MYLADY SOMMERBAND Band 03: HERZKLOPFEN IM ROSENGARTEN / LADY ODER KURTISANE? / (German Edition)
erinnern, dass ihre Tante ihn je erwähnt hätte. Und das erstaunte sie deswegen so sehr, weil ihre Tante keine Mühe gescheut hatte, um ihr jeden Junggesellen vorzustellen, der für sie infrage kam, als sie das letzte Mal in London gewesen war – ganz besonders, wenn besagte Herren gut aussahen und einen Titel oder ein beachtliches Vermögen besaßen.
Bei Lord Garthdale trafen alle drei Punkte zu. Einer der Gründe, weswegen sie nicht so sehr auf ihre Stute geachtet hatte, war die Bewunderung gewesen, mit der sie den ungewöhnlich gut aussehenden Gentleman betrachtet hatte, der auf sie zugeritten kam. Selbst seine tiefe, wohlklingende Stimme war angenehm und wies weder die gedehnte Affektiertheit eines Dandys noch die kühle Arroganz der meisten Aristokraten auf.
Alles in allem ist es eine sehr interessante Begegnung gewesen, überlegte Diana, während sie zum Frühstückszimmer ging. Wenn er nur nicht nach ihrem Namen gefragt hätte und ob sie verheiratet wäre oder nicht …
„Guten Morgen, meine Liebe“, begrüßte Mrs. Mitchell sie. „Ich habe dich nicht so früh zurückerwartet. Hast du deinen Ausritt genossen?“
„Sehr, Tante Isabel. Juliet ist ein sehr gutes Pferd.“
„Ich dachte mir, dass ihr gut zusammenpassen würdet, und hatte nur ein bisschen gefürchtet, sie könnte am Anfang etwas zu wild sein, weil sie so lange nicht geritten worden ist. Aber für dich wäre das ja kein Problem gewesen. Du bist eine genauso gute Reiterin wie deine Mutter. Was ist aber mit deiner Stimme los, meine Arme?“
Diana verzog das Gesicht zu einer kläglichen Grimasse. „Ich wünschte, ich wüsste es. Mir war heute Morgen beim Aufwachen ein wenig kränklich zumute.“
„Und dennoch bist du ausgeritten?“
„Ich dachte, es würde mir helfen.“
„Hat es jedoch offensichtlich nicht.“
Diana nahm sich einen Teller. „Ich konnte ein wenig meine Gedanken ordnen, aber mein Hals beschwert sich, wie es scheint.“
„Wahrscheinlich liegt es an der fürchterlichen Londoner Luft“, sagte Mrs. Mitchell, während Diana von dem Überfluss an Speisen auf der Anrichte etwas aussuchte. „Ich hoffe, dir geht es bald besser. Du hast eine so hübsche Stimme, und jetzt ist sie kaum wiederzuerkennen.“
„Es ist sicher bald wieder gut.“ Diana verspürte nicht den geringsten Hunger und nahm sich so nur eine kleine Portion Rührei. „Und was hast du für Phoebes ersten Tag in London geplant?“
„Oh, da gibt es einiges, was wir unternehmen könnten. Das Kind braucht zunächst einmal etwas zum Anziehen, und du benötigst wahrscheinlich auch Diverses. Ich bezweifle sehr, dass du dir in den letzten vier Jahren etwas Neues angeschafft hast.“
Diana zuckte die Achseln. „Ich brauchte keine neuen Kleider. Meine eigenen reichten mir vollkommen.“
„Sie reichten dir vielleicht auf dem Land, aber nicht für London“, wandte Mrs. Mitchell ein. „Die Mode ändert sich von Monat zu Monat, Diana, und ich lasse nicht zu, dass du wie eine Landpomeranze aussiehst, wenn du wieder in Gesellschaft verkehrst. Dazu bist du viel zu hübsch. Also gehen wir zunächst zu Madame Claremont wegen neuer Kleider, dann zur Druckerei wegen neuer Visitenkarten. Und danach lasse ich meine alte Perlenkette für Phoebe neu fassen. Perlen sind genau richtig für ein junges Mädchen, das soeben in die Gesellschaft eingeführt worden ist.“
„Da wir gerade von Gesellschaft sprechen. Ich bin im Park einem sehr interessanten Gentleman begegnet.“
„Wirklich? Hat er dir seinen Namen genannt?“
„Nein, aber dein Stallknecht kannte ihn.“
Mrs. Mitchell lachte. „Natürlich. Tupper kennt jeden und weiß alles über jeden. Nun, wer war es also?“
„Lord Garthdale.“
„Lord Garthdale!“ Fast hätte Mrs. Mitchell ihre Gabel fallen gelassen. „Du liebe Güte!“
Lächelnd fragte Diana: „Warum bist du so überrascht, Tante Isabel? Reiten nicht die meisten Gentlemen im Park aus?“
„Ja, allerdings ist Lord Garthdale nicht wie die meisten Gentlemen! Er gehört zu den begehrtesten Junggesellen, lässt sich aber kaum in der Gesellschaft blicken. Und wenn er es doch einmal tut, macht er den jungen Damen nicht viel Hoffnung. Was für ein gut aussehender Mann, nicht wahr?“
„Ja, in der Tat, und außerordentlich galant“, meinte Diana und erklärte ihrer Tante, wie die Stute gescheut hatte und Lord Garthdale ihr zu Hilfe gekommen war.
„Er wusste ja nicht, wie wenig du seine Hilfe brauchtest.“ Mrs. Mitchell lachte. „Es wundert
Weitere Kostenlose Bücher