Myron Bolitar 03 - Der Insider
eindringlich zurück. Dann nickte er kurz, wandte sich wieder an Myron und schüttelte den Kopf.
»Das hätte ich mir auch denken können.«
»Was?« (
»Es war Sally.« '
»Wer?«
»Ich glaube wenigstens, dass es Sally war. Meine Frau hat sie um diese Zeit am Telefon gesehen. Sie meint aber, dass Sally nur ein oder zwei Minuten am Apparat war.«
»Hat diese Sally auch einen Nachnamen?«
»Guerro.«
»Ist sie hier?«
Hector schüttelte mit dem Kopf. »Sie ist seit letztem Samstag nicht mehr hier gewesen. Darum hab ich gesagt, ich hätte es mir auch denken können. Erst hat sie Mist gebaut und sich dann nicht mehr blicken lassen.«
»Hat sie sich krank gemeldet?«
»Nein, Sir. Sie ist einfach verschwunden.«
»Haben Sie ihre Adresse?«, fragte Myron.
»Ich glaub schon. Moment.« Er zog einen großen Karton mit der Aufschrift »Snapple Peach Iced Tea« hervor. Hinter ihm zischte das Gusseisen, als frischer Pfannkuchenteig auf das heiße Metall floss. Die Ordner im Karton waren sauber und nach Farben sortiert. Hector zog einen heraus und öffnete ihn. Et blätterte die einzelnen Seiten durch, bis er die gesuchte gefunden hatte. Dann runzelte er die Stirn.
»Was ist?«, drängte Myron.
»Sally hat keine Adresse angegeben«, sagte Hector.
»Was ist mit einer Telefonnummer?«
»Nein.« Er sah auf und überlegte kurz. »Sie hat gesagt, sie hat kein Telefon. Darum hat sie auch so oft den Apparat in der Küche benutzt.«
»Können Sie mir sagen, wie Mrs Guerro aussieht?«, erkundigte sich Myron.
Hector wirkte plötzlich verunsichert. Er warf seiner Frau einen Blick zu und räusperte sich. »Ah, sie hatte braune Haare«, begann er. »Muss ungefähr ein Meter fünfundsechzig groß gewesen sein. So ziemlich durchschnittliche Größe, würde ich sagen.«
»Sonst noch was?«
»Braune Augen, glaube ich.« Er stockte. »Das war's.«
»Wie alt war sie Ihrer Schätzung nach?«
Hector sah wieder in seine Mappe. »Hier steht, dass sie fünfundvierzig war. Das kommt auch ungefähr hin.«
»Wie lang hat sie hier gearbeitet?«, fragte er.
»Zwei Monate.«
Myron nickte und kratzte sich heftig das Kinn. »Das klingt nach einer Betrügerin, die häufig unter dem Namen Carla auftritt.«
»Carla?«
»Eine berüchtigte Telefontrickbetrügerin«, fuhr Myron fort. »Wir sind schon eine ganze Weile hinter ihr her.« Er blickte erst nach links, dann nach rechts. Dann setzte er eine verschwörerische Miene auf. »Haben Sie je gehört, dass sie den Namen Carla benutzt hat oder dass sie jemand als Carla angesprochen hat?«
Hector sah seine Frau an. Die schüttelte den Kopf. »Nein, nie.«
»Hatte sie irgendwelche Besucher? Freunde?«
Wieder sah Hector seine Frau an. Wieder Kopfschütteln. »Nein, wir haben niemand gesehen. Sie war meist allein.«
Myron entschied sich, die Sache etwas voranzutreiben und zu bestätigen, was er bereits wusste. Wenn Hector in diesem Stadium zurückschreckte, war das auch nicht schlimm. Wer nicht wagt, der nicht gewinnt. Er beugte sich vor; Hector und seine Frau folgten seinem Beispiel. »Die Frage ist jetzt vielleicht etwas unsensibel«, flüsterte Myron, »aber hatte diese Frau große Brüste?«
Beide nickten prompt. »Sehr große«, sagte Hector.
Bingo.
Er fragte noch ein wenig weiter, aber hier war alles abgefischt, was ihm weiter geholfen hätte. Bevor er ging, versicherte er ihnen, dass die Sache für ihn erledigt sei, und sie weiterhin Vertragsabschnitt 124B verletzen könnten, ohne etwas befürchten zu müssen. Hector hätte ihm beinah die Hand geküsst. Myron fühlte sich mies. Und was hast du heute so gemacht, Batman? - Naja, Robin, erst habe ich einen hart arbeitenden Immigranten mit einem Haufen Lügen terrorisiert und ihm das Leben zur Hölle gemacht. - Heiliger Strohsack, Batman, du bist einfach der Größte! Myron schüttelte den Kopf. Wie könnte er das noch steigern? Den Hund auf der Feuerleiter mit leeren Bierflaschen bewerfen?
Myron verließ das Parkview Diner. Er überlegte, in den Park auf der anderen Straßenseite zu gehen, aber was, wenn er der Versuchung nicht widerstehen konnte, die Ratten zu füttern? Nein, das konnte er nicht riskieren. Er musste sich davon fernhalten. Er ging in Richtung der U-Bahnstation auf der Dyck-man Street, als er eine Stimme hörte.
»Sie suchen Sally?«
Myron drehte sich herum. Es war der Mann mit den Thom-McAn-Turnschuhen, der wie ein Obdachloser aussah, aus dem Restaurant. Er saß mit dem
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