MyLady Weihnachtsband 2009 Band 18
verstörte, rief sie aus: „Bitte, Faith, keine Fragen mehr! Wenn du Thomas oder irgendeinen anderen Gentleman fesseln möchtest, musst du so gut wie möglich aussehen, nicht übernächtigt und gähnend. Ab ins Bett mit dir!“
„Also schön, dann lasse ich dich jetzt in Ruhe. Aber ich fände es wirklich wunderbar, wenn du dich in ihn verlieben und ihn heiraten würdest … natürlich erst, nachdem ich meinen eigenen Bräutigam gefunden habe. Dann können wir alle so glücklich sein wie Sarah und Elizabeth und Clare!“
Meredyth umarmte ihre Schwester noch einmal und brachte sie zur Tür. „Du hast es verdient, glücklich zu sein, Liebes. Und keine Angst – ich habe vor, die ganze Zeit dabeizusein und zuzusehen, wie du die Ballkönigin von London wirst.“
„Versprich mir, dass du auch glücklich wirst“, bat Faith, als sie die Tür öffnete.
„Versuchen werde ich es jedenfalls“, entgegnete Meredyth lächelnd.
Ihr Lächeln erlosch, sobald sich die Tür hinter ihrer Schwester geschlossen hatte. Allen Mansfell war also leidenschaftlich verliebt gewesen und bitter enttäuscht worden? Wie verheerend der Verlust eines geliebten Menschen sein kann, weiß ich ja, dachte sie mitfühlend.
Anscheinend war ihre gesamte Familie der Ansicht, dass Mr. Mansfell sich nun für sie interessierte. Aber im Gegensatz zu ihrer romantischen jüngeren Schwester konnte sie selbst nicht recht glauben, dass er sich wirklich in sie verliebt hatte.
Zum einen kannten sie sich ja noch gar nicht lang. Und die traurige Geschichte vom Verrat durch die gefeierte Schönheit verstärkte nur ihre Zweifel, was die Natur seiner Gefühle für sie anging.
Die Vorstellung, sie könnte Allen Mansfell verzaubert haben, schien einfach zu schön, um wahr zu sein, selbst in den kurzen Momenten, in denen sie sie in Betracht zog. Nach dem, was ihre Schwester ihr anvertraut hatte, kam es ihr weitaus wahrscheinlicher vor, dass Mr. Mansfell einfach einen Punkt in seinem Leben erreicht hatte, an dem er heiraten wollte, und sich nun nach Ersatz umsah, weil es beim ersten Mal nicht geklappt hatte.
Und gäbe es eine idealere Dame als sie? Wohlerzogen, aus guter Familie, geübt in der Gutsverwaltung und im Umgang mit Kindern, recht zugänglich und nett anzusehen – aber nicht so umwerfend, dass andere Männer Schlange standen –, war sie im Besitz aller Grundtugenden, die ein Mann bei einer Frau suchen würde. Außerdem stand bei einer Dame in fortgeschrittenem Alter zu erwarten, dass sie bei einem so vorteilhaften Antrag zugriff, vor allem, da er von einem attraktiven, wohlgeborenen Gentleman von hervorragendem Leumund kam.
Warum also war sie so enttäuscht?
Viele, vielleicht sogar die meisten Frauen ihres Standes würden sich mit Freuden auf eine Ehe einlassen, die auf Freundschaft und gegenseitiger Wertschätzung gründete, wenn sie dafür einen attraktiven Gatten, ein eigenes Heim und eventuell Kinder bekämen. Ganz zu schweigen von dem sinnlichen Feuer, das zwischen ihr und Allen Mansfell schwelte und ihr all die Freuden des Schlafzimmers verhieß, die ihr mit James nicht vergönnt gewesen waren.
Freuden, nach denen sie sich mit einer Heftigkeit sehnte, wie sie es sich niemals hätte vorstellen können. Nachdem sie diese Begierde einmal anerkannt hatte, wie sollte sie nur antworten, wenn er um ihre Hand anhielt?
Selbst wenn ihr Verdacht zutraf, war sie versucht, ihn zu akzeptieren. Aber wenn Allen Mansfell ihr nur deswegen einen Heiratsantrag machte, weil er sie bewunderte und schätzte, bot er ihr nichts – mit Ausnahme der Leidenschaft –, was sie nicht schon besaß. Der Witwensitz war vermutlich nicht so großartig wie sein Herrenhaus, aber er gehörte ihr. Sie hatte die Kinder ihrer Schwestern zwar nicht zur Welt gebracht, aber sie konnte sie lieben und verwöhnen.
Außerdem würde sie mit einem sehr attraktiven Mann eine Vernunftehe führen, die nur nach außen hin für beide Seiten vorteilhaft erschien. Sie hatte schließlich aus nächster Nähe beobachten können, wie bitter dieses Szenario bei ihrer Mutter geendet hatte.
Kurz gesagt, obwohl ihr Vater seine Frau wirklich gemocht hatte, war er ein schamloser Weiberheld gewesen. Meredyth war überzeugt, dass seine zügellosen Liebschaften, mehr noch als seine unverantwortliche Spielsucht, zum Verfall ihrer Mutter geführt hatten. Während sie in Wellingford blieb und ein Kind nach dem anderen zur Welt brachte, musste sie zusehen, wie ihr Mann sich nach London, Newcastle oder Oxford
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