Myron Bolitar 03 - Der Insider
war mein erstes Mal. Die kleine Schlampe hat mich reingelegt.«
»Wie?«
»Wie meinst du das, wie?«, entgegnete sie. »Soll ich dir die Einzelheiten erzählen - wie viele Drinks ich hatte, wie einsam ich mich gefühlt habe, wie sie mir die Hand aufs Bein gelegt hat?«
»Lieber nicht.«
»Dann geb ich dir die Kurzfassung: Sie hat mich verführt. Wir haben vorher ein paar Mal unschuldig geflirtet. Sie hat mich auf ein paar Drinks ins Glenpointe eingeladen. Für mich war es so eine Art Mutprobe - ich habe mich gleichzeitig angezogen und abgestoßen gefühlt, war mir aber die ganze Zeit darüber im Klaren, dass ich's nicht durchziehen würde. Aber dann hat eins zum anderen geführt. Wir sind nach oben gegangen. Ende der Kurzfassung.«
»Du meinst, dass Klopfer wusste, dass ihr gefilmt werdet?«
»Ja.«
»Woher weißt du das? Hat sie was gesagt?«
»Sie hat nichts gesagt. Aber ich weiß es.«
»Woher?«
»Myron, bitte stell nicht so viele blöde Fragen. Ich weiß es halt, okay? Wieso hätte sonst jemand eine Kamera in dem Zimmer installieren sollen? Sie hat mich reingelegt.«
Das klang logisch, dachte Myron. »Aber wieso hätte sie das tun sollen?«
Er sah die Wut in ihrem Gesicht. »Herrgott, Myron, sie ist die Teamnutte. Hat sie mit dir noch nicht gevögelt? Nein, lass mich raten. Du hast abgelehnt, stimmt's?«
Emily stürmte ins Wohnzimmer und warf sich auf ein Sofa. »Bring mir das Aspirin«, sagte sie. »Es ist im Bad. Im Arzneischrank. «
Myron nahm zwei Tabletten heraus und füllte Wasser in eine Tasse. Als er zurückkam, sagte er: »Eins muss ich dich noch fragen.«
Sie seufzte. »Was?«
»Ich habe gehört, dass du Anschuldigungen gegen Greg erhoben hast«, sagte er.
»Meine Anwältin hat Anschuldigungen erhoben.«
»Treffen die zu?«
Sie legte die Tabletten auf die Zunge, trank etwas Wasser, schluckte. »Zum Teil.«
»Was ist mit denen über Kindesmissbrauch?«
»Ich bin müde, Myron. Können wir später weiterreden?«
»Treffen die zu?«
Emily sah Myron in die Augen, und eine kalte Windbö er-fasste sein Herz. »Greg wollte mir meine Kinder wegnehmen«, sagte sie langsam. »Er hatte Geld, Macht und Prestige auf seiner Seite. Wir mussten irgendwie dagegenhalten.«
Myron unterbrach den Blickkontakt. Er ging zur Tür. »Vernichte den Mantel nicht.«
»Du hast kein Recht, mich zu verurteilen.«
»Im Moment«, sagte er, »will ich nicht in deiner Nähe sein.«
33
Audrey lehnte an seinem Wagen. »Esperanza hat mir gesagt, dass du hier bist.«
Myron nickte.
»Herrgott, du siehst grauenhaft aus«, sagte sie. »Was war denn los?«
»Lange Geschichte.«
»Und eine, die du mir bald bis in alle faszinierenden Einzelheiten schildern wirst«, ergänzte Audrey. »Aber ich fang an. Fiona White war 1992 wirklich eine Miss September - oder, um es in den Worten dieses Blättchens wiederzugeben, das Babe-A'Rama dieses Monats.«
»Das ist doch wohl ein Witz.«
»Nein. Fiona steht unter anderem auf Strandspaziergänge im Mondschein und kuschelige Nächte vor dem Kamin.«
Er musste wider Willen lächeln. »Na, das ist ja mal originell.«
»Sie mag keine oberflächlichen Männer, die sich nur für gutes Aussehen interessieren, und Männer mit haarigen Rücken.«
»Standen ihre Lieblingsfilme drin?«
»Schindlers Liste«, sagte Audrey. »Und Auf dem Highway ist die Hölle los, Teil II.«
Er lachte. »Das hast du dir jetzt aber ausgedacht.«
»Stimmt. Alles mit Ausnahme des Babe-A-Ramas vom September 1992.«
Myron schüttelte den Kopf. »Greg Downing und die Frau seines besten Freundes«, seufzte er. Irgendwie beruhigte ihn diese Nachricht. Sein zehn Jahre altes unbedachtes Schäferstündchen mit Emily kam ihm nicht mehr ganz so schlimm vor. Er wusste, dass dieses Argument etwas abgeschmackt war, aber ein Mann sucht Trost, wo er ihn finden kann.
Audrey deutete auf das Haus. »Also, was ist mit deiner Ex?«
»Lange Geschichte.«
»Hast du schon mal gesagt. Ich hab Zeit.«
»Ich nicht.«
Sie hielt die Hand hoch wie ein Verkehrspolizist. »Das ist unfair, Myron. Ich war ein braves Mädchen. Ich habe Sachen für dich erledigt und meine große Klappe gehalten. Abgesehen davon, dass ich absolut nichts von dir zum Geburtstag gekriegt habe. Ich will jetzt nicht wieder mit der Drohung ankommen müssen, das Ganze sofort an die Öffentlichkeit zu bringen.«
Sie hatte recht. Myron fasste die neuen Entwicklungen kurz zusammen, ließ dabei aber zwei Dinge aus: das Klopfer-Video (das ging nun wirklich
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