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Myrddin

Myrddin

Titel: Myrddin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Saunders
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Reise sprechen sollten.“
    „O Merlin, ich bitte dich, uns deine Verwandlungskunst preiszugeben. Glaube mir, wie unangenehm diese Bitte für mich ist.“
    „Es gibt keine Verwandlung, Melchor. Es gibt auch keinen Zauber, denn ihr konntet euch sehen, wie ihr wart. Nur die Menschen haben euch nicht erkannt. Ihr habt euch nur über die Menschen zu wundern. Den wahren Zauber trägst du in dir, mein Freund … du und deine Familie. Ihr tragt das Wundervollste in euch, denn ihr seid nicht zu beeinflussen. Eure Wahrnehmung spielt euch nicht den Streich, den ich den Menschen spielen konnte. Das Vertrauen auf euer Selbstbewußtsein ist der Schlüssel zum Geheimnis eurer Schönheit, Melchor. Ich will euch erklären, wie es mit den Menschen funktioniert, aber ich bezweifle, daß ihr es verstehen könnt, weil eure Art eine ganz andere ist.
    Die Menschen sind zu betrügen – ihr seid es nicht. Laßt es mich erklären“, sagte Merlin und die Wölfe hörten ihm zu. „Ich spiegle den Menschen die Wirklichkeit, die sie sich vorstellen können, nur vor. Sie sehen etwas, das sie verstehen können, doch nicht das, was die tatsächliche Wirklichkeit ist.“
    Die Wölfe fanden keinen Zugang zu seiner Erklärung und hofften darauf, eine nachvollziehbare Handlung zu erfahren, eine Technik, die auch sie anwenden könnten, falls es schon kein Zauber wäre.
    „Ich lasse die Menschen einen Tagtraum träumen, gebe ihnen Bilder, beeinflusse sie gegen ihren Willen auf einer gefühlsmäßigen Ebene. Das ist die ganze Kunst.“ Merlin wußte nicht, wie er die Suggestivkräfte, die er besaß, den Grauwölfen erklären sollte. „Ich kann ihre Gedanken wahrnehmen, wenn ich von ihnen auch nicht alles verstehe – manche Worte sogar nicht einmal kenne. Trotzdem erzeuge ich nur Bilder, die in ihren Gedanken vorhanden sind. Laßt mich euch ein Beispiel geben: Menschen können sich nicht vorstellen, daß ein alter Mann mit Tieren sprechen kann. Und noch weniger können sie sich vorstellen, daß er mit einer Rotte Wölfe, einem Hirsch und einem Boot auf Reisen ist. Die Norweger kennen die Bräuche Nordeuropas. Da gibt es Rentiere, die sie vor Schlitten spannen, und mit diesen Gespannen veranstalten sie sogar Rennen. Also gebe ich ihnen den Eindruck von Rentieren vor einem Schlitten, und es fällt ihnen nicht schwer, das zu glauben. Sie gestehen sich nicht gerne Trugbilder ein, zumal, wenn sie – wie diese Männer – zu zweit sind. Jeder befürchtet dann, sich vor dem anderen lächerlich zu machen. Menschen sind eher bereit, sich gegenseitig zu belügen, als die Wirklichkeit anzuerkennen, falls sie unwahrscheinlich erscheint. So einfach ist das“, erklärte er den Wölfen, die enttäuscht um ihn herumlagen und auf einen Zauber gehofft hatten, den sie selbst über sich oder über die Menschen ausüben konnten.
    Menschen seien komische Wesen, die nicht einmal sich selbst vertrauen würden, meinte Melchor. Wahrscheinlich hätten sie deshalb ihre panische, doch unbegründete Angst vor den Wölfen, da sie die Wölfe nicht beeinflussen konnten. Es wäre schwer, ihnen einen verwunschenen Wald mit Tieren vorzugaukeln, den es nicht gäbe. Wahrscheinlich schämten sich die Menschen ihrer Schwächen.
    „Damit habt ihr sicherlich recht. Der Mensch ist bereit, sich einfach Erklärungen zu geben, wenn ihn die komplizierte Wirklichkeit lächerlich erscheinen lassen würde. Mit der Wirklichkeit können die Menschen nicht leben und so formen sie aus ihr die Wahrheit, die sie dann der Wirklichkeit überordnen. Doch tatsächlich ist die Wahrheit nichts anderes als der Spiegel ihrer Wirklichkeit, den sie in den Farben der eigenen Wahrnehmung ausmalen. Die Wahrheit ist das einfache Bild ihrer geistigen Verfassung und intelligenten Leistungsfähigkeit und damit doch sehr fragwürdig, findet ihr nicht? Doch es gibt nur die Wirklichkeit. Und weil sich die Menschen mit ihren unterschiedlichen Wahrheiten gegenseitig guten Gewissens belügen, sehen sie in euch Rentiere, ohne großes Dazutun von mir“, lachte Merlin.
    „Dann gibt es gar keinen richtigen Zauber, o Merlin?“ fragte Carus.
    „Jedenfalls nicht in dieser Beziehung, Carus. Zauber hat etwas mit Kraft zu tun, mit unbeschreiblichen Energien, die um uns herum sind und die wir uns verfügbar machen können, als würden wir in Unsichtbares greifen …“
    „Und das kannst du, o Merlin?“ fragte die neugierige Akita, die sich nun das Recht einer Frage herausnehmen durfte.
    „Manchmal schon, o Akita … manchmal

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