Sodom und Gomorrha“ und kehrte in den Gasthof zurück.
    Alfred wollte etwas sagen, besann sich jedoch eines anderen und widmete sich schweigend dem Essen.
    Hetty sah aus, als würde sie gleich in Tränen ausbrechen.
    Olivia bemühte sich nach Kräften, beide durch unverfängliche Konversation abzulenken.

    Der Rest des Tages war nicht minder unerfreulich wie der Anfang der Reise. Nach der Abfahrt aus Maygrove fanden sie nicht zur Hauptstraße zurück, irrten über staubige Feldwege, mußten in gefährlichen Manövern hochbeladenen Fuhrwerken ausweichen und kamen mehrmals bei Bauernhöfen an, wo der Weg dann endete.
    In der richtigen Gesellschaft hätte Olivia die langwierige Suche vielleicht sogar amüsant gefunden, doch mit Hetty und Alfred, die beide mürrisch schwiegen, wurde die Sache zur Qual.
    Sie gab es auf, die Cousine und deren Gatten zu unterhalten, und grübelte darüber nach, ob es zutreffen konnte, daß Thomas Brooke sich in Maygrove eine Geliebte hielt, nein, wahrscheinlich eine ganze Reihe aufeinanderfolgender Mätressen. Denn nichts anderes konnte die Wirtin gemeint haben. Zwar schien Maygrove nicht der Ort zu sein, wo eine Kurtisane sich wohl fühlen würde, aber manches sprach für die Lage des Hauses. Mr. Brooke verbrachte mehrere Monate im Jahr in Parmouth, und Maygrove war nicht allzu weit entfernt. In Vale Manor, dem Anwesen, das er großzügigerweise den Channings überlassen hatte, konnte er seine jeweilige Favoritin natürlich nicht

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