MYSTERIA - Das Tor des Feuers (German Edition)
vor? Sâga lässt sich nichts befehlen - von niemandem! Und wer ihren Unwillen erregt, zahlt leicht mit seinem Leben dafür.«
»Wie du das anstellst, ist ganz alleine deine Sache«, erwiderte Rhogarr. »Ich habe dir die Führung meiner Streitkräfte überlassen und erwarte deshalb auch, dass du meine Befehle ausführst. Verstanden?«
»Jawohl, Herr«, versicherte der Herzog rasch und verneigte sich. »Natürlich.«
Die Mundwinkel des Herrschers zuckten höhnisch. »Und noch eins, Dhrago: Wir dürfen nicht das geringste Risiko eingehen. Setze sofort meine Leibgarde und die Vharuuls in Bewegung. Sie sollen die Suche nach dem Schwert verstärken und gleichzeitig jede Person festnehmen, hinter der sich dieser ›Erlöser‹...«, er schien das Wort geradezu auszuspucken, »… verbergen könnte. Ganz egal, um wen es sich handelt. Die Gefangenen sind unverzüglich hierher nach Helmenkroon zu bringen, damit wir sie unter der Folter befragen können, verstanden? Vielleicht weiß dieses Alwenpack ja doch besser über Sinkkâlion Bescheid, als sie bislang zugegeben haben.«
»Das ist eine hervorragende Idee, mein Gebieter!« Erneut machte der Herzog eine tiefe Verbeugung. Als er sein Gesicht wieder hob, zuckte ein seltenes Lächeln um seine Mundwinkel. »Die mich zudem auf einen weiteren Gedanken bringt.«
Rhogarrs Stirn bewölkte sich. »Nämlich?«
»In unseren Verliesen finden sich Alwen zuhauf. Vielleicht sollten wir auch die einer Befragung unterziehen? Einer ganz strengen, natürlich«, setzte er hinzu.
Für einen Moment musterte der Herrscher Dhrago mit undurchdringlicher Miene. Dann fing auch er an zu lächeln. »Sieh mal einer an! Manchmal bist du ja doch zu etwas zu gebrauchen.« Schlagartig wurde er wieder ernst. »Und auf eines gebe ich dir mein Wort, Dhrago …« Wieder stach Rhogarrs Zeigefinger zu. »Selbst wenn die Legende stimmen sollte - dieser Bastard wird mir nicht entkommen. Ich werde ihn finden und töten, und zwar noch ehe er Gelegenheit haben wird, das Tor des Feuers auch nur zu suchen!«
Rhogarr von Khelm wirbelte auf dem Absatz herum und wischte den Weinkrug mit einer einzigen Handbewegung vom Tisch. Der irdene Behälter schlug auf die Steinfliesen, wo er laut klirrend in zahllose Scherben zersprang. Der rote Wein verteilte sich und bildete eine Pfütze auf dem Boden. Und als sich die Strahlen des Großen Taglichts darin fingen, hatte es für einen Moment den Anschein, als wäre es eine große Lache aus Blut.
N iko war ziemlich angefressen. Was für eine gottverlassene Gegend!, dachte er grimmig, während er mit düsterer Miene durch das Seitenfenster von Riekes altersschwachem Golf hinaus in den Regen starrte, der den Blick auf die hügelige Landschaft verschleierte. Sie waren natürlich nicht um sechs Uhr in Falkenstedt losgefahren, sondern erst kurz nach acht. Weil Niko nicht nur verschlafen, sondern auch den Rat der Mutter vergessen hatte, und so musste er seine Sachen nach dem Frühstück erst noch rasch zusammenpacken. Als Rieke dann endlich losgefahren war, hatte es angefangen zu regnen - ein richtiger Landregen, der seitdem nicht wieder aufgehört hatte. Dabei waren sie schon mehr als zwei Stunden unterwegs und mussten ihr Ziel bald erreichen.
Wie aufs Stichwort wischte da das gelbe Ortsschild von Oberrödenbach am rechten Straßenrand vorbei. Rieke ging vom Gas und gleich darauf passierten sie die ersten Häuser des Dörfchens. Eher aus Langeweile als aus Interesse drückte Niko seine Nase an die Scheibe, um bessere Sicht zu haben. Die Mühe hätte er sich allerdings sparen können. Oberöderkaff sah noch genauso trostlos aus, wie er es in Erinnerung hatte. Seit dem vergangenen Frühjahr, als er zur Beerdigung seiner Oma Frida zum letzten Mal hierhergekommen war, schien sich nicht das Geringste verändert zu haben. Nur die Löcher im Kopfsteinpflaster der Hauptstraße waren noch um einiges größer geworden - und waren jetzt entsprechend tief mit Regenwasser gefüllt. Obwohl Rieke sich alle Mühe gab, ihnen auszuweichen, ließ der Golf auf dem Weg durchs Dorf immer wieder riesige Wasserfontänen über die Bürgersteige spritzen, die allerdings kein großes Unheil anrichten konnten. Es war nämlich keine Menschenseele zu sehen. Weder auf der Straße noch in den Vorgärten. Auch nicht auf den Höfen der unscheinbaren Häuschen, die sich entlang der Straße wie verstörte graue Kaninchen unter dem Regen duckten.
Der
Weitere Kostenlose Bücher