My Story. Streng geheim. - Aller guten Jungs sind drei
nicht?«
Allmächtiger! Das war nun wirklich nicht der Augenblick, den zukünftigen Rechtsanwalt zu spielen!
»Nun sei doch nicht so hart zu mir«, jammerte Nele. »Ich bitte dich erst mal um deinen Rat, Emir!«
Mach’s richtig, flehte ich. Sag bitte die richtigen Worte! Emir, ich flehe dich an!!!
Emir räusperte sich. »Nun, wenn du meinen Rat möchtest, meinen ehrlichen Rat, Nele, dann muss die Verpflichtung gegenüber einem zukünftigen Dichter Vorrang vor allem anderen haben. In diesem Fall werde ich selbstverständlich und ganz uneigennützig sagen: Nele, unterstütze Cas. Er verdient es.«
Na bitte! Als Lover, dem gerade ein Korb überreicht wird, hatte er die richtigen Worte nicht gefunden. Aber in der Rolle »Ich-bin-der-zukünftige-Rechtsanwalt« war Emir einsame Spitze. Allerdings …
»Ich möchte, dass du glücklich bist«, fuhr Emir tapfer fort. »Deswegen muss ich wissen, wessen Wunsch es ist, deiner oder der von Cas?«
Also, die Frage war echt unnötig, dachte ich entsetzt.
Ich täuschte mich.
»Es ist mein Wunsch«, platzte Nele heraus, fing sich aber sofort und setzte würdevoll hinzu: »Um ehrlich zu sein, handelt es sich in erster Linie um den Wunsch von Cas.«
Ha! Wer’s glaubt! Emir hatte Nele die Wahrheit entlockt. Es war vor allem ihr Wunsch.
Einerseits.
Andererseits würdigte sie Cas’ Gedichte. Sie würde sie auswendig lernen! Das war unendlich mehr als das, wozu ich in der Lage war. Bei mir schlummerten Cas’ Werke nahezu ungelesen in zwei alten Schuhschachteln.
»Bist du mir böse?«, flüsterte Nele.
Hrrrm, machte Emir.
»Du bist mir also böse«, fügte Nele hinzu und seufzte. »Ich kann dich ja so gut verstehen.«
Emir machte nochmals hrrrm und platzte dann heraus: »Sei doch ehrlich, Nele. Du passt besser zu Cas als zu mir. Ich bin froh, dass du das kapiert hast.«
Ich war schockiert. So brutal hätte er ja nun wirklich nicht sein müssen.
»Tut dir meine Entscheidung denn gar nicht leid?«, jammerte Nele.
»Was denn? Dass du dich in Cas verliebt hast? Nö, ich find’s gut.« Damit stand Emir auf.
Nele hielt ihn am Ärmel fest. »Sag mir noch eines«, bat sie.
»Hm?«
»Wo gehst du jeden Tag hin?«
Sie konnte es nicht lassen! Nele war und blieb eine neugierige, nervige Person.
»Ich ging nicht. Ich fuhr.«
»Ne, echt? Wohin bist du gefahren? Zu wem? Und mit wem?«
»Mit dem Milchmann«, sagte Emir und lachte.
»Das glaube ich dir nicht!«, rief Nele ihm nach.
Finale furioso: Teil 1
E ine Minute nach dem Aufwachen war Marta sauer.
Nachdem wir wie (fast) immer vom Mopedgeknatter aufgewacht waren, stürzte sie aus dem Bett und ans Fenster, um ihren Franzl zu küssen. Als hätte eine Wespe sie ins Auge gestochen, zuckte sie zurück. »Wo kommst du denn her?«
»Ich bin mit Ignaz hochgefahren«, antwortete Ina cool. »Was dagegen?«
»Klar hab ich was dagegen«, fauchte Marta. »Wo ist mein Franzl?«
»Schon auf dem Weg.« Ina griff nach der kleinen Kanne mit Ziegenmilch. »Musst halt noch ein Weilchen auf dein Morgen-Doping warten.«
Marta war so empört, dass sie das Fenster zuwarf.
»Jetzt reg dich ab. Bevor du dich noch angezogen hast, sitzt dein Franzl schon in der Küche«, versuchte ich, sie zu beruhigen, und kuschelte mich genüsslich in die Federn. Plötzlich fiel mir alles wieder ein: Meine Ma! Emir! Blitzschnell sprang ich aus dem Bett und raste ins Bad.
Wir hatten es so eilig, dass wir uns gemeinsam unter die Dusche stellten und nicht mal aufs warme Wasser warteten. »Was ziehe ich heute an?«, fragte Marta mit klappernden Zähnen. »Das schöne oder das nicht ganz so schöne Dirndl?«
»Heute ist Sonntag, das schöne natürlich.«
In Windeseile machten wir uns fein und rannten in die Küche.
Alle saßen schon am Tisch: der Franzl (Gott sei Dank!) und Emir natürlich, Ignaz und Ina (hoho!), Cas und Nele, Rosi, Gundi und Yasmina. Die Kartoffeln kochten auf dem Herd, die Milch und der Kaffee standen auf dem Tisch, das frische Brot duftete, der Zuckerguss auf dem Kuchen glänzte, die Butter war von Zenza mit einem Muster versehen worden, die Käse waren auch von ihr, aber die Heidelbeermarmelade hatte Gundi gekocht.
Das war ein ganz anderer, viel schönerer Frühstückstisch als der, den Olga mir zu Hause immer zumutet. Abgesehen davon, dass ein Essen in großer und lieber Gesellschaft viel besser schmeckt, als wenn man mutterseelenallein in Gesellschaft des Morgenmuffels, der sich Pa nennt, die eklige Haut vom Kakao fischt. Kakao in
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