Myriams letzte Chance
los!â
Sie starteten Seite an Seite, aber nach wenigen Metern lag Camilla in Führung. Mit donnernden Hufen galoppierte die Westernstute über die Wiese und lieà Tom auf dem schwerfälligen Harlekin weit hinter sich.
âSchadeâ, meinte Myriam, als Tom fast eine Minute nach ihr an der Brücke im Tal ankam. âAber ich hätte dir vorher sagen können, dass du gegen mich nicht ankommst.â
âAch Myriamâ, meinte er nur. Dieses unverschämte Grinsen!
âWas soll das denn heiÃen: âAch Myriamâ?â fragte sie gereizt.
Das Grinsen wurde noch breiter. âDas soll heiÃen: Da wär ich mir an deiner Stelle nicht so sicher.â
Auf dem Rückweg brachte Tom das Gespräch wieder auf Charlie.
âWenn Merle ihn nicht hat, wer hat ihn dann gestohlen?â, fragte er. âEs muss jemand sein, der sowohl April als auch die Sunshine Ranch kennt. Und da kommen eigentlich nicht so viele infrage. April ist doch erst seit kurzer Zeit in Deutschland.â
âDas stimmt.â
âVielleicht war es eine von euch?â
âEins der Pferdemädchen? Ganz bestimmt nicht! Für meine Freundinnen leg ich die Hand ins Feuer. Wir kennen uns schon seit Jahren.â
âUnd dieser Viktor? Oder Hannes?â
âDie sind auch sauber. Viktor ist mit Sina zusammen. Und Hannes mit Hannah. AuÃerdem ist er der Sohn von Stefan, unserem Verwalter.â
âVielleicht steckt Sue selbst dahinter?â, überlegte Tom.
âSpinnst du? Warum sollte sie so etwas tun?â
âVielleicht braucht sie Geld.â
âIch glaube, sie ist ganz gut versorgt. Wegen läppischen zwanzigtausend Euro würde sie so etwas bestimmt nicht riskieren.â Bevor sie die Sunshine Ranch übernommen und umgebaut hatte, war Sue eine berühmte Hollywoodschauspielerin gewesen und hatte ein Menge Geld verdient.
âAlso gut. Merle und die Emos waren es nicht. Ihr wart es nicht. Sue ist unschuldig. Ella und ich waren es auch nicht. Wer bleibt dann noch?â
Myriam schwieg.
âOder glaubst du etwa, dass wir beide was mit der Entführung zu tun haben?â, fuhr Tom fort.
âUnsinn.â Sie klang nicht sehr überzeugend.
âSchau mich an, Myriam!â
Sie hob den Kopf und wurde prompt knallrot.
âDu glaubst, ich hab Charlie entführt?â, fragte Tom ungläubig.
âHab ich gar nicht gesagt!â, erwiderte sie empört.
âAlso hast du Ella im Verdacht. Aber warum?â
âDenk mal nach!â
Er schwieg einen Moment lang.
âOkay. Ich hab nachgedacht, aber ich komm auf kein Ergebnis.â
âIch hab euch gesehen, dich und April. Sonntagmorgen, in der Scheune.â
âDu hast â¦â Nun wurde zur Abwechslung Tom rot. âDas ⦠also ⦠ich ⦠äh â¦â
âSchon gutâ, sagte Myriam. âGeht mich ja nichts an. Aber ich glaube, dass Ella euch ebenfalls beobachtet hat. Sie hat gesehen, wie du mit April rumgeknutscht hast.â
âUnd zur Rache hat sie Charlie gestohlen?â
âGenau. Wo ist denn dieses Gestüt von ihren Eltern?â
âIn Angermund. Nicht weit von hier.â
âDas passt doch perfekt! Sie hat Charlie in der Nacht in irgendeinem Schuppen versteckt. Und am nächsten Morgen hat sie ihn unter einer Ausrede zu ihren Eltern gebracht. Wann hast du eigentlich mit ihr Schluss gemacht?â
âIch? Gar nicht. Sie hat mit mir Schluss gemacht.â
âWaaas? Und warum?â
âDas ist es ja gerade. Sie hat es nicht erklärt. In letzter Zeit lief es nicht so gut zwischen uns, das hab ich natürlich auch bemerkt. Aber ihre Entscheidung kam so plötzlich.â
âWundert mich nicht. Ich finde, das ist der beste Beweis dafür, dass sie dich und April gesehen hat.â
âHm.â
âHm. Ist das alles, was dir dazu einfällt?â, fragte Myriam.
Er runzelte die Stirn. âWas soll ich denn sonst sagen? Ich fühl mich total bescheuert. Das mit April war â¦â
âLass esâ, unterbrach ihn Myriam. âIch will es gar nicht hören.â
âEs würde zu Ella passenâ, sagte Tom nachdenklich. âIch meine, dass sie Charlie entführt hat. Wenn sie wütend ist, dreht sie manchmal richtig durch. Sie wirkt so vernünftig. Aber in Wirklichkeit kann sie aufbrausend und verrückt sein.â
âMensch, das wär ja wunderbar, wenn
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