Myron Bolitar 03 - Der Insider
beim gleichen Training gewesen? Natürlich waren sie das. Und natürlich hatte TC recht. Myron brauchte nur an die alten Tage zu denken, als er der Superstar der Mannschaft war. Auch da hatten sich die Ersatzspieler den Arsch aufgerissen, während die erste Mannschaft herumdaddelte und ohne jeden Ehrgeiz spielte. Und auch da waren die Ersatzspieler des-illusioniert gewesen und hatten sich gleichzeitig eingeredet, dass sie genauso gut wie die in der ersten Mannschaft waren, während die noch von den Punktspielen erschöpft waren und sich einfach schonten. Und das war noch auf der Universität gewesen. Er hatte vielleicht fünfundzwanzig Spiele pro Saison gemacht - diese Jungs spielten an die hundert gegen sehr viel bessere Gegner als er damals.
Er sollte gut genug sein, um mit diesen Jungs zu spielen? Wem wollte er etwas vormachen?
»Ich probier's halt einfach mal«, sagte Myron leise.
»Kannst nicht loslassen, was?«
Myron sagte nichts. Wieder schwiegen sie.
»Hey, das hätt ich beinahe vergessen«, sagte TC. »Du sollst mit einer großen Nummer bei Lock-Horne Securities befreundet sein. Stimmt das?«
»Ja.«
»War das diese blasse halbe Portion, mit der du nach dem Spiel gesprochen hast?«
Myron nickte. »Er heißt Win.«
»Weißt du, dass Klopfer an der Wall Street arbeitet?«
»Hat sie mir erzählt«, sagte Myron.
»Sie will sich jobtechnisch verbessern. Denkst du, dein Freund würd mit ihr reden?«
Myron zuckte die Achseln. »Ich kann ihn ja mal fragen.« Win würde ihre Einstellung zur Sexualität in antiken Zivilisationen vermutlich zu schätzen wissen. »Für wen arbeitet sie jetzt?«
»Kimmel Brothers. Ist 'ne ziemlich kleine Firma. Aber langsam muss sie da mal 'n bisschen vorankommen, weißt du? Die wollen sie nicht an dem Laden beteiligen, obwohl sie sich da den Arsch aufreißt.«
TC erzählte noch meht, aber Myron hörte nicht mehr zu. Kimmel Brothers. Myron wusste sofort, woher er den Namen kannte. Bei der Durchsuchung von Gregs Wohnung hatte er die Rückruftaste gedrückt, worauf sich eine Frauenstimme mit den Worten »Kimmel Brothers« gemeldet hatte. Aber Klopfer hatte Myron gerade erzählt, dass sie seit ein oder zwei Monaten nicht mehr mit Greg gesprochen hatte.
Zufall? Das konnte er sich kaum vorstellen.
16
Klopfer war weg.
»Sie war deinetwegen gekommen«, sagte TC. »Als nichts lief, ist sie wieder gegangen. Sie muss morgen früh arbeiten.«
Myron sah auf die Uhr. Halb zwölf. Der Tag war lang gewesen. Wurde Zeit, ein bisschen an der Matratze zu horchen. Er verabschiedete sich von den anderen und ging zum Wagen. Audrey saß mit verschränkten Armen und übergeschlagenen Beinen auf der Motorhaube. Extrem lässig.
»Fährst du zu Jessica?«, fragte sie.
»Ja.«
»Nimmst du mich ein Stück mit?«
»Steig ein.«
Audrey lächelte ihn so an wie vorhin beim Training. Da hatte er noch gedacht, sie wäre von seinem Spiel beeindruckt gewesen, aber allmählich wurde ihm klar, dass sie sich über ihn lustig machte. Schweigend schloss er die Türen auf. Sie zog den blauen Blazer aus und legte ihn auf den Rücksitz; er machte es genauso mit seinem Jackett. Bei ihr kam ein dunkelgrüner Rollkragenpullover zum Vorschein. Sie rückte den Kragen zurecht und krempelte ihn noch einmal um. Dann nahm sie die Perlenkette ab und stopfte sie in die vordere Jeanstasche. Myron ließ den Wagen an.
»Langsam fange ich an zu begreifen«, sagte Audrey.
Myron gefiel nicht, wie sie das sagte. Sie klang zu bestimmt. Er wusste auch, dass sie keine Mitfahrgelegenheit gebraucht hätte. Sie wollte mit ihm allein sprechen. Das verunsicherte ihn. Er lächelte ihr wohlwollend zu und sagte: »Das hat jetzt aber nichts mit meinem Hintern zu tun, oder?«
»Was?«
»Jessica hat gesagt, dass ihr über meinen Hintern gesprochen habt.«
Sie lachte. »Ich geb's nur ungern zu, aber er war tatsächlich ganz knusprig.«
Myron versuchte, nicht allzu geschmeichelt auszusehen. »Dann schreibst du einen Artikel darüber?«
»Über deinen Hintern?«
»Ja.«
»Klar«, sagte sie. »Ich dachte, wit können eine Doppelseite draus machen.«
Myron stöhnte.
»Du versuchst, mich vom Thema abzubringen«, sagte sie.
»Hatten wir ein Thema?«
»Ich habe gesagt, dass ich langsam anfange zu begreifen.«
»Das soll ein Thema sein?«
Er sah sie an. Sie hatte das linke Knie angewinkelt und saß auf ihrem linken Fuß, so dass sie ihm den ganzen Körper zuwandte. Audrey hatte ein breites Gesicht und immer noch ein paar
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