MyLady Weihnachtsband 2009 Band 18
hast du das überlebt?“
„Hauptsächlich dadurch, dass ich mich im Dienstbotentrakt versteckt habe. Nach dem ersten Abend, an dem ich noch gedacht habe …“ Sie hielt inne und wurde rot.
Als die Kutschen mit den prächtig gekleideten Menschen vorgefahren waren, hatte sie angenommen, ihr Ehemann erwarte von ihr, als Gastgeberin zu fungieren. Obwohl sie nicht wusste, was in dieser Rolle von ihr erwartet wurde, hatte sie ihr Bestes versucht. Sie hatte ein – wie sie angesichts der Tatsache, dass sie auf Carletons Gäste nicht vorbereitet war, hoffte – angemessenes Dinner auf den Tisch gebracht. Doch als sie später das Speisezimmer in ihrem schönsten Kleid betrat, hatte sie entdecken müssen, dass auf Carletons Schoß eine spärlich bekleidete Frau saß, während zwei andere Gentlemen um die Gunst einer anderen wetteiferten. Als sie sie bemerkten, hatten sie einen lauten Jagdruf ausgestoßen und sich auf sie gestürzt.
Zum Glück war das Speisezimmer recht groß gewesen, der Fußboden auf Hochglanz poliert und ihre Verfolger alles andere als nüchtern.
„Tagsüber habe ich mich in der Küche versteckt“, sagte sie und verbannte diese beängstigende, unerfreuliche Episode aus ihrem Kopf. „Und am Abend habe ich Zuflucht in den Räumen deiner Haushälterin gesucht. Du erinnerst dich an Mrs. Took?“
Carleton schnappte scharf nach Luft. Wenn von dem Hauspersonal aus jener Zeit noch jemand in Diensten stand, würde dieser ihre Geschichte bestätigen oder dementieren können. Als er nach London zurückkehrte, war Helena in der Jagdhütte zurückgeblieben, allein, bis auf das Personal. Auch nach Harrys Geburt war sie dort geblieben. Bis zu dem Tag, da die Nachricht von seinem vermeintlichen Tod England erreicht und Peregrine sie hierher geschickt hatte. Seine Dienstboten kannten ihren Charakter sicher in- und auswendig. Und doch wirkte sie vollkommen gelassen bei der Aussicht, er könnte Nachforschungen über sie anstellen. Wie eine Frau, die nichts zu befürchten hatte.
Eine unschuldige Frau.
„Der Grund, warum ich dachte, die Ausschweifungen an diesem Wochenende hätten dich auf den Geschmack gebracht“, sagte er und ließ den Kopf hängen, während er immer wieder mit den Daumen über ihre Handrücken strich, „war der, dass ich Malgrove eines Morgens aus deinem Schlafzimmer habe kommen sehen, und zwar ziemlich … unbekleidet.“
Carleton war zu ihrem Zimmer gegangen, um ihr zu sagen, dass er die Nase voll hatte von seinen Gästen. Dass es ihm leid tat, Menschen ins Haus geholt zu haben, die ihr Angst einjagten. Und um sich dafür zu entschuldigen, dass er sich nicht so verhalten hatte, wie man es von einem Gentleman erwarten konnte, und ihr zu versichern, dass er die Leute noch am selben Tag nach Hause schicken würde.
Er hatte überlegt, ob er sie vielleicht seiner Mutter vorstellen sollte, die seiner jungen Braut sicher beibringen konnte, wie man sich verhielt, wie es ihrer neuen Stellung angemessen war. Oder ihr wenigstens half, sich so zu kleiden, dass sie entsprechend aussah.
„Aus dem Zimmer drang das Lachen einer Frau …“
„Du hast natürlich angenommen, das wäre ich.“ Sie nickte.
O ja, das hatte er. Er hatte sich vorgestellt, wie Malgrove, dieser Lustmolch ihr die Unschuld raubte, die von Rechts wegen eigentlich ihm gehörte.
Keine Strafe war groß genug für so einen Betrug, und er hatte geschworen, ihr nie zu verzeihen!
Und so war er weggegangen, damit er in seinem eifersüchtigen Zorn nicht in ihr Zimmer stürmte und sie auf ihrem Bett erwürgte!
„Bist du nicht wütend?“ Er sah auf und suchte in ihrem Gesicht nach Anzeichen dafür, dass sie ihm grollte.
Sie schüttelte den Kopf. „Nein, natürlich nicht. Was du mir gerade erzählt hast, erklärt doch alles.“ „Aber es entschuldigt nichts. Ich habe mich abscheulich benommen. Nichts als Kummer habe ich dir bereitet …“
Sie entzog ihm eine Hand und legte sie auf seine Lippen, um ihn zum Schweigen zu bringen. „Du hast mir Harry gegeben“, widersprach sie. „Von dem Augenblick an, wo ich ihn in den Armen hielt, war mein Leben wie verwandelt. Ich finde es so schön, Mutter zu sein.“ Sie lächelte. „Zu wissen, dass ich endlich zu jemandem gehöre, auf eine ganz besondere Art …“
Sie sah ihn an. In ihrem Blick lag Kummer. „Von dem Tag an, an dem meine Eltern gestorben sind, wollte mich niemand haben. Meine Tante und mein Onkel haben dafür gesorgt, dass ich nicht vergesse, dass ich bei ihnen nur geduldet
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