MYLADY SOMMERBAND Band 03: HERZKLOPFEN IM ROSENGARTEN / LADY ODER KURTISANE? / (German Edition)
Einen Moment lang ließ er den Blick auf Georginas Strohhütchen ruhen, das sie mit einem neuen dunkelblauen Band geschmückt hatte. „Werden Sie viel Zeit bei der Hutmacherin verbringen?“
„Nicht, wenn ich es vermeiden kann!“ Sie krauste die Stirn, biss sich auf die Unterlippe und sagte, nachdem sie sich vergewissert hatte, dass Kate und Radley ihr nicht zuhörten: „Ich möchte in Dunchurch etwas Wichtiges erledigen und habe mich gefragt … Sie werden mich hoffentlich nicht für aufdringlich halten, Mr. Latimer. Also, ich habe mich gefragt, ob ich Sie vielleicht um Ihre Unterstützung bitten darf.“
„Stets zu Diensten“, gab er sogleich zurück. Von Anfang an hatte er gespürt, dass dieser Ausflug mehr war als ein normaler Besuch in der nächsten Stadt.
„Es wäre sehr nett, wenn Sie den Wunsch äußern könnten, die Kirche zu besichtigen.“
Sie bemühte sich um einen leichten Ton, doch Latimer entging das zarte Zittern in ihrer Stimme nicht. O Gott, dachte er, wahrscheinlich hat sie eine heimliche Verabredung mit diesem Hilfspfarrer; Radley hat ja so etwas angedeutet. Ein geradezu schmerzhaftes Gefühl der Enttäuschung breitete sich in ihm aus. Doch er zwang sich, freundlich zu antworten. „Tatsächlich würde ich mir das Gotteshaus sehr gern anschauen. Und es würde mich besonders freuen, wenn Sie mir die Sehenswürdigkeiten zeigen könnten.“
„Gern!“ Erleichtert lehnte sie sich zurück. Wie selten traf man einen Mann, der hilfsbereit war, ohne neugierig zu sein! Ja, Mr. Latimer war etwas ganz Besonderes. Sie kannte ihn kaum, und dennoch spürte sie, dass sie ihm vertrauen konnte. Ein Gefühl der Dankbarkeit überflutete sie. Sie wandte sich ihm zu und bedachte ihn erneut mit einem strahlenden Lächeln.
Ihm war, als müsse sein Herz stehen bleiben. Nie war er einer Frau begegnet, die ihn so faszinierte! Er sehnte sich danach, ihr nahe zu sein. Er war von dem Wunsch beseelt, sie glücklich zu machen. Deshalb hatte er auch lange darüber nachgedacht, wie er ihrer Familie in der schwierigen Situation nach dem Tode des Reverends helfen konnte. Inzwischen glaubte er, einen Weg gefunden zu haben. Aber war es überhaupt klug, diesen einzuschlagen, wenn Georgina ihr Herz bereits einem anderen geschenkt hatte?
Den Rest der Fahrt legten sie schweigend zurück. Beide gaben sich den Anschein, in die Betrachtung der sommerlichen Landschaft versunken zu sein. Tatsächlich war die Gegend hier besonders malerisch. Ein Bach schlängelte sich durch eine mit Gänseblümchen übersäte Wiese. Eine Herde Schafe weidete am Hang eines Hügels. Schwalben segelten durch die Lüfte. Zwei kleine Mädchen, die beide riesige Sträuße aus Feldblumen in der Hand hielten, gingen auf ein Cottage zu, das einsam am Straßenrand lag.
Dann kam auch schon Dunchurch in Sicht. Nun dauerte es nicht mehr lange, bis Radleys Kutscher den Landauer vor dem Green Man zum Stehen brachte, einem Gasthaus, in dem es ruhiger zuging als in der Poststation.
Radley hatte schon früh am Morgen einen Burschen in die Stadt geschickt, um einen Tisch unter der großen Linde des Green Man reservieren zu lassen. So kam es, dass der Wirt die bereits angekündigten Gäste höflich willkommen hieß und ihnen mitteilte, alles sei schon vorbereitet.
„Wie hübsch!“, rief Kate, die von jeher sehr begeisterungsfähig war. Und leiser setzte sie hinzu: „Wie es aussieht, werden wir ungestört sein. Außer uns scheint niemand hier draußen speisen zu wollen.“
Radley rückte ihr einen Stuhl zurecht und flüsterte ihr zärtlich etwas ins Ohr, während Latimer sich um Georgina kümmerte. Gleich darauf wurde auch schon der erste Gang aufgetragen.
Die Blätter der Linde bewegten sich leicht im Sommerwind. Die Sonne lachte vom Himmel, doch im Halbschatten unter dem Baum war es angenehm kühl. Die Mahlzeit, zu der auf Radleys besonderen Wunsch auch eine Flasche Wein gereicht wurde, mundete allen hervorragend.
Als schließlich der letzte Gang abgeräumt wurde, stellte Kate mit Tränen in den Augen fest: „Es war fast so schön wie das Hochzeitsessen, das ich mir gewünscht habe. Ach, wenn wir doch nicht so lange bis zur Trauung warten müssten!“
„Liebes“, Radley umfasste ihre Hände und drückte sie tröstend, „du darfst nicht traurig sein. Im September heiraten wir. Und heute wirst du dir ein besonders hübsches Hütchen aussuchen, das ich dir zum Geschenk machen möchte.“
Bei dem Gedanken an die Schätze, die bei der Hutmacherin auf sie
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