MYLADY SOMMERBAND Band 03: HERZKLOPFEN IM ROSENGARTEN / LADY ODER KURTISANE? / (German Edition)
Skizze behutsam in der Hand haltend, erhob Sophie sich. „Mein Lieblingsbuch handelt von Ägypten. Papa hat mir oft erlaubt, die Bilder anzuschauen.“ Ihre Augen leuchteten sehnsüchtig. „Es muss wunderbar sein, die Pyramiden zu sehen.“
„Ja“, stimmte er zu, „das ist es. Möchtest du das Bild vielleicht behalten? Ich würde es dir gern schenken. Vorher allerdings müsste ich noch ein paar Kleinigkeiten ausarbeiten.“
Aus großen Augen schaute das Mädchen zu seiner älteren Schwester hin. „O bitte, Gina, darf ich das Geschenk annehmen?“
Diese warf dem Maler einen fragenden Blick zu, den er mit einem warmen Lächeln beantwortete. „Das ist wirklich großzügig von Ihnen“, sagte sie, ehe sie sich Sophie zuwandte. „Kannst du denn geduldig warten, bis das Bild fertig ist? Weißt du, Mr. Latimer hat sicher eine Menge zu tun. Du darfst ihn nicht drängen. Und nun müssen wir uns wirklich verabschieden. Kommt, Kinder! Auf Wiedersehen und weiterhin gute Besserung, Mr. Latimer. Bitte, stehen Sie nicht auf. Wir finden allein hinaus.“
„Auf Wiedersehen!“ Er musste sich große Mühe geben, seine Enttäuschung darüber zu verbergen, dass er sie nicht länger aufhalten konnte.
Das Dinner, zu dem Mrs. Cunningham eingeladen hatte, wurde ein großer Erfolg. Becky Harper hatte trotz der sommerlichen Temperaturen den Herd ordentlich angeheizt und einen herrlichen Braten zubereitet. Dazu gab es verschiedene Sorten Gemüse, und als Nachtisch wurde eine Süßspeise gereicht, die Becky aus Erdbeeren zubereitet hatte, die von den drei Töchtern des Hauses eigenhändig gepflückt worden waren.
Statt sich zu zweit der Flasche Port zu widmen, die Daniel auf Anweisung der Hausherrin aus dem Keller geholt hatte, wollten Radley und Latimer sich, nachdem die Tafel aufgehoben worden war, sogleich den Damen anschließen. Gemeinsam begab man sich in den Salon. Gleich darauf waren Kate und ihr Verlobter in ein verliebtes Geplänkel vertieft, während Latimer mit Mrs. Cunningham plauderte.
Beim Dinner hatte er sich große Mühe gegeben, keine der anwesenden Damen zu bevorzugen. Was Georgina zu der ganz und gar falschen Annahme verleitete, er habe ihr ihre offenen Worte vom Vormittag doch übel genommen. Schweigend hatte sie zugehört, wie er ihrer Mutter erklärte, dass es seinem Knöchel schon viel besser gehe, und wie er jede persönliche Frage, die Kate oder Radley ihm stellte, ausweichend beantwortete. Über seine Familie hatte er kaum gesprochen, und seine Zeit beim Militär hatte er nur kurz erwähnt. Stattdessen hatte er ein lebhaftes Interesse an Radleys landwirtschaftlichen Methoden an den Tag gelegt, die geschmackvolle Einrichtung des Speisezimmers gelobt und Kate ein Kompliment über ihre Frisur gemacht.
Nun, da alle im Salon saßen, weckte er Ruperts Begeisterung mit verschiedenen Schiffsmodellen, die er aus Papier faltete. Und Sophie, deren Herz er schon am Vormittag gewonnen hatte, war gänzlich von ihm hingerissen, als er ihr feierlich eine kleine Pyramide aus Papier überreichte. Strahlend betrachtete sie das winzige Modell und fragte dann schüchtern, ob Mr. Latimer vielleicht das Ägypten-Buch sehen wolle, das sie so liebte.
Georgina, die am Klavier saß und ein paar einfache Stücke aus dem Gedächtnis gespielt hatte, weil sie dabei den Gast unauffällig beobachten konnte, musterte kurz sein Gesicht. Er schien sich tatsächlich über Sophies Frage zu freuen und nickte der Kleinen ermutigend zu.
Vertrauensvoll griff Sophie nach seiner Hand und führte ihn ins Studierzimmer ihres verstorbenen Vaters. Erstaunt ließ Latimer den Blick über die vielen Regale mit wissenschaftlichen Büchern wandern. Radley hatte ihm gegenüber erwähnt, dass Mrs. Cunningham einen Käufer für all diese Werke suche. Doch er hatte nicht erwartet, eine so umfassende Sammlung vorzufinden.
Sophie hatte unterdessen einen schweren in Leder gebundenen Band herbeigeschleppt und auf den Schreibtisch gelegt. Sie blätterte ein wenig in dem Buch und rief Mr. Latimer dann zu sich. „Sehen Sie nur“, sie zeigte auf eine Zeichnung, die die ganze Seite einnahm, „die Pyramide sieht fast genauso aus wie die, die Sie gemalt haben.“
Während er gemeinsam mit dem kleinen Mädchen das Bild bewunderte, kam ihm plötzlich eine Idee. „Glaubst du, deine Mama würde mir erlauben, das Buch ein paar Tage lang auszuleihen? Es würde mir sehr bei der Fertigstellung der Skizze helfen, die ich dir versprochen habe.“
Zweifelnd runzelte
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